Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)
Experte da oben findet, wird sich das BKA eh bei dir melden.«
Ahmeds Bruder erhob sich, strich
sich den Mantel glatt und drehte sich zu Marius Sandmann um. »Werden Sie weiter
für mich arbeiten?« Marius rieb sich kurz das Gesicht. Dann nickte er. Zufrieden
mit der Antwort verließ der Geschäftsmann den Gemüseladen und stieg in seinen Mercedes,
der in zweiter Reihe vor dem Geschäft parkte und dessen Warnblinkanlage die Zeit
auf der Straße in orange Zeitfenster einzuteilen versuchte.
»Bist du sicher, dass du das willst?«,
fragte Paula, während sie Marius Sandmanns Auftraggeber hinterherblickte. »Das sind
nicht mehr nur ein paar Nachforschungen. Wer immer damit zu tun hat, er hat versucht
dich umzubringen.«
»Und das wird er wieder tun. Je
eher ich ihn finde, desto besser.«
Paula Wagner schwieg. Sie wusste
es besser. Ihr Handy klingelte. Die Spurensicherung gab das Okay für einen Tatorttermin.
Sie betraten die Überreste von Marius Sandmanns Existenz mit Plastiküberziehern
an den Füßen, auch wenn Marius nicht wusste, welche Spuren sie hier noch vernichten
sollten. Die Bombe hatte ganze Arbeit geleistet. Er ging durch die beiden Räume,
Paula Wagner schweigend hinter sich. Sie beobachtete den Detektiv und wartete, dass
ihm irgendetwas auffiel. Doch da war nichts. In dieser totalen Zerstörung war schlicht
alles außergewöhnlich und alles außerhalb jeder Ordnung. Ein zweites Mal schritt
Marius langsam durch die Räume, nichts von seinen Habseligkeiten war verschont geblieben,
außer ein paar Möbeln und Büchern, die im Keller lagerten. Das war, neben seinem
Wagen und dem Laptop auf dessen Rücksitz, alles, was ihm geblieben war. Dem Schrecken
und dem Entsetzen über die Tat und der Angst darüber, dass ihm eine anonyme Macht
nach dem Leben trachtete, folgte eine leichte Traurigkeit. Er würde in diese Räume
nie wieder zurückkehren. Mit dem Zeigefinger strich er gedankenverloren die Wand
entlang, ein schwarzer Film blieb zurück und ein grauweiß verschmierter Streifen
auf der Wand.
»Lass uns gehen!«
»Nichts?«
»Nichts.«
Sie verließen das Büro in der Vogelsanger
Straße, ein Polizeibeamter klebte die leere Türöffnung notdürftig mit einem rotweiß
gestreiften Absperrband ab. Da standen Marius Sandmann und Paula Wagner bereits
draußen auf der Straße. Die Kommissarin schüttelte dem Detektiv zum Abschied die
Hand und ging zu ihrem Wagen. Marius blieb allein zurück. Er hatte nicht die leiseste
Ahnung, wo er hinsollte.
23
Erst gegen Mittag tauchte Paula Wagner in ihrem Büro im Polizeipräsidium
auf. Hannes Bergkamp hockte hinter seinem Computer, er schien fast überrascht, sie
zu sehen. Sie hing ihre Jacke über die Stuhllehne, warf die Tasche neben den Schreibtisch
und verschwand im Flur, um fünf Minuten später mit zwei Kaffeebechern vorsichtig
die Türklinke mit dem Ellbogen herunterzudrücken und ins Büro zurückzukehren. Der
Kaffee weckte Bergkamps Interesse mehr als ihr Auftauchen. Sie berichtete ihm von
den Ereignissen des Vormittags, der Kollege nestelte nachdenklich an seinen Lippen.
»Was denkst du, steckt hinter diesem
Anschlag? Sofern es einer war.«
»Die Feuerwehr geht davon aus. Der
Sprengstoffexperte des BKA war bereits vor Ort und meldet sich, sobald er Genaueres
weiß.«
»Warum will jemand eine kleine Detektivklitsche
in die Luft jagen?«
»Wenn du mich fragst, hat der kleine
Detektiv ohne etwas zu bemerken in ein Wespennest gestochen. Die Frage ist nur:
in welches?«
»Er glaubt, dass das BKA einen Ermittlungsfehler
gemacht hat, als sie Ökçan als Täter präsentiert haben?«
Paula gab ihm einen kurzen Überblick
über das, was Sandmann ihr zu seinen Ermittlungen gesagt hatte. »Seine Argumentation
ist schlüssig.«
»Das ist nicht die entscheidende
Frage. Wie steht es mit seinen Beweisen?«
»Die sind ebenso schwach wie die
des BKA. Mit dem Unterschied, dass das BKA sich rasch auf Ökçan als Täter festgelegt
hat.«
»Du meinst, sie haben ihren Muslim
unter den Opfern identifiziert und dann nur noch nach Hinweisen für seine Schuld
gesucht?«
»Ist dir das nicht auch schon passiert?
Du bist fest davon überzeugt, den Täter zu kennen, und suchst nach nichts anderem
als nach Beweisen, die deine These stützen.«
»Du meinst, so etwas wie deine Jagd
nach dem Mörder von Peter Kopf?«
»Nein, so etwas meine ich nicht«,
erwiderte die Kommissarin trotzig.
»Aber du glaubst fest daran, dass
Maassen da mit drin hängt. Und du lässt nicht locker,
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