König 01 - Königsmörder
jemals erführe, wie schwer es ihm fällt, die Wettermagie zu beherrschen. Und er würde es tatsächlich tun. Jarralt wäre eine Spaltung vollkommen gleichgültig, wenn sie bedeutete, dass er die Krone anschließend auf seinen eigenen Kopf stülpen könnte.« »Aber wenn Gar nicht stark genug ist…«
Er zuckte zurück. »Das wissen wir nicht! Sieh dir nur an, was ihm während der letzten zwei Monate widerfahren ist! Zuerst bekommt er seine Magie, dann wird er aus einer außer Kontrolle geratenen Kutsche geschleudert und beinahe getötet. Und obendrein hat er seine Familie verloren. Es gibt keinen Wettermacher in der ganzen Geschichte Lurs, der auf solche Weise auf den Thron gelangt wäre. Es ist ein verdammtes Wunder, dass er überhaupt damit fertig wird.«
Als sein Ärger verrauchte, sackte er wieder in sich zusammen. Ungeheißen wanderte ihre Hand zu seinem Nacken hinauf; er stieß einen tiefen, wohligen Seufzer aus und schloss die Augen. Sie ließ ihre Hand, wo sie war, und dachte angestrengt nach.
Eine weitere Spaltung. Das würde gewiss die Letzten Tage einläuten, die die Prophezeiung voraussagte. Tatsächlich hatte der Zirkel zu Trevoyles Zeiten für eine Weile geglaubt, dass
sie
diejenigen seien, die das Feuer überstehen mussten. Der Gedanke ergab durchaus Sinn. Er fügte sich allzu nahtlos in ihre Visionen über Tod und Zerstörung. Ein Kampf zwischen Magiern um die Krone und die Herrschaft über Barls Mauer würde das magische Gleichgewicht des Königreichs nur allzu bald aus den Fugen bringen. Und Asher würde mittendrin sein und an Gars rechter Seite stehen, während dieser darum kämpfte, König zu bleiben. Ja. Es ergab auf schreckliche Weise Sinn.
Was sie nicht sehen konnte, war eins: wie sollte Asher dies alles verhindern? Nicht mit olkischer Magie, die sanft und unterschwellig wirkte, die lockte und schmeichelte. Nicht zu einer Zeit, da er nicht einmal wusste, dass er diese Magie in sich trug.
Die Unwissenheit brachte sie um.
Wie wäre es mit einem kleinen Fingerzeig, Jervale,
betete sie lautlos.
Nur ein winzig kleiner Hinweis…
Sie erhielt keine Antwort und hatte auch keine erwartet. Sie würde die Wahrheit über die Dinge auf anderem Weg in Erfahrung bringen müssen. Da Gar im Herzen des Rätsels zu stehen schien und Asher Gar so nah war, würde sie Asher also noch näher kommen müssen. Im Namen der Pflicht. Im Dienste der Prophezeiung.
Ja, ja,
antwortete sie der kritischen Stimme in ihrem Innern.
Und weil ich es will.
Asher richtete sich auf. »Ich sollte gehen«, murmelte er.
»Warum? Will Gar heute Nacht noch Wetter machen?«
»Nein. Aber er war fest entschlossen, heute die Bildnisse seiner Familie fertig zu stellen. Es wird hart für ihn sein. Ich sollte…«
»Lass ihn in Ruhe«, riet sie ihm. »Lass ihn ohne Publikum trauern.« Er drückte sich die Finger auf die Augen. »Ja… vielleicht… aber du willst mich nicht den ganzen Abend in deinem Wohnzimmer sitzen haben. Ich werde…« Sie ließ die Hand beinahe liebkosend von seinem Nacken zu seiner Schulter hinabwandern. »Habe ich das gesagt?«
Seine wettergegerbte Haut färbte sich dunkelrot, und in seinem Gesicht sah sie das Reifen und Wachsen all der Gefühle, die sie an jenem Abend draußen vor der Gans gesehen hatte, als er sie gebeten hatte, mit ihm zusammen Dorana zu verlassen und nach Restharven zu gehen. Unsicher sagte er: »Ich dachte…« »Du musst lockerer werden, Asher. Ob es dir gefällt oder nicht, du bist kein Fischer mehr. Du bist ein Mann mit Macht und Verantwortung. Jemand, der Probleme löst, selbst wenn es um unmögliche Dinge geht wie den Mangel an Pisse. Gar ist nicht der Einzige, der einen Freund braucht, der auf ihn Acht gibt. Bleib hier. Ruh dich aus. Vergiss Gars Probleme und die Halle der Gerechtigkeit und all die anderen Sorgen, die dich niederdrücken. Bleib hier. Mir ist deine Gesellschaft willkommen.«
Sie beobachtete, wie Hoffnung in seinen Augen aufflackerte. Nahm Schuldgefühle wahr und ein Aufflackern ihrer eigenen Hoffnung und unterdrückte energisch beide Regungen. Seine Züge verloren ein wenig von ihrer Anspannung. Er lächelte, und ihr Herz krampfte sich zusammen. »Also gut«, sagte er. »Ich bleibe. Aber nur für eine Stunde.«
Am Ende blieb er zwei Stunden, und als er aufbrach, war seine Stimmung viel besser als bei seiner Ankunft. Er hatte sie nicht verjagt. Wenn überhaupt, schien sie ihm näher zu sein als je zuvor. Als hätte sich irgendetwas in ihr den Gefühlen ergeben, die zu
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