Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
König 01 - Königsmörder

König 01 - Königsmörder

Titel: König 01 - Königsmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
Vom Netzwerk:
die Bäume auf den Gipfeln in Brand.
    Dann schrien Asher und Matt gleichzeitig auf, als die letzten widerspenstigen Stränge von Barls großer Mauer barsten. Ein krachender Donnerschlag von ungeheurer Energie machte aus den bereits erschütterten Gebäuden Ruinen. Presste Fleisch gegen brüchige Knochen. Unter den Pflastersteinen der Stadt wogte die Erde in einem letzten Kraftakt empor. Die Menschen riefen durchei nander, und all die vernünftigen Leute, die in der Kapelle Zuflucht gesucht hatten, kamen wieder herausgelaufen, um selbst zu sehen, was geschehen war. Holze folgte ihnen mit fliegendem Zopf, blieb dann auf der obersten Treppenstufe seiner kostbaren Kapelle stehen und rief sie schwach zurück. Der Wind schwieg plötzlich. Kein Regen mehr. Kein Schnee. Kein peitschender Hagel. Mit weit aufgerissenen Augen rappelten Orrick und die anderen sich hoch. Der Hauptmann der Wache schaute sich um und versuchte festzustellen, welchen neuerlichen Schaden seine arme, sterbende Stadt erlitten hatte. Ob jemand getötet worden war. Sein Herz setzte einen Schlag aus. Ungeachtet des Schmerzes riss er seinen verletzten Arm hoch und schrie: »Seht!
Seht!«
Der Zauberer Morg näherte sich.
    Er schwebte auf Luft, auf unsichtbarer Macht, hoch über der in Trümmern liegenden Stadt und dem von Menschen überfüllten Marktplatz.
    »Barl, meine Geliebte! Deine Mauer ist gefallen, und ich bin hier!« Eine Stimme drang zu ihm herauf. »Conroyd! Falls Ihr wirklich Conroyd seid! Im Namen Barls und aller heiligen Dinge, ich befehle Euch, jetzt zu gehen!« Ah, Holze. Der barltriefende, murrende, knurrende Holze. Er schwebte zu der Kapelle hinüber, der letzten Zuflucht Toter, wo der zitternde alte Narr auf den Stufen stand und ihm bis zum letzten Augenblick trotzte.
    »Es gibt keinen Conroyd«, sagte er und blickte lächelnd auf ihn hinab. »Conroyd ist tot.«
    »Ich glaube Euch nicht!«, rief Holze mit bebender Stimme. »Gebt ihn uns zurück, wer immer Ihr seid, und verlasst unsere Stadt!«
    Immer noch lächelnd, beugte Morg sich vor und berührte Efrims Wange. Runzeliges Fleisch wurde versengt, schmolz. »Efrim, Efrim. Erinnert Euch an Eure Schriften. Ihr wisst, wer ich bin.«
    Während der Geistliche kreischend zurückwich, drehte Morg sich in der Luft und blickte zu den bezwungenen Bergen hinüber. Schaudernd vor Wonne und erfüllt von einem gierigen Hunger öffnete er seinen Geist und beschwor seine Macht herauf,
all
seine Macht, auch den Teil seiner selbst, den er zurückgelassen hatte, der ihm jenseits von Barls Mauer allzu lange verwehrt geblieben war. Er beschwor seinen glorreichen Sieg herauf und empfing –
nichts.
    Der Schock war so groß, dass er wie ein Stein herabfiel und inmitten einer Viehherde landete. Bevor die Tiere ihn zertrampeln konnten, verwandelte er sie mit Feuer und Hass in Asche, bevor er wieder emporstieg. Das Grauen war ein lebendes Geschöpf, das ihn beinahe mit Blindheit schlug.
    Nichts? Nichts?
Wie konnte es
nichts
sein? Er war Morg, der mächtigste Magier und unsterblich! Er war ein
Berg
von Macht, ein
Ozean
von Macht, ein
Himmel
von Macht!
    Er öffnete seinen Geist ein zweites Mal, reckte sich über die Grenzen von Fleisch und Blut, über die Grenzen dieses geborgten Leibs, dem er entwachsen war. Er berührte sein abgespaltenes Ich. Spürte, wie es zitterte, so wie er selbst zitterte. Spürte, dass es voller Sehnsucht war, so wie er voller Sehnsucht war, wieder ganz zu sein.
    Und dann prallte es zurück. Wies ihn ab. Er spürte Abscheu, Ablehnung, eine absolute Zurückweisung seines Geistes und seiner Herrschaft – als sei er ein Fremder, als sei dies keine Heimkehr.
    Tief in seinem Innern begann Conroyd zu lachen.
    Morg, Morg, was hast du dir gedacht? Dass ich, Conroyd Jarralt, mich einfach niederlegen und sterben würde? Wie konntest du mich verschlingen, ohne etwas von mir anzunehmen? Du kommst zu spät, Cousin, und du warst zu lange verändert. Dein Geist und meiner sind eins. Unser Fleisch ist eins. Ich bin du, und du bist ich, und es gibt kein Zurück. Die Mauer ist gefallen, und du bist immer noch ein Gefangener.
Taub und blind hing Morg in der Luft. Ein Gefangener? Ein
Gefangener?
Er öffnete den Mund und brüllte.
    Asher, der vergessen hatte, dass er sie hasste, griff nach Dathnes Hand und rannte los in dem festen Vertrauen, dass die anderen ihnen folgen würden. Während Morg hilflos über ihnen baumelte und heulte wie eine gequälte Kreatur, lief er auf die nächste sichere Zuflucht zu: das

Weitere Kostenlose Bücher