König 01 - Königsmörder
vielleicht nicht geboren worden.
»Wir haben wenig Zeit«, sagte sie unter Tränen. »Wir müssen uns morgen an der Kreuzung treffen, an der die Weststraße auf die Straße zum Schwarzen Wald trifft. Wie bald kannst du dort sein?«
Am Vormittag oder nicht viel später.
»Du musst dir einen Grund ausdenken, warum du fortgehst. Erzähl es so wenig Menschen wie möglich und brich ohne Publikum auf; gib als Ziel alles andere an, nur nicht die Stadt. Reise mit leichtem Gepäck und so schnell du kannst, ohne ungebührliche Aufmerksamkeit zu erregen. Lass niemanden deinen Kummer sehen.«
Ich verstehe.
»Dann sehe ich dich morgen.«
Morgen,
sagte er immer noch lächelnd, und aus Liebe war er derjenige, der die Verbindung unterbrach.
Einige Zeit später, nachdem sie ihre Fassung zurückgewonnen hatte, griff sie abermals durch den grünen Stein, der sie miteinander verband, nach Gilda aus. Fast zehn lange Minuten verrannen, bevor ihre Verbindung hergestellt wurde.
Tut mir leid, tut mir leid,
sagte Gilda aufgeregt.
Ich war bei einem Kunden und konnte nicht weg.
»Unwichtig, Gilda. Meine Freundin, ich habe eine Aufgabe für dich. Und ohne dich in tiefes Ungemach stürzen zu wollen, muss ich dies doch sagen: Von deinem Erfolg hängt die Zukunft unseres Königreichs ab.«
Die Verbindung zwischen ihnen erzitterte unter Gildas Unsicherheit und wurde dann wieder kräftiger.
Natürlich, Veira. Was brauchst du?
»Ich komme zu der Hinrichtung in die Stadt, und du musst mir auf der Bank direkt in der vordersten Reihe für drei Personen neben dir einen Platz frei halten. Einen Platz unmittelbar vor dem Henkersblock.«
Neben mir?,
fragte Gilda stockend.
So nah?
»Ja. Kannst du das tun?«
Natürlich.
»Vielen Dank, meine Liebe. Ich sehe dich dann vor Mitternacht an diesem Barlstag.«
Sie legte Gildas Stein zurück und wählte einen anderen aus, diesmal einen von einem dunklen Blauschwarz.
»Rogan. Ich habe eine Aufgabe für dich.«
Rogan stimmte zu, ohne Fragen zu stellen, genau wie Veira es erwartet hatte. Als Nächstes setzte sie sich mit Laney Treadwell in Verbindung, deren Familiengeschäft überaus nützlich war, und schließlich griff sie nach den zehn bestplatzierten und stärksten Magiern in der Gruppe, auf deren Schultern sie eine schwere Last legen musste. Entschlossen versprachen sie ihr, sich in Dorana zu ihr zu gesellen und ihre Aufgabe zu erfüllen.
Mochte Jervale sie alle segnen. Ohne solch getreue Helfer hätte sie nicht den Mut gehabt weiterzumachen.
Nachdem alle Vorkehrungen getroffen waren, legte sie, beinahe unaussprechlich müde, den letzten Stein zurück, verschloss das Versteck wieder und schob den Teppich darüber. Dann erhob sie sich stöhnend und ging in die Küche.
Die Suppe stand wohlduftend und blubbernd auf dem Herd. Dathne und Matt saßen schweigend am Tisch, ein jeder tief versunken in seine eigenen Überlegungen.
»Bitte, Veira, was geht hier vor?«, fragte Dathne und blickte auf. »Die Kräuter, die du von Matt hast schneiden lassen…«
»Sind tödlich«, erwiderte sie knapp. »Ich weiß.«
Matt richtete sich auf seinem Stuhl auf. »Warum brauchst du sie dann?« Sie trat ans Küchenfenster und blickte in den Garten mit seinen wild wuchernden Winterrosen und der Fülle von Rabenbeeren hinaus. »Um der Prophezeiung zu dienen.«
»Inwiefern willst du ihr dienen?«, fragte Dathne.
»Das werde ich für mich behalten. Je weniger ihr wisst, umso besser. Zumindest solltet ihr möglichst wenig wissen, bevor es unbedingt sein muss.« »Und wer entscheidet, wann diese Zeit gekommen ist? Ich bin kein Kind, Veira, auch wenn du mich so nennst! Ich bin Jervales Erbin, und…«
»Und du wirst lernen, den Anweisungen eines anderen zu folgen!«, fuhr sie sie an und wandte sich vom Fenster ab. Als sie Dathnes angespanntes, spitzes Gesicht und ihre nur unvollkommen unterdrückte Angst sah, wurde ihre Miene weicher. »Kind, Kind – denn genau das bist du für mich, ob du nun eine verheira– tete Dame bist oder nicht –, hör auf, dich um Dinge zu sorgen, die nicht in deiner Macht liegen. Wir haben genug Würmer im Apfel, auch ohne dass du Platz für weitere machst.«
Dathne sah Matthias an, der den Kopf schüttelte und sie mit einem kurzen Lächeln bedachte. »Kein Zaudern, kein Fragen, erinnerst du dich?« Solchermaßen besiegt, ließ Dathne die Schultern sinken. »In Ordnung.« »Gut«, sagte Veira entschieden und trat an den Herd. »Jetzt lasst uns essen.« Nachdem sie schweigend die Suppe
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