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König 02 - Königsmacher

König 02 - Königsmacher

Titel: König 02 - Königsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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verursachte Dathne hämmernde Kopfschmerzen. Diese Menschen wollten so tun, als sei nichts von alledem je geschehen. Sie hatte einen säuerlichen Geschmack im Mund, den Geschmack des Abscheus, und ihre Eingeweide waren vollkommen verkrampft. Als hätte sie nicht schon ihre eigenen Ängste. Als säße sie nicht auf glühenden Kohlen und wartete. Grübelte. Fürchtete sich. Wann immer die Ladentür geöffnet wurde, blickte sie in der Erwartung auf, einen Mann der Stadtwache zu sehen, in dessen Zügen ihr eigener Tod geschrieben stand.
    Als die Tür tatsächlich weit aufschwang und die kleine Warnglocke klimperte und klirrte, kratzte das Geräusch auf ihren blankliegenden Nerven wie Fingernägel auf einer Schiefertafel. Sie schluckte einen Schrei herunter, verzerrte die Lippen zu einem Lächeln und sah auf.
    Asher. Elegant in einem prächtigen Wams und Hemd und Hosen, die beide brandneu waren, obwohl sie bei näherem Hinschauen ein wenig zerknittert wirkten. Etwas Schreckliches lag in seinen Augen. Sie kam hinter der Ladentheke vor und streckte eine Hand nach ihm aus. »Was ist los? Was ist passiert?«
    Er sah sie an, und ihr Herz zog sich zusammen. »Es ist vorbei.« In seiner Stimme lag ein Unterton von Wildheit. »Er ist tot.«
    Es war wie ein Faustschlag in den Magen, brutal und unerwartet. »Spake?« Ohne auf ihre ausgestreckten Finger zu achten, begann er, im Raum auf und ab zu gehen, die Hände tief in den Taschen seiner Reithosen vergraben, so tief, dass man um ihre Form bangen musste. »Er hat gestanden. Der König hat ihm auf der Stelle den Kopf abschlagen lassen.«
    Sie musste sich setzen. Nachdem sie sich hinter die Ladentheke zurückgetastet hatte, ließ sie sich auf den Ladenhocker fallen und versuchte, sich zu fassen. »Oh.«
    Hilflos starrte Asher die Bücherregale an, ohne irgendetwas anderes zu sehen, und schüttelte den Kopf. »Da war so viel Blut. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hab den größten Teil meines Lebens Fische geköpft und ihnen obendrein die Gedärme rausgerissen, aber sie haben kaum geblutet. Ich weiß nicht, warum.« Er schauderte. »Spake hat geblutet. Sein Blut war überall. Auf dem Boden und sogar oben an der Wand. Es war eine entsetzliche Schweinerei.« Stirnrunzelnd schüttelte er abermals den Kopf. »Und dabei war er nicht einmal ein großer Kerl. Eigentlich eher ein dürrer, kleiner Zwerg. Es war kaum recht, ihn einen Mann zu nennen, obwohl er sechzehn war und vor dem Gesetz erwachsen.«
    Ihr fiel wieder ein, dass sie atmen musste. Timon Spake war tot, und der Zirkel lebte. »Ich weiß.«
    Ashers düstere Miene wurde weicher, und Mitleid trat in seine Züge. »Törichter Bastard. Was musste er überhaupt mit Magie herumpfuschen? So ein dummer, dummer Bastard.«
    Ein wenig Farbe kehrte in sein Gesicht zurück. Dathne ging auf ihn zu und griff nach seiner Hand. Sie war so kalt wie Eis. »Erzähl mir, was geschehen ist«, drängte sie ihn sanft, während sie ihn zu dem kleinen Sofa am Fenster zog, auf dem die Kunden gern saßen, in den Büchern stöberten und plauderten. »Erzähl mir
alles.«
    Als er fertig war, flößte sie ihm ein Glas Branntwein ein. Dann trank sie selbst ein Glas. Schließlich sagte er geistesabwesend: »Ich habe dich nie gefragt, was du denkst.«
    »Was ich worüber denke?«
    Er machte eine knappe Handbewegung. »Spake.«
    »Es spielt keine Rolle, was ich denke«, erwiderte sie, während sie den Korken wieder in die Branntweinflasche drückte. »Er ist tot. Es ist vorüber. Das Leben geht weiter.«
    Asher blickte grübelnd in sein leeres Glas. »Verdammter Gar. Das hätte ich nicht mit anzusehen brauchen. Bastard. Ich schätze, ich hätte gute Lust…« Dathne erstarrte. »Das kannst du nicht tun«, sagte sie und riss ihm das Glas aus der Hand. »Du musst bleiben. Wir Olken brauchen dich jetzt mehr denn je hier und in der Nähe des Prinzen. Du darfst nicht gehen, Asher.«
    Er sah sie an, und seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. »Ich weiß. Ich brauche das Geld, nicht wahr?« Er stand auf. »Danke, dass du mir zugehört hast, Dathne. Das habe ich gebraucht.«
    »Du brichst auf?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich schätze, ich muss noch eine Weile laufen. Ich muss sehen, ob ich das, was geschehen ist, noch etwas weiter hinter mir lassen kann.«
    Er beugte sich vor, um sie auf die Wange zu küssen.
    Sie ließ es geschehen. »Wenn du das Bedürfnis hast, noch weiter darüber zu reden, weißt du ja, wo du mich findest.«
    »Ja«, sagte er.

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