Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)
bis du einen Beweis dafür
findest.«
Paula drückte beide Unterarme fest
auf die Schreibtischplatte und blickte Bergkamp mit wachsendem Zorn an. »Maassen
und seine Kumpels müssten von Berufs wegen ein Interesse daran haben, dass wir die
Geschichte aufklären. Davon abgesehen, dass es in ihrem eigenen Interesse liegt,
nicht mit einem Mord in Verbindung gebracht zu werden. Trotzdem verschweigen sie
uns etwas. Fragst du dich dann nicht, was und warum?«
Bergkamp zuckte mit den Achseln
und trank einen Schluck seines Kaffees, bevor er antwortete. »Du weißt doch, wie
das ist. Neue Ermittlungen, neuer Papierkram, eine Untersuchung und selbst wenn
die drei unschuldig sind, bleibt irgendetwas hängen. Keiner von uns arbeitet streng
nach den Regeln.« Bei dem letzten Satz grinste er Paula schief an.
»Immerhin arbeite ich.«
Bevor der Hauptkommissar antworten
konnte, klopfte es an der Tür. Ohne auf eine Antwort zu warten, drückte Volker Brandt
die Klinke herunter. Wortlos überreichte er Bergkamp einen Stapel Papiere, nickte
beiden Beamten kurz zu und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen wieder hinaus.
»Was war das für ein Auftritt?«,
fragte Paula verblüfft, doch Bergkamp antwortete nicht, sondern überflog Brandts
Berichte.
Mit den Worten »Du scheinst halt
aktuell jeden gegen dich aufzubringen« reichte er sie an Paula weiter. Sie las den
Untersuchungsbericht zu Horst Blenders Tod zügig, aber aufmerksam. Volker Brandt
ließ keinen Zweifel daran, dass sich der Wirt erhängt hatte. ›Fremdverschulden ausgeschlossen‹
stand dick unterstrichen auf der letzten Seite. Paula zog verärgert die Nase hoch.
»Die nächste Sackgasse.«
»Ich denke, du hast genug anderes
zu tun«, erwiderte Bergkamp, dann schellte sein Telefon. Er bellte seinen Namen
in den Hörer, schwieg er eine Weile, unterbrochen von ein paar »Hm, hm« und »Ja,
ja«, schließlich legte er auf.
»Das war unser Sprengstoffexperte.«
»Ein flinkes Kerlchen.«
Bergkamp nickte. »Laut seinen ersten
Untersuchungen hat tatsächlich eine Bombe Sandmanns Büro in die Luft gejagt.« Hier
machte er eine kurze Pause. »Und sie gleicht dem Typ vom 11. November.«
»Jetzt habe ich wirklich genug anderes
zu tun.« Für Paula Wagner tat sich ein Hoffnungsschimmer auf. Die Ermittlungen zum
Sandmann-Attentat gaben ihr die Möglichkeit, sich erneut in die Untersuchungen zum
Anschlag in der Südstadt einzuklinken. Außerdem gab es eine Verbindung zwischen
Sandmann und Maassen. Sie hätte es selbst nicht besser hinbiegen können. Erneut
klopfte es an der Bürotür. Sebastian Jansen betrat das Büro, in seinem Schlepptau
BKA-Mann Jan-Peter Goldberg.
»Sie haben neue Informationen in
einem unserer Fälle?«, eröffnete er das Gespräch ohne lange Vorrede.
»Was läuft da zwischen dir und dieser Kommissarin?« Die Anruferin nahm
sich nicht einmal die Zeit, ihren Namen zu sagen oder Marius zu begrüßen. Er wusste
sowieso, wer es war. Im Hintergrund hörte er das ratternde Geräusch eines Druckers.
Verena Talbot war in ihrem Büro. Marius hingegen saß, seitdem er Ahmeds Gemüseladen
verlassen hatte, als einziger Gast in einem Café auf der Venloer Straße und überlegte,
wo er unterkommen könnte.
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung,
wovon du redest«, antwortete er.
»Kriminalkommissarin Paula Wagner
hat mich eben angerufen und gebeten, dir Namen und Adressen der Opfer vom 11. November
zu geben. Inklusive aller Angehörigen. Ich habe versucht, ihr klarzumachen, dass
ich das nicht tun kann. Schließlich gibt es für uns Journalisten Quellenschutz.«
Der Detektiv schmunzelte. Auf diese
Weise versuchte Paula Wagner also ihre Vorschriften zu umgehen. Dass Verena Talbot
von dieser Idee nicht angetan war, konnte sich Marius ebenfalls vorstellen.
»Aber …?«, sagte er nur und wartete
bis Verena in ihrem üblichen schnellen Tempo weiterredete.
»Aber«, hob die Journalistin an,
»in einem Haus auf der Vogelsanger Straße gab es heute Morgen eine Explosion, die
Polizei weigert sich, der Presse irgendwelche Informationen zu geben, und der Pressesprecher
der Kölner Polizei spricht sehr vage von einem Unfall, dessen Ursache auf eine Gasexplosion
zurückzuführen sei.«
Deshalb war die Journalistin jetzt
bereit, ihm zu geben, was sie vor ein paar Tagen noch verweigert hatte. Quid pro
quo. Verena Talbot eben.
»Hast du denn Namen und Adressen
der Opfer?«
»Natürlich!« In ihrem Ton lag eine
leichte Empörung, als wären Marius’ Zweifel eine persönliche
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