König 01 - Königsmörder
Schultern. »Ich bin immer noch hier, nicht wahr?« Sie wickelte das Bündel aus, und ein Hammer und ein Messer kamen zum Vorschein. Dann griff sie nach dem Hammer, und bevor sie zögern oder Zeit mit Bedauern vergeuden konnte, schlug sie heftig auf den geschmiedeten Kristall, den Jervale geschaffen hatte.
Asher schrie protestierend auf, als der Kristall in tausend Stücke sprang und in all seinen Farben aufblitzte.
»Fürchte, dich nicht«, sagte sie. »Der Zirkel ist ungebrochen. Dies ist nur der nächste Schritt.«
Mit flinken Bewegungen durchsuchte sie die Scherben nach dem perfekten Stück. Als sie es gefunden hatte, schob sie es beiseite, dann drehte sie sich wieder zu Asher um.
»Entblöße deine Brust, Kind«, befahl sie. »Auf der linken Seite. Über deinem Herzen.« Er starrte sie an. »Was?«
»Du hast gesagt, dass du mir vertraust, Asher. Ich schwöre, ich werde dir kein Leid antun.« Dann verzog sie das Gesicht. »Nun. Jedenfalls kein großes Leid und keines, das von Dauer wäre.«
Er wollte ihre Bitte ablehnen, das konnte sie in seinen Augen sehen. Aber die Erinnerung an den Zirkel stimmte ihn um. Stirnrunzelnd zog er sein Hemd auf. Als sie das Messer hob, zog er die Brauen noch fester zusammen. Im Licht der Lampe ging ein boshaftes Glitzern von der scharfen Klinge aus.
Er sog tief die Luft ein. »Veira…«
Sie stieß ohne Barmherzigkeit zu und schlitzte ihm den dicken Muskel direkt überm Herzen auf. Nachdem sie einen langen Schnitt gemacht hatte, ließ sie das Messer fallen, stieß einen Finger in die Wunde, riss die langen Fasern des Muskels auseinander und schuf ein Loch. Das Blut machte ihre Finger schlüpfrig. Sein rauer Atem strich heiß über ihr Gesicht. Sie griff nach dem Kristallsplitter, drückte ihn in die Wunde und presste ihn tief in das Gewebe hinein. Er keuchte jetzt, ächzte vor Schmerz. Vor Entrüstung und Schreck.
Sie beugte sich zu ihm vor, legte die Stirn auf seine, umfasste mit der linken Hand seinen Nacken und presste ihre blutigen Finger auf seine Brust. »Atme mit mir… atme mit mir«, flüsterte sie. »Komm, Kind, es ist fast vorüber. Und was ist Schmerz anderes als ein bloßes Gefühl?«
Verborgene Worte stiegen tumultartig in ihr auf. Worte, die sie vor langen Jahren empfangen hatte, von denen sie aber nie gedacht hatte, dass sie sie aussprechen würde. Sein verwundetes Fleisch wurde erwärmt. Geformt. Dann wurde es kühl. Sie ließ die Hände sinken, setzte sich wieder auf und lächelte ihn an. »Es ist getan. Und gut getan. Braver Junge.«
»Du verdammte, verrückte alte Frau!«, schrie er und rappelte sich hoch. »Was fällt dir ein? Mich zu tranchieren wie einen Braten am Barlstag? Was für ein Irrsinn ist das?«
Müde bis auf die Knochen und leer betrachtete sie das Fleisch seines Oberkörpers. Es war keine Wunde mehr zu sehen. Nicht einmal eine Narbe. Nur eine schwache Unregelmäßigkeit, wo der Kristallsplitter verborgen war. »Du bist jetzt eins mit dem Zirkel, Kind«, erklärte sie. »Sie sind ein Teil von dir und können nicht wieder entfernt werden. Wenn die Zeit kommt und die Macht für dich gerufen wird, wirst du sie in deinen Fingerspitzen haben. In deinem Blut und deinen Knochen.«
Diese Fingerspitzen kratzten an seiner Brust. »Was? Wovon redest du?« »Beruhige deinen Geist«, riet sie ihm. »Lass dich tief in dich selbst hineinsinken. Kannst du sie spüren, Asher? All unsere braven Freunde des Zirkels? Kannst du ihre wartenden Herzschläge hören?«
Erschrocken starrte er sie an. Dann schloss er die Augen und zuckte zusammen, als habe er sich an einer Nadel gestochen. »Verflucht will ich sein!« Sie kicherte. »Was ich dir in der vergangenen Nacht über unsere Magie erzählt habe, Asher, ist nur der Anfang. Es gibt noch mehr zu lernen und vieles, was du mich lehren könntest, wenn wir die Zeit dazu hätten. Du hast Magie in dir, von der ich zweifle, dass ich sie jemals verstehen werde. Aber so wollte die Prophezeiung es haben, und wer bin ich, die Prophezeiung infrage zu stellen? Schau einmal in die oberste Schublade meiner Ankleidekommode, ja? Dort solltest du einen blauen Filzbeutel finden.«
Verwirrt folgte er ihrer Bitte, fand den Beutel, den sie ihm beschrieben hatte, und warf ihn ihr zu. Sie sammelte die anderen Scherben des zerschmetterten Kristalls ein und schob sie in den Beutel.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte er und rieb sich noch immer diese Stelle an seiner Brust, obwohl sie wusste, dass er dort keine Schmerzen mehr
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