Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
Vom Netzwerk:
Chinesen stehen auch drauf, aber –«
    »Anselm«, unterbricht sie ihn. »Spar dir deine Witze. Die helfen mir heute nicht weiter.«
    Und im nächsten Moment hört sie sich von der Erpressung erzählen. Sie rückt ein wenig näher und flüstert. Aber die Kellnerin lässt sich sowieso kaum blicken. Sie ist mit irgendetwas in der Küche beschäftigt. Und die Rätselfrau ist mit dem Jungen schon gegangen, bevor Anselm aufgetaucht ist. Obwohl die beiden vorher fünf Minuten auf der Toilette verbracht haben, ist das Gesicht des Jungen noch immer voller Tomatensoße gewesen. So ist das Mykonos also doch der richtige Ort für Paulas Beichte. Eine Beichte allerdings, bei der sie die genauen Umstände von Vicos Tod verschweigt. In ihrem Bericht beschränkt sie sich darauf, dass sie an jenem Abend bei Vico gewesen sei und dass sie jemand beim Verlassen des Hauses fotografiert habe. Jemand, der ihr Vicos Ermordung anhängen wolle, falls sie sein Schweigen nicht mit zwanzigtausend Euro erkaufe.
    »Wer sollte dir denn mit einer Kamera auflauern?«, fragt Anselm.
    »Du hast ja recht, das ist schon lange nicht mehr passiert.«
    »Entschuldige, ich wollte damit nichts über deinen Bekanntheitsgrad sagen.«
    »Ist schon gut. Genau das ist ja der entscheidende Punkt: Wer auch immer mich an diesem Abend beobachtet hat, der tut das wahrscheinlich schon eine Weile.«
    »Ein Stalker?«
    »Nein, dann müsste er mich ja belästigen.«
    »Sind die E-Mails, die er dir schickt, etwa keine Belästigung?«
    »Aber ihm geht es doch um etwas anderes als einem Stalker. Der Kerl will Geld. Ansonsten veröffentlicht er die Bilder. Nur darin besteht das Problem.« Wie zur Bestätigung dieser einfachen Feststellung trinkt sie ihr Kölsch in einem Zug aus.
    »Und ich soll das jetzt lösen?«, fragt Anselm. Er nimmt die Brille ab und reibt sich die Augen.
    Paula kann sich nicht erinnern, ihn jemals so ratlos gesehen zu haben. »Ich glaube, ich musste es nur endlich mal jemandem erzählen«, sagt sie.
    »Ich hab natürlich ein bisschen Geld angelegt«, sagt Anselm. »An alles komme ich zwar nicht sofort ran … Aber wenn wir ein bisschen Zeit rausschlagen …«
    »Moment«, sagt sie. »Ich hatte nicht vor, dich um das Geld zu bitten. Ich weiß doch, dass du dich für deine Wohnung verschuldet hast. Außerdem …« Sie bricht den Satz ab.
    »Was?«
    »Ach, mir ist nur gerade ein Filmzitat eingefallen: Freundschaft und Geld, das ist wie Öl und Wasser.«
    »Michael Corleone«, stellt Anselm fest.
    »Wer sonst?«
    »Aber wir sind keine Figuren in einem Mafiafilm, Paula.«
    »Wer weiß …«
    »Was meinst du damit? Hat Vico vielleicht irgendwelche Andeutungen gemacht, bevor du gegangen bist?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Dass er Beziehungen zu gewissen Kreisen hatte, war ja kein Geheimnis«, spekuliert Anselm weiter. »Vielleicht sind sein Mörder und dein Erpresser dieselbe Person. Er sieht dich bei Vico rauskommen, knipst geistesgegenwärtig ein Foto, bringt Vico um und versucht dann noch, dich zu erpressen, das Schwein.« Erst während er das sagt, wird Anselm die Bedeutung seiner Sätze bewusst. »Moment mal«, sagt er. »Vergiss, was ich über die Geldbeschaffung gesagt habe. Du darfst auf keinen Fall bezahlen. Das Arschloch wird das Geld einstecken und trotzdem der Polizei das Foto schicken. Um seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen!«
    Wenn Paula bei all dem Chaos etwas mit Sicherheit weiß, dann, dass Anselm in diesem Punkt falsch kombiniert. Aber das ist egal. Irgendwie ist das einzig Wichtige in diesem hoffnungslosen Augenblick, in diesem schäbigen Restaurant, in diesem dreckigen Teil der Stadt, dass Anselm sich um Paula sorgt. Dass er ihr wenigstens sagt, was sie nicht tun soll. Das ist doch ein Anfang. Vielleicht kommt sie später noch selbst darauf, was sie tun kann.
    »Hast du zu Hause noch was zu trinken?«, fragt sie.
    »Wenn nicht, besorge ich was«, sagt er. »Was immer du willst.«
    »Darf ich heute bei dir übernachten?«
    »Ich bestehe darauf.«
    Auf dem Weg zu Anselms Wohnung klingelt Paulas Telefon. Sie liest eine unbekannte Nummer vom Display ab und entscheidet sich dafür, den Anruf anzunehmen. Es ist die Kommissarin von gestern. Sie bestellt Paula für den nächsten Morgen ins Präsidium.

SIEBZEHN
    Schon um kurz nach sieben Uhr ist Hanna auf dem Flur des Präsidiums Benrath begegnet. Wahrscheinlich schläft er in seinem Büro, denkt sie. Noch heute Mittag erwarte er einen Zwischenbericht, hat er gesagt und dabei

Weitere Kostenlose Bücher