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Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Titel: Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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bin wirklich sehr müde, Karsten,
außerdem habe ich Kopfschmerzen.«
    »Kopfschmerzen, so, so. Dann lege
ich Ihnen einen Zettel mit den E-Mail-Adressen in die Hauspost.«
    Bevor Paula antworten konnte, war die Leitung tot.
     
    Früh zu Hause, früh wieder auf der Arbeit. Am liebsten wäre die Kommissarin
gleich nach Karstens Anruf ins Präsidium gefahren, um nachzuschauen, an wen der
ungebetene Gast an ihrem Rechner ihre Daten geschickt hatte. Wenn der Systemadministrator
den Zettel tatsächlich über die Hauspost verschicken wollte, musste sie bis zum
Morgen warten. Obwohl es sinnlos war, hatte sie bei der Poststelle angerufen. Mitten
in der Nacht ein aussichtsloses Unterfangen.
    Jetzt, um Viertel vor sieben stand
sie allerdings in der Poststelle im Keller. Nüchtern grau getünchte Wände, an denen
Versorgungskanäle offen verlegt waren, keine Fenster, eine abgeschottete und ihr
weitgehend unbekannte Welt, Teil des Innenlebens des Präsidiums, von dem die meisten
Kollegen kaum etwas mitbekamen. Eine junge freundliche Aushilfe vor sich hinter
einem Tresen, die sich Paulas Namen notierte und sich anschließend auf die Suche
machte, ob sie Karstens Zettel nicht schon fand.
    Paula hätte zwei oder drei Stunden
warten können, bis der Brief auf ihrem Schreibtisch landete. Aber sie war ungeduldig.
Wenn eine Information verfügbar war, wollte sie sie haben. Außerdem misstraute sie
der Hauspost. Je nachdem, wem der Systemadministrator davon erzählt hatte, stünde
zu befürchten, dass der Zettel auf dem Weg verloren ging. Es wäre nicht das erste
Mal, dass so etwas passierte. Bei manchen Fällen waren ganze Akten verschwunden.
Auffällig oft, wenn gegen Kollegen ermittelt wurde. Paula wippte mit dem Fuß zu
einem imaginären unruhigen Rhythmus, während sie auf die Rückkehr der Frau wartete,
die sie im hinteren Raum in Kisten hantieren hören konnte. Dann vernahm sie die
leichten Schritte ihrer Turnschuhe. Der Pferdeschwanz der Frau wippte fröhlich,
als sie mit einem Brief in der Hand zu ihr zurückkehrte. Paula musste einen Quittung
ausfüllen und unterschreiben, dann konnte sie den Brief an sich nehmen.
    Sie verabschiedete sich, und noch
draußen im kahlen Betontreppenhaus des Kellergeschosses öffnete sie den Umschlag
und schaute hinein. Auf dem kleinen Notizzettel standen neben der Werbung für eine
Software nur zwei E-Mail-Adressen. Das genügte, um ihr Herz schneller schlagen zu
lassen.
     
    Noch vor acht Uhr morgens saß sie auf einem Plastikstuhl im Flur des
Rechtsmedizinischen Instituts und wartete. Sie hatte, nachdem sie die E-Mail-Adressen
gelesen hatte, eine Weile in Bergkamps Stammcafé überlegt, was sie tun sollte. Vorschriftsmäßig
hätte sie den Hauptkommissar und den Direktor informieren müssen. Dann wäre der
Fall an die Internen Ermittlungen abgegeben worden und, wenn sie Pech gehabt hätte,
wären die Akten verloren gewesen, bevor die Wahrheit ans Licht gekommen war. Sie
brauchte jemanden außerhalb des Präsidiums, dem sie vertrauen konnte. Dass sie inzwischen
soweit war, dass sie als Polizistin der Polizei nicht mehr traute, erschreckte sie
mehr, als sie sich eingestehen wollte. In Gedanken hatte sie sich eine Liste gemacht,
wem sie vertraute. Bis auf zwei Namen musste sie alle wieder streichen und den einen
betrachtete sie eher als eine Art stille Reserve. So blieb ihr nur eine Wahl und
sie war sich nicht sicher, ob sie von dieser Hilfe erwarten konnte.
    Im Treppenhaus hörte sie ihn fröhlich
ein Liedchen pfeifen und seinen schwungvollen Schritt die Treppen hoch, zwei auf
einmal, die Sohlen der teuren Lederschuhe klapperten unverkennbar auf dem Terrazzo-Belag
der Stufen. Als er durch die Glastür kam, erhob sie sich von ihrem Stuhl. Volker
Brandt stutzte kurz, dann griff er in die Seitentasche seines hellen Trenchcoats
und zog den Schlüsselbund hervor.
    »Frau Kommissarin«, sagte er nur
mit einem Kopfnicken, als er an ihr vorbeiging und die Tür zu seinem Büro aufschloss.
Sie folgte ihm. Er stellte zunächst seinen Arztkoffer auf einen freien Stuhl, hängte
in aller Ruhe den Mantel an eine Garderobe aus Holz und schaltete im Stehen den
Computer ein. Anschließend nahm er einen Papierstapel, blätterte ihn durch und blickte
erst dann wieder auf seine Besucherin, die wie ein wartendes Schulmädchen im Raum
stand. Mit dem Kinn deutete Brandt auf einen Stuhl hinter Paula.
    »Setz dich!« Die Kommissarin setzte
sich und legte ihre große Handtasche neben dem Stuhl ab. Sie ertappte sich

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