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König 01 - Königsmörder

König 01 - Königsmörder

Titel: König 01 - Königsmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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auf dem Platz läutete die große Barlsuhr der Stadt Mitternacht. Ihr Läuten verkündete das Ende der Nacht… den Beginn des Tages.
    Es war alles sehr
symbolisch.
    Ein gewaltiger Seufzer ging durch die Reihen der versammelten Zeugen: Gildemeister und Meisterinnen, Hauptmann Orrick, die adeligen Mitglieder des Großrats, Bürgermeister und Bürgermeisterinnen aus den größeren Städten des Königreichs, auserwählte Angestellte des königlichen Haushalts. Dathne sah die tiefe Erleichterung auf ihren Gesichtern.
Gelobt sei Barl, gelobt sei Barl, jetzt kann wieder Normalität einkehren…
    Sie empfand ungeheures Mitgefühl.
    Barlsmann Holze begann über dem Kopf des noch immer knienden Gar den traditionellen Wettermachersegen zu sprechen. Als Dathne zur Seite schaute, sah sie, wie Darran, der liebe alte Umstandskrämer, sich verstohlen eine Träne von der Wange wischte. Er mochte ein Pedant sein, was das Protokoll betraf, und es war unvermeidlich, dass jemand wie Asher ihn in Wut brachte, aber er war trotzdem ein guter Mann.
    Anders als Willer.
    Der hockte einige Plätze von ihnen entfernt wie ein mürrischer Pfau in seinem Feststaat da und schmollte noch immer vor sich hin, die abstoßende kleine Zecke. Alles, was Asher je über ihn gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Dass er tatsächlich glauben konnte, man würde ihn zum Tribun für Olkische Angelegenheiten oder auch nur zum Vizetribun ernennen! War der Mann ebenso verrückt, wie er widerwärtig war? Und die Art, wie er sich aufgeführt hatte, seit ihr das Amt übertragen worden war. Gehässig. Höhnisch. Alles andere als hilfsbereit. Er würde seinen Groll bald überwinden müssen, oder Asher würde ihn entlassen, ganz gleich, wie viele Entschuldigungen Darran noch für ihn finden mochte.
    Da sie seinen Anblick kaum ertragen konnte, schaute sie in eine andere Richtung. Darran war nicht der Einzige, der zu Tränen gerührt war: Diener des königlichen Haushalts, die ihren neuen König als Säugling in der Wiege gekannt hatten, als Kleinkind, das durch die Flure des Palastes gelaufen war und Unfug gemacht hatte wie jedes andere Kind; Abgesandte der Gilden, die ihn im vergangenen Jahr gut kennengelernt hatten und es vielleicht bedauerten, ihn an die Magie verloren zu haben; adelige Doranen, die diese spät erblühte Macht und die durch sie getöteten Träume möglicherweise beklagten – oder sich stattdessen vielleicht Tagträumen über die Chancen einer heiratsfähigen Tochter hingaben, zur Köni– gin gekrönt zu werden. Sie alle hatten Tränen auf den Wangen.
    So viele Gesichter. So viele verborgene Gedanken. So viele Leben, die aus allen Fugen gehen würden, sobald die Prophezeiung sich erfüllte.
    Ihre grimmigen Überlegungen fanden ein Ende, als Holze sich vorbeugte und Gar auf die Füße zog. Den neuen König zu seinen schweigenden Untertanen umdrehte, seine Arme hob und rief: »Sehet ein Wunder! Sehet Euren tugendhaften König durch Barls große Gnade, Gar den Ersten, Wettermacher von Lur!«
    Jetzt erhoben sich die versammelten Zeugen und jubelten. Nun… die meisten jubelten. Dathne rappelte sich hoch, um es ihnen gleichzutun.
    Asher, der wie alle anderen laut Beifall klatschte, beugte sich vor. »Barl steh mir bei«, sagte er, während der beinahe zu Tränen gerührte König Gar vor ihnen stand und den verzückten Applaus entgegennahm.
»Jetzt
wird das Leben interessant werden!«
    Die ungepflegten, abstoßenden Männer und Frauen in der Grünen Gans lärmten und zechten und kippten ihr Bier über die Köpfe ihrer kreischenden Nachbarn, dann lachten sie, als hätten sie gerade etwas unglaublich Raffiniertes und atemberaubend Komisches getan.
    Komisch?
Willer zog sich tiefer in seine dunkle Ecke zurück, drückte sich seinen vierten Humpen Bier an die Brust und grinste höhnisch. Es war nicht im Mindesten komisch. Es war unreif. Sie benahmen sich wie Kinder. Nein, schlimmer noch, sie benahmen sich wie Säuglinge. Ja. Ihr Verhalten war kindisch und… und… peinlich. Diese ungehobelten Tölpel waren Dienstboten des kö– niglichen Haushalts. Seine Kollegen. Im weitesten Sinne. Im aller–weitesten Sinne. Sie waren angeblich das Beste, was die olkische Gesellschaft Lurs zu bieten hatte. Und doch führten sie sich hier auf wie ungebildete Bauernknechte bei einem Scheunentanz, betranken sich, sangen mit unmelodischer Stimme zotige Lieder und machten sich ganz allgemein zum Narren.
    Morg sollte sie alle verfluchen, war dies eine Art, die Krönung eines

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