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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
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zunächst für einen Betrunkenen gehalten. Es hatte eine Weile gedauert, bis jemand genauer hingesehen und die Polizei gerufen hatte. Zeitgleich mit den Kollegen von der Streife kam Weyrauch am Tatort an. Kapetanovic konnte er nirgends entdecken. Wie sollte er auch in diesem Gewimmel jemanden finden?
    Hanna hat verstanden, dass Paula Farkas sie absichtlich vom Tatort weggelockt hat. Während Kapetanovic Wallenstein getroffen und ihn kaltblütig erstochen hat, ist sie der Schauspielerin mit der S-Bahn bis über die Stadtgrenze gefolgt. Und jetzt steht die Farkas dort im schwarzen Kleid am Grab ihrer Freundin und spielt die Trauernde. Dabei trägt sie wahrscheinlich auch für deren Tod die Verantwortung. Und viel zu gut sieht sie aus. Das taillierte Kleid, der Hut mit Schleier, die Eleganz ihrer Bewegungen … Hanna erkennt jetzt, warum sie diese Frau hasst. Nicht, weil sie eine Mörderin ist. Sie hasst Paula Farkas, weil die Schauspielerin sie zwingt, in Frage zu stellen, worauf Hanna ihr ganzes Leben aufgebaut hat.
    Ihrem Vater kann sie nicht mehr ins Gesicht sehen. Ihren Glauben an Gerechtigkeit hat sie verloren. Ob sie ohne diesen Glauben weiterhin Polizistin sein kann?
    Weyrauch hat ja recht: Es kann nicht gesund sein, sich an der Frage nach Gerechtigkeit so sehr aufzureiben. Aber ist es denn gesund, diese Frage einfach auszublenden?
    Er stößt sie mit dem Ellenbogen an. Als sie zur Seite schaut, fällt ihr Blick in eine geöffnete Tüte Gummibärchen. Weyrauch schmatzt.
    »Beruhigt die Nerven«, sagt er.
    Sie zögert einen Moment. Dann greift sie zu. Aber nachdem sie kurz auf dem Weingummi herumgekaut hat, spuckt sie es in das nasse Gras vor ihren Füßen. »Entschuldige, ist doch nicht das Richtige für mich.«
    Als sich die Trauergemeinde auflöst und sich kleine Gruppen vom Grab wegbewegen, beziehen Hanna und Weyrauch am Ausgang des Friedhofs Stellung.
    »Bitte, Hanna«, sagt Weyrauch, »sprich sie ruhig an. Das gehört dazu, wenn du ernsthaft mit der Sache abschließen willst. Aber mach kein Verhör daraus. Dafür gibt es keinen Anlass.«
    »Wenn du das so siehst …«
    »Du solltest es auch so sehen.«
    Ein Mann, den Hanna noch nie gesehen hat, begleitet Paula Farkas. Er ist grauhaarig und wirkt sportlich. Die übrigen Trauergäste überragt er. Er will an Hanna und Weyrauch vorbeigehen, doch die Schauspielerin, die sich bei ihm eingehakt hat, zieht ihn in Richtung der beiden Kommissare. Mit einem Kopfnicken grüßt sie und fragt, ob die Ermittlungen im Fall ihrer ermordeten Freundin Fortschritte machen. Hinter dem schwarzen Schleier ist ihr Gesichtsausdruck nur zu erahnen. Zwar sieht Hanna, dass sie geweint hat. Aber das hat sie auf der Schauspielschule sicher schon im ersten Semester gelernt.
    »Ja, wegen unserer Ermittlungen sind wir hier«, lügt Hanna.
    Weyrauch räuspert sich, sagt aber nichts.
    »Wenn ich Ihnen noch einmal behilflich sein kann …«, sagt Paula Farkas, ohne den Satz zu beenden.
    Das ist jetzt wirklich unverschämt, denkt Hanna. Und deshalb kann sie sich nicht länger zurückhalten.
    »Ja«, sagt sie, »Sie könnten uns verraten, warum Sie am Freitagnachmittag in der Innenstadt waren.«
    Der Mann an Paula Farkas’ Seite sieht irritiert von einer Frau zur anderen.
    »Am Freitag? … Da hab ich nach passender Kleidung für ein Casting gesucht.«
    »Und? Was Schönes gefunden?«
    »Nein, leider nicht. Aber warum fragen Sie danach?«
    Hanna zittert. Weyrauch legt ihr eine Hand auf die Schulter.
    »Frau Farkas«, sagt sie, »Sie wissen doch, wer am Freitagnachmittag in der Innenstadt ums Leben gekommen ist, oder?«
    Die Schauspielerin holt tief Luft. »Ich hab davon in der Zeitung gelesen. Der arme Vincent.«
    »Jetzt hören Sie doch auf mit dieser albernen Show.« Hanna weiß, dass sie zu laut spricht. Vorbeigehende Trauergäste sehen sich nach ihnen um. Sie senkt ihre Stimme ein wenig. »Sie wissen so gut wie ich, dass Vincent Wallenstein nicht das Opfer eines Straßenräubers ist.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagt Paula Farkas.
    »Dann will ich Ihnen auf die Sprünge helfen. Zur Tatzeit habe ich Sie nur wenige Schritte vom Tatort entfernt gesehen.«
    »Hanna, die Tatzeit war eine halbe Stunde später«, korrigiert Weyrauch sie.
    »Lässt du mich vielleicht mal ausreden?«, faucht sie ihn an. »Ich hab Sie dort gesehen, Frau Farkas, kurz bevor Ihr Freund Vincent …«
    »Besonders gut kannten wir uns eigentlich nicht.«
    »… kurz bevor Wallenstein umgebracht wurde. Und

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