Kölner Kulissen
besseren Geschmack hatte«, sagt Piontek mit Blick auf die Leopardenbettdecke.
»Ich weiß nicht, was ihr habt.« Weyrauch kann nicht länger still sein. »Das sind Eins-a-Designerstücke. Das Bett, die Wäsche, der Schrank, alles. Ich kenn mich da aus.« Er macht einen Schritt in Richtung des weit geöffneten Spiegelschranks. Schuhe liegen davor. Ein paar Wäschestücke sind herausgefallen.
Hanna tritt neben ihn. »Da hat jemand drin gewühlt«, sagt sie und bückt sich.
»Lass bloß die Finger davon.« Piontek droht Hanna mit seinem Pinsel.
»Max, du musst mir meinen Job so wenig erklären wie ich dir deinen.« Sie wirft einen Blick auf die Wäschestücke am Boden und auf jene im Schrank. »Damenwäsche ist jedenfalls nicht dabei.«
»Anscheinend hat keine seiner Freundinnen sich hier länger als nötig aufgehalten«, sagt Piontek.
»Das passt zur Aussage von Frau Tihic.« Hanna klappt ihren Notizblock auf.
»Von wem?«, fragt Weyrauch.
»Von der Putzfrau, Jovanka Tihic. Max, sagst du mir bitte mal, wie man das schreibt?«
Piontek starrt sie an. »Woher soll ich das wissen?«
»Du hast doch ihre Personalien aufgenommen.«
»Wer behauptet das?«
Hanna spürt, wie sich ihr Magen zusammenzieht. Gleich wird Piontek sie fragen, ob er ihr vielleicht doch ihren Job erklären soll.
DREI
Paula geht von ihrem schimmligen Badezimmer zurück in die Küche, setzt Kaffee auf und tritt ans offene Fenster. Selbst hier, so nah der Zoobrücke und den Abgasen, riecht die Luft nach Sommer. Die Sonne wärmt bereits, aber auf den Blättern der Balkonpflanzen liegt noch Tau. Anselm hat die Kästen für Paula bepflanzt. Sie selbst hat keine Ahnung, was dort wuchert. Aber es gefällt ihr.
»Du brauchst was Hübsches um dich herum«, hat Anselm gesagt.
Für die Blumen ist sie ihm dankbar. Aber Anselms Art-déco-Möbel würde sie nicht geschenkt nehmen. Einmal hat er ihr vorgeschlagen, zusammenzuwohnen.
»Zu zweit ist es billiger, und wir sind beide allein.«
Paula weiß, dass er es nur ihr zuliebe vorgeschlagen hat. Als Universitätsprofessor muss er nicht an der Miete sparen. Die Wohnung, in der er seit Jahren lebt, hat er seinem Vermieter vor Kurzem abgekauft. Bei Anselm kann sie sogar sicher sein, dass er keine Hintergedanken hegt. Ein schwuler Freund ist Gold wert. Trotzdem hat sie sein Angebot abgelehnt. Sie braucht einen Ort für sich allein.
Sie schließt die Augen und genießt die Sonne auf ihrem Gesicht. Als sie die Augen wieder öffnet, begegnet ihr Blick dem Blick eines Mannes. Er steht auf einem Balkon auf der anderen Seite des Innenhofes, sieht aus wie Mitte fünfzig und starrt sie an. Über Khakishorts trägt er ein geripptes Unterhemd. Sie zieht den Gürtel ihres Morgenmantels fester zu. Der Mann winkt. Sie geht vom Balkon zurück in die Küche.
Soll sie Anselm ins Vertrauen ziehen? Nein, wenn sie ihm von der vergangenen Nacht erzählt, stürzt sie ihn in einen Gewissenskonflikt. Das hat er nicht verdient. Aber ihn zu sehen täte jetzt gut. Um diese Zeit ist Anselm meistens schon online. Sie gießt Kaffee in einen dicken Keramikbecher, geht ins Schlafzimmer und schaltet den Computer ein. Dabei bemüht sie sich, den Rucksack neben ihrer Tür nicht anzusehen. Der Computer fährt surrend hoch. Paula öffnet ihren E-Mail-Account. Im Posteingang sind zwei neue Nachrichten:
Richard Petri:mal wieder …Gestern, 23.12 Uhr
Julia Schwartz:stadt am flussGestern, 17.54 Uhr
Richards E-Mail löscht sie, ohne sie erst zu lesen. Was kann »mal wieder« schon bedeuten? Nur einen erneuten Versuch, bei einer Verabredung Erinnerungen aufzuwärmen, um sie ins Bett zu kriegen. Die drei Punkte hinter »mal wieder« sind eine Frechheit. Die Uhrzeit spricht dafür, dass Richard beim Schreiben seinen üblichen Alkoholpegel erreicht hatte. Zwei Flaschen Wein am Abend hält er für normal.
Und was mag Julia wollen? Sie kennen sich seit der Schauspielschule. Paulas schneller Erfolg hatte damals Julias Neid geweckt und ihre Freundschaft abkühlen lassen. Mittlerweile ist Julia durch Vorabendserien und Fernsehkrimis bekannter als Paula. Einen solchen Bekanntheitsgrad werden die Autorenfilme, in denen Paula mitspielen durfte, ihr nie bescheren. Julia spielt seit Jahren engagierte Krankenschwestern, verzweifelte Mütter oder gewitzte Polizistinnen. Und verdient dabei gut. Seitdem sind die beiden auch wieder besser befreundet. Paula trifft sich gern mit ihr, denn Julia ist einfach zu durchschauen, hört sich gern reden und
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