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Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Titel: Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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kenne mich mit dem deutschen Recht nicht gut aus, sie umso besser. Und sie
kann dort aggressiv auftreten, wo ich aus der Rolle fallen müsste.«
    »Aus der Rolle des strebsamen, fleißigen
und das deutsche Recht achtenden Einwanderers«, ergänzte Schleusser. Ökçan nickte
höflich. »Nicht jeder kann es sich leisten, laut zu sein«, wandte sich die Anwältin
an Marius.
    »Oder unangenehme Fragen zu stellen«,
ergänzte der Detektiv. Jetzt nickten alle drei seiner Gesprächspartner. Ökçan erhob
sich.
    »Ich möchte sagen, dass es mir aufrichtig
leidtut, wie viele Unannehmlichkeiten Ihnen dieser Auftrag bisher gemacht hat. Selbstverständlich
sind Sie unser Gast, so lange Sie keine andere Bleibe haben. Fühlen Sie sich bei
uns willkommen und wie zu Hause.«
    Ökçan umarmte Marius, drückte ihn
fest an sich und küsste ihn auf beide Wangen. Er schaute zu Heike Schleusser hinüber,
die sich das Lachen über seinen Gesichtsausdruck kaum verkneifen konnte.
     
    Eine halbe Stunde später saß Marius auf Ali Ökçans Bett und sah sich
um. Der Vater des angeblichen Attentäters hatte ihm das Zimmer seines Sohnes zur
Verfügung gestellt. Marius war aufrichtig überrascht gewesen und vermutete, dass
Ökçan das als eine Art Motivationshilfe für den Detektiv verstand oder doch ein
schlechtes Gewissen ihm gegenüber hatte und eine Art Anerkennung oder Wertschätzung
zeigen wollte. Vielleicht hoffte er, Marius würde auf diese Art eine engere Bindung
zu seinem toten Sohn entwickeln. Doch Alis Zimmer gab kaum Anlass dazu. Der Raum
war penibel sauber und aufgeräumt. Auf dem Schreibtisch lagen keinerlei Unterlagen,
es gab nicht einmal einen Computer. An den Wänden hingen ein paar Urlaubsfotos,
die Ali mit seiner Familie zeigten, Tickets für Boxkämpfe und Basketballspiele,
in dem Regal gegenüber dem Bett standen Fachbücher und DVDs. Er beugte sich hinüber
zum Schreibtisch, um in die Schubladen zu schauen, als er ein Geräusch hinter sich
hörte.
    »Das haben die Männer vom BKA schon
gemacht. Der größte Teil dürfte bei ihnen liegen. Sie haben fast alles mitgenommen.«
    Alis Mutter stand in der Tür und
hielt, was immer sie gerade dachte, hinter einem ebenso schönen wie verschwiegenen
Gesicht verborgen. In ihrer Eleganz passte sie perfekt in dieses Haus und in dieses
Viertel, besser vielleicht als manche deutsche Nachbarin.
    »Tut mir leid«, sagte der Detektiv,
»ich bin einfach zu neugierig gewesen.«
    »Deswegen hat mein Mann Sie engagiert.«
Sie stand neben ihm und blickte aus dem großen Erkerfenster hinaus auf die regengraue
Straße und die hinter Hecken verborgenen Nachbarhäuser.
    »Eine schöne Gegend«, meinte Marius,
»Ihr Mann hat viel erreicht.«
    »Das hat er in der Tat«, bestätigte
Gönmez Ökçan. »Bis Anfang November wären wir die Vorzeigefamilie für eine gelungene
Integration gewesen, nicht wahr?«
    Marius schaute auf die attraktive
Frau in ihrem teuren Kostüm und dachte an das Wohnzimmer mit seinen modernen Möbeln
und kitschigen Bildern.
    »Diese Gegend ist ideal für uns
gewesen. Hier muss man sich nicht integrieren. Hier bleibt man allein. Kommen Sie,
ich zeige Ihnen das Haus.«
    Bevor sie sich umdrehte, schob sie
die halb geöffnete Schublade in Alis Schreibtisch wieder zu.
     
    Das Haus war um einiges größer, als es von außen wirkte. Am meisten
beeindruckte Marius der Fitnessraum im Keller. Er hielt nur wenig von Studios, erkannte
jedoch die Qualität und den Nutzen der vorhandenen Geräte. Gönmez Ökçan entging
sein Interesse nicht.
    »Sie können gerne alles benutzen«,
sagte sie. »Aber mein Mann will vorher noch mit Ihnen reden.« Die Frau führte ihn
die Kellertreppe hoch in ein Arbeitszimmer im Erdgeschoss. Er betrat ein klassisch
eingerichtetes Büro. Auch hier lagen schwere Teppiche auf dem Boden, passten allerdings
deutlich besser zu den ebenfalls schweren, dunklen Möbeln. Ein massiver Schreibtisch
aus der Biedermeierzeit stand in der Mitte des Zimmers, hohe dunkle Bücherregale,
teilweise hinter Glas-und Holztüren, zogen sich an drei der vier Wände entlang
bis unter die Decke, mit Aktenordnern statt mit Büchern gefüllt.
    In einer Ecke unter dem Fenster,
aus dem man in den großen, einfach gehaltenen Garten blickte, lag eine aus massiver
Bronze gefertigte Kuh. Die Oberfläche der Skulptur war glatt geschliffen und glänzte
selbst in dem matten Licht, das durch das Fenster fiel. Marius betrachtete die Kuh
interessiert.
    »Das sollte Ihnen eher gefallen,
vermute ich«,

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