König 01 - Königsmörder
ist Wahnsinn. Und was diesen Unsinn über Magie betrifft – selbst wenn es möglich wäre, was nicht der Fall ist –, zu behaupten, dass Asher sich selbst und dieses Königreich derart in Gefahr bringen würde…«
Lord Jarralt lächelte. »Ihr sprecht beredt zu seiner Verteidigung, Hauptmann. Sollte ich
Eure
Loyalität in Frage stellen?«
Er spürte, dass er totenblass wurde. »Einen treueren Untertan als mich hat es nie gegeben.«
»Wirklich? Ich fand immer, dass Ihr die Erklärung, was den Tod des verstorbenen Königs und seiner Familie betrifft, sehr bereitwillig akzeptiert habt, Orrick«, erwiderte Jarralt. »Vielleicht ist das eine Frage, der man zu gegebener Zeit einmal nachgehen sollte.«
»Mylord, ich protestiere! Ich tue meine Pflicht ohne Furcht oder Vergünstigungen für irgendjemanden!«
Jarralts Lächeln erlosch, und ein tödlicher Ausdruck trat in seine Augen. »In der Tat? Dann weckt Eure Männer, Hauptmann, und erzählt ihnen nichts von Magie. Diese Information könnt Ihr unter Androhung der Todesstrafe als Geheimnis betrachten. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
»Ja, Mylord«, antwortete er. Sein Mund war trocken. »Ihr und Eure Beamten werden mich zur Wetterkammer begleiten. Dann werden wir sehen, wie es um Eure Bereitwilligkeit bestellt ist, Eure Zukunft an die kurze, blutige und schmerzhafte Zukunft Ashers zu binden.«
Er war Hauptmann der Stadtwache. Er hatte keine Wahl. Er verneigte sich. »Mylord«, sagte Pellen Orrick und ging davon, um seine Männer zu wecken. Asher, der sich rastlos auf dem harten Boden der Wetterkammer hin und her warf, während ihn immer wieder siedende Funken von Schmerz durchzuckten, träumte.
Seine Mutter, die krank und sterbend in ihrem Bett liegt, streckt die Arme nach ihm aus. Dünne, weiße Arme, die einst so rundlich und braun gewesen waren. »Nimm mich jetzt in den Arm, Asher, und versprich mir, dass du ein großer, starker Junge sein wirst, wenn ich nicht mehr bin«, sagte sie mit ihrer dünnen Stimme, die noch vor einem Monat so stark gewesen war wie das Meer selbst. »Dein Pa wird seinen kleinen Mann bald brauchen, und ich weiß, dass du nichts tun wirst, das ihn verärgert oder enttäuscht, nicht wahr? Du wirst ihn niemals im Stich lassen.«
Er weint, oh, wie sehr er weint, während sie sie in die kalte, salzige Erde legen und den Abschiedsgesang über ihrem Kopf singen.
Während er in seinem besten braunen, selbstgesponnenen Hemd und den passenden Hosen, die Ma gemacht hat, am Grab steht, kann er nicht glauben, dass die Sonne scheint und der Himmel so blau ist, so blau wie ihre Lieblingsbluse, die Zeth erst gestern Abend in Stücke geschnitten hat, um damit die Scharniere der Fischfalle in seinem Boot zu ölen. Wie kann die Sonne an einem so schrecklichen Tag scheinen?
Während er weint, kommen aus allen Richtungen Wolken herbeigeprescht und verdüstern den Himmel, bis alles Licht fort ist, all das strahlende, gelbe Licht, und es fängt an zu regnen.
»Was treibst du da, Asher?«, rufen seine Brüder wütend. »Du sollst es nicht regnen lassen! Wir werden dir eine ordentliche Tracht Prügel versetzen müssen, wenn du es regnen lässt, du, ein nichtsnutziger olkischer Fischer!«
Und Zeth öffnet seinen mit Kupfernieten besetzten Gürtel, zieht ihn von seiner schmalen Taille und legt ihn mit seinen ledrigen Händen zusammen. In seinen Augen steht ein solches Verlangen nach Blut…
»Komm mir nicht zu nah, Zeth!«, sagt er und weicht zurück. »Pa, lass ihn das nicht tun! Lass es ihn nicht tun!«
Aber Pa hört nicht zu. Pa liegt auf dem Boden, einen schweren, großen, auseinandergebrochenen Mast über der Brust, und der Regen wäscht alles Blut aus seinem Körper. Pas Blut läuft ins Gras, auf das Grab, bahnt sich einen Weg in die Tiefe, um mit Ma zusammen zu sein.
Es regnet heftiger; kleine Eiskörner fallen jetzt vom Himmel, und die Wolken sind so schwarz wie Pech geworden und so purpurn wie Prellungen, und es donnert, donnert, donnert…
Asher erwachte keuchend und hörte das hohle Echo von Schritten auf der Treppe, die zur Wetterkammer hinaufführte. Benommen von seinem Traum, erfüllt von alten wie neuen Qualen, stand er noch nicht ganz auf den Füßen, als die Tür weit aufgerissen wurde und Willer herein gestolpert kam. Pellen Orrick und Conroyd Jarralt waren dicht hinter ihm.
»Seht Ihr? Seht Ihr? Ich habe Euch gesagt, dass er hier ist! Werdet Ihr mir
jetzt
glauben?«
Pellens Augen waren schmal von Schmerz. An seinem Gürtel hing
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