Kölner Kulissen
Bischof in Rom?«
»Ich gratuliere, Sie kennen sich aus.«
»Berufsbedingt.«
»Bei mir auch.«
»Ach, sind Sie auch in der Filmbranche?«
»Nein.« Er lässt dem Wort eine Pause und ein kaum wahrnehmbares Lächeln folgen. »Ich sehe mir nur sehr selten Filme an. Die meisten sind mir zu laut und zu unruhig. Den ›Paten‹ wollte mein Chef sich mit mir ansehen. Er hat sich köstlich amüsiert.«
Paula fragt sich, wann die Kellnerin und die Frau mit dem Jungen wieder zurückkommen. Und wann Anselm endlich auftaucht.
»Dann haben Sie sich also nicht ungebeten an meinen Tisch gesetzt, um über Filme zu plaudern«, sagt sie. »Was ist dann der Grund?«
»Ich wünschte, ich wäre zum Plaudern hier. Ob über Filme oder über ein anderes Thema.« Er schlürft an seinem Tee. »Aber zu plaudern liegt mir heute fern«, sagt er und greift in die Innentasche seines dunklen Sakkos.
Die Versteifung in Paulas Nacken breitet sich nach unten über ihren gesamten Rücken aus. Hätte sie Anselm doch einen ihrer üblichen Treffpunkte vorgeschlagen. Die Hand des Mannes kommt wieder zum Vorschein. Darin hält er ein kleines weißes Kärtchen.
»Ich möchte Ihnen nur meine Karte geben«, sagt er und schiebt das Kärtchen über den Tisch.
Paula wirft einen Blick darauf. »Da steht kein Name«, sagt sie. Lediglich eine E-Mail-Adresse ist mittig auf die kleine Karte gedruckt. Und aus dieser Adresse ist kein Name abzuleiten. Sie besteht aus einer zehnstelligen Zahlenkombination.
»Warum möchten Sie meinen Namen wissen?«, fragt der Mann. »Das ist unnötig. Schließlich muss ich Ihnen auch nicht die Namen unserer armen verstorbenen Freunde nennen. Und doch wissen Sie, von wem ich spreche. Glauben Sie mir, es ist besser, wenn Sie meinen Namen nicht kennen.« Wieder greift er in die Innentasche seines Sakkos und nimmt ein paar Münzen heraus. »Wenn Sie vielleicht den Tee für mich bezahlen könnten?«, sagt er, legt die Münzen neben Paulas Bierglas und steht auf.
»Und was erwarten Sie jetzt von mir?«, fragt sie, die Visitenkarte mit der kryptischen E-Mail-Adresse in der Hand.
»Dass Sie sich bei mir melden«, sagt er. »Falls Sie mir etwas mitzuteilen haben. Falls Sie mir vielleicht sogar etwas zu geben haben.«
Bevor Paula noch etwas erwidern kann, ist der Mann schon draußen.
Als kurz darauf Anselm das Restaurant betritt, hält Paula noch immer die Visitenkarte in der Hand. Anselm begrüßt sie, doch zunächst reagiert sie nicht. Sie starrt auf die Karte, versunken in Gedanken, die alles andere als beruhigend sind. Als genügten Julias Tod und Ulmers dritte Nachricht noch nicht – jetzt haben die Eigentümer des Kokains sie also gefunden. Daran besteht für Paula kein Zweifel. Vielleicht hat Julia ihnen noch Paulas Namen verraten, bevor sie umgebracht wurde. Vielleicht sind sie aber auch auf einem anderen Weg auf Paula gestoßen. Schließlich haben sie Julia auch irgendwie gefunden. Wie sie zu Paula gelangt sind, ist im Grunde egal. Von Bedeutung ist nur, dass sie den nächsten Schritt von ihr erwarten. Genau wie Ulmer. Der will sein Geld, die anderen wollen das Koks. Es kommt jetzt also erst recht nicht mehr in Frage, den Stoff zu verkaufen, um Ulmer bezahlen zu können.
»Paula«, sagt Anselm nun schon zum zweiten Mal.
Endlich hört sie ihn und zuckt zusammen.
»Was hast du da?« Er deutet auf die Karte in ihrer Hand.
»Ein Problem«, sagt sie und steckt die Karte ein.
Da sei es doch ein Segen, meint Anselm, dass sie nun ausgerechnet mit ihm, dem Problemlöser schlechthin, an diesem kulinarischen Wallfahrtsort speisen dürfe. Von Julias Tod weiß er bereits. Gestern, nach Paulas Rückkehr von Julias Wohnung, hat sie ihn sofort angerufen. Wahrscheinlich glaubt er, das erwähnte Problem habe mit Paulas Verarbeitung von Julias Ermordung zu tun. Und offensichtlich hat er sich vorgenommen, die Atmosphäre durch Humor zu entspannen.
»Allerdings weiß ich nicht, ob wir hier wirklich essen sollten«, sagt er. »Hast du das Hundegebell auch gehört? Ich fürchte, das kam aus der Küche …«
»Ich hab sowieso keinen Hunger«, sagt Paula. Ihr drittes Kölsch hat sie bisher nicht angerührt. Jetzt trinkt sie einen großen Schluck davon.
»Dann trinke ich auch nur was«, beschließt Anselm und gibt der Kellnerin ein Zeichen.
»Am besten bestellst du gleich was Härteres«, sagt Paula. »Ich muss dir was erzählen.«
»Hast du etwa schon von dem Hund probiert?«
»Das wäre nur halb so schlimm.«
»Ja, okay, die
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