Kölner Kreuzigung
schaute sie kurz an, Talbot nahm ihre große Umhängetasche und stand auf. »Schon gut, ich lasse Sie dann mal lieber Ihre Arbeit machen. Ich melde mich später noch einmal, Thomas.« Mit diesen Worten stakste sie davon, ohne Wagner noch einmal eines Blickes zu würdigen.
»Was gibt es so Wichtiges, das Sie mir zu sagen haben, Kommissarin Wagner?« Paula Wagner ignorierte den gereizten Unterton in der Frage des Staatsanwaltes. Das hier war schließlich sein Job, und Turteln mit Journalistinnen gehörte nicht zu seinem Aufgabengebiet.
»Ich habe noch einmal mit Direktor Malven vom Wallraf-Richartz-Museum gesprochen. Er hat zugegeben, Brock und Sandmann beauftragt zu haben, dieses Lochner-Bild zu suchen.«
»Ja und?« Der Staatsanwalt war aufgestanden und brachte das braune Plastiktablett mit seinem und Verena Talbots Kaffeebecher zur Geschirrrückgabe, Paula Wagner ging neben ihm her.
»Marius Sandmann hat uns die Wahrheit gesagt. Der Mord an Brock könnte tatsächlich etwas mit dem verschwundenen Gemälde zu tun haben.«
Stein stellte das Tablett auf einen Wagen, drehte sich zu Wagner um und schaute auf sie herab. »Mir scheint eher, dass dieser Detektiv uns glauben machen will, dass der Mord etwas mit dem Bild zu tun hat. Mal ganz ehrlich: Wenn es um Kunstschätze gehen würde, würde doch niemand so einen Aufwand betreiben und sein Opfer mitten in Köln an ein Kreuz nageln. Wenn überhaupt würden diese Leute Brock abknallen und es dabei belassen. Je weniger Aufsehen, desto besser.«
»Aber welches Motiv sollte Sandmann haben, seinen Chef zu ermorden?«
»Was weiß ich? Vielleicht haben die beiden das Bild wirklich gefunden und Sandmann wollte es verkaufen? Oder er hat Hintermänner?«
»Würde er dann einen Mord begehen, der quasi direkt auf die Spur des Bildes führt?«
»Wahrscheinlich nicht, aber würde jemand anderes das tun, der das Bild besitzt?« Mittlerweile standen sie vor den Fahrstühlen und nach wie vor hatte Paula Wagner den Eindruck, Staatsanwalt Stein verfolgen zu müssen. Sie hatte sich nach der Journalistin umgeschaut, sie jedoch nicht mehr gesehen.
»Vielleicht fühlt sich der Mörder sehr sicher.« Mit einem Pling öffnete sich eine der Fahrstuhltüren.
»Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Wir brauchen Beweise, Frau Kommissarin, keine Vermutungen. Das sollten sie eigentlich wissen.« Die metallene Schiebetür vor dem Fahrstuhl schloss sich vor einem abschätzig blickenden Staatsanwalt. Paula Wagner drückte den Fahrstuhlknopf erneut, die Tür öffnete sich wieder.
»Ich würde der Sache trotzdem gerne nachgehen.«
»Keine Alleingänge. Wir stehen in diesem Fall genug unter Druck, da sollten wir unsere Kräfte bündeln.«
»Das heißt?«
»Das heißt, wir haben einen Tatverdächtigen und wir sollten alles dransetzen, ihm die Tat auch nachweisen zu können.« Ein zweites Mal schloss sich die Aufzugtür vor Paula Wagner.
Der Tatverdächtige ahnte von alldem nichts. Er lag neben Friederike Brock in den Kissen und sah ihr dabei zu, wie sie sich wieder anzog. Friederike bemerkte seinen Blick, als sie sich das schwarze Kapuzenshirt überzog.
»Guck mich nicht so an.«
»Wie guck ich denn?«
»Verliebt.« Sie schnürte ihre schwarzen, mit roter Farbe verzierten Chucks und ging in die Küche. Marius stand nun ebenfalls auf, zog sich an. Kurz schaute er in die Küche hinein, Friederike beachtete ihn nicht. Sie saß mit einer Tasse kalten Tees am Küchentisch und blätterte nachlässig in ein paar Fotos, die vor ihr lagen. Marius erkannte einige ihrer Arbeiten auf den Fotos.
»Dann gehe ich mal.«
»Mach das.«
Marius drehte sich in der Küchentür um und ging hinaus. Friederike Brock hörte die Wohnungstür ins Schloss fallen. »Es tut mir leid«, brüllte sie ihm hinterher, nicht sicher, ob er sie gehört hatte.
In schlechte Gedanken vertieft ging Marius durch die nächtlichen, leeren Straßen von Ehrenfeld. Der Wind hatte inzwischen die meisten Blätter von den Bäumen geweht, der Regen hatte sie auf der Straße in goldbraune Schmiere verwandelt. Es war kalt, Marius zog die Jacke enger um sich und die Kapuze über den Kopf. Der Mann, der ihm unauffällig folgte, fiel ihm nicht auf. Ebenso dass der Mann später fast die ganze Nacht in einem Hauseingang gegenüber seiner Haustür stand und wartete.
Als Marius am nächsten Morgen nach seinem Training das Haus verließ, war der Mann allerdings verschwunden. Im Büro angekommen, machte sich der Detektiv eine Übersicht seiner
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