König 01 - Königsmörder
dem sein magisches Geburtsrecht gerade erst zuteil geworden war. Und er war allein, ohne eine ältere, erfahrenere Stimme, die ihn leitete, wenn er in Zweifel geriet, die ihn stützte, wenn er stolperte. Die ihn rettete, wenn er versagte.
Plötzlich war ihm wieder übel. »Vielleicht hat Jarralt Recht. Durm sollte hier sein. Wie soll ich Euch helfen, wenn etwas schief…«
Gars Gesicht verkrampfte sich vor Ungeduld. »Wie oft muss ich es noch sagen? Es wird nichts schiefgehen! Dies ist mein
Schicksal,
Asher. Wie kann ich zum Untergang verurteilt sein, wenn Barl selbst mich auf ihren Thron gesetzt hat?« »Ich weiß es nicht«, sagte Asher unglücklich. »Aber es gibt mehr als einen Fischer, der unter klarem Himmel ausgelaufen ist und nie mehr nach Hause kam. Manchmal brechen Stürme ohne Vorwarnung los, Gar.«
»Westjammer war ein Unfall«, erwiderte Gar schroff. »Das unglückselige Ergebnis von Krankheit. Es ist mir bestimmt, hier zu sein. Es wird nichts schiefgehen.«
Asher schob die Hände in seine Manteltaschen. »Warum konntet Ihr die Pferde nicht aufhalten?«
»Was?«
»Es waren fünf Magier in dieser Kutsche, Gar. Ihr versucht mir zu erzählen, dass nicht einer von Euch hätte Magie benutzen können, um zu verhindern, dass die Pferde über den Rand von Salberts Horst galoppierten?«
Gar starrte ihn an. »Die Kunst – wenn du es so nennen möchtest – der magischen Beeinflussung eines anderen lebenden Wesens ist uns schon lange verloren gegangen. Barl hat sie verboten, und das mit gutem Grund. Kannst du dir vorstellen, was geschehen könnte, wenn ein Magier in den Geist eines anderen kriechen und ihm ungehindert seinen Willen aufzwingen könnte?« Asher wandte sich ab. Er konnte es sich vorstellen, jawohl, und er wünschte, verdammt noch mal, er hätte es nicht gekonnt.
Gars Stimme verfolgte ihn. »Was versuchst du wirklich zu sagen? Ich dachte, der Unfall läge hinter uns. Ich dachte, wir hätten Unsicherheit und Argwohn hinter uns gelassen. Habe ich mich geirrt? Hast du immer noch Zweifel? Zweifelst du an
mir?«
»Nein!«,
rief Asher und drehte sich wieder um. »Aber es geht alles so schnell! Gestern Abend um diese Zeit standen wir am Rand von Salberts Horst. Ich war gerade wieder nach oben geklettert, nachdem ich Eure arme, tote Familie dort hatte liegen sehen, und Ihr habt der Welt erzählt, es sei Conroyd Jarralt gewesen, der sie getötet hat. Einen Tag später ist man zu dem endgültigen Schluss ge– kommen, das Geschehene sei ein Unfall gewesen, Ihr wurdet zum König ausgerufen, und hier stehen wir jetzt an dem geheimsten, heiligsten Ort im Königreich, und Ihr seid bereit, es regnen zu lassen, und ich bin bereit, Euch zu retten, wenn das Ganze gehörig schiefgeht! Mir ist schwindelig, Gar! Ich möchte einfach nur
aufhören,
nur für eine Minute, damit ich meine Orientierung wieder– finde! Verflixt, ich bin ein
Fischer!
Ich bin niemals
dafür
nach Dorana gekommen!« »Und ich habe nie erwartet, König zu sein. Barl sei mir gnädig!
Glaubst du nicht, ich würde jeden letzten Rest Magie, der in mir ist, opfern, wenn ich die Zeit zurückdrehen und sie retten könnte? Denkst du, ich hätte das
gewollt?«
»Natürlich denke ich das nicht, verdammt! Niemand, der noch recht bei Verstand ist, würde das wollen.«
»Aber ich habe die Magie«, erwiderte Gar grimmig. »Ob ich sie will oder nicht, sie gehört mir.«
»Aber nicht mir«, erwiderte er und schlug sich auf die Brust. »Ich bin ein Olk, Eure Magie hat nichts mit mir zu tun. Und wenn hier alles aus dem Ruder läuft, möchte ich nicht derjenige sein, der zurückbleibt, um zu erklären, warum Ihr mausetot in der Wetterkammer liegt!«
Gar antwortete nicht. Er ließ einige Sekunden verstreichen, dann schnippte er mit dem Finger, und die Kammertür schwang auf. »Natürlich. Ich hätte es wissen sollen. Es tut mir leid.«
Asher, der Streit oder Tadel erwartet hatte, blinzelte. »Gar…«
»Nein. Es ist schon gut. Nur Narren haben niemals Angst.« Ein trostloses Lächeln. »Ich habe im Augenblick solche Angst, dass ich mich übergeben könnte. Aber das ist nicht deine Sorge. Du hast Recht. Diese Wetterkammer ist kein Platz für einen Olken.«
Hin– und hergerissen zwischen Erleichterung und schlechtem Gewissen, schob er die Hände wieder in die Taschen. »Hört zu, Gar, Ihr müsst jetzt vorsichtig sein. Jarralt könnte meine Anwesenheit hier als eine Möglichkeit nutzen, Euch einen Strick zu drehen.«
Mit einem Aufflackern unvertrauter
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