König 02 - Königsmacher
Entschädigung für das begangene Verbrechen verlieren werdet. Hauptmann Orrick?«
Während Timon Spake mit leerem Blick zu Boden starrte und Hervy Wyntons raues Schluchzen das Schweigen durchbrach, erhob Orrick sich von seinem Stuhl und verneigte sich. »Eure Majestät?«
»Habt Ihr einen Henker mitgebracht?«
Orrick nickte. »Ja, Eure Majestät.«
»Ist seine Axt scharf?«
»Scharf und zu Diensten, Eure Majestät.«
»Sehr Ihr irgendein Hindernis, das der unmittelbaren Vollstreckung dieses Urteils im Wege steht?«
Jetzt runzelte Orrick die Stirn, und ein Anflug von Besorgnis lag auf seinen Zügen. »Nein, Eure Majestät. Es ist alles bereit.«
Borne schlang die Finger auf dem Schoß ineinander. Seine Lider waren halb gesenkt, und sein Gesicht war unberührt von jedweden menschlichen Gefühlen. »Dann lasst es geschehen, und lasst es schnell geschehen.«
Orrick zögerte. »Ihr meint, jetzt, Eure Majestät? Hier?«
Der König betrachtete ihn. »Dem Königreich ist durch ein öffentliches Spektakel nicht gedient, Hauptmann. Oder durch nicht zu rechtfertigenden Aufschub.«
»Natürlich nicht, Eure Majestät.« Orrick verneigte sich abermals. »Wenn Eure Majestät und der Kronrat sich jetzt in meine Amtsstube zurückziehen möchten, dann…«
»Zurückziehen?«, fragte Borne. »Aus welchem Grund? Der Gerechtigkeit muss nicht nur Genüge getan werden, Hauptmann. Es muss bezeugt werden, dass ihr Genüge getan wird.«
»Eure Majestät, ich werde hier sein. Die Wachen werden hier sein. Gerechtigkeit…«
»Verlangt, dass jene, die das Urteil sprechen, das Urteil auch bezeugen«, sagte Borne. »Und wenn es die Gerechtigkeit nicht verlangte, verlangte es doch das Gewissen. Keine weiteren Diskussionen mehr, Hauptmann. Fahrt fort.«
Orrick nickte. »Ja, Eure Majestät. Es wird eine kurze Verzögerung geben. Gewisse Gegenstände, die…«
»Kümmert Euch darum. Schnell.«
Orrick drehte sich um und gab dem Wachmann an der Tür des Gefangeneneingangs mit befehlsgewohnter Geste ein Zeichen. Der Mann nickte, öffnete die Tür und verschwand dahinter. Der Bürgermeister verdeckte das Gesicht mit den Händen und wandte sich von Timon ab, der reglos und wie in Trance auf dem Boden kniete. Ungeachtet jeder Gefahr für sich selbst schrie Hervy Wynton abermals auf und stürzte durch den Raum. Schließlich landete er auf Händen und Knien zu Füßen des Königs.
»Lasst Gnade walten, Eure Majestät!«, flehte er mit von Tränen rauer Stimme. »Gebt mir eine Stunde allein mit dem Jungen, gebt ihm noch eine weitere Nacht, lasst ihn zumindest noch einen Sonnenaufgang sehen, oh, bitte,
bitte,
Eure Majestät…«
Zum ersten Mal ergriff nun Durm das Wort. »Zu welchem Zweck, Wynton?« Er stieg von der Plattform und zog den Mann auf die Füße, weg vom König. »Was kann Timon Spake in der Zeit bis zu einem weiteren Sonnenaufgang tun, das auch nur den geringsten Unterschied machen würde?«
Wyntons Gesicht war gefurcht von Trauer. »Aber… aber…«
»Es ist schon gut, Hervy«, sagte Timon. »Sorge dich nicht. Dies ist mein Werk, nicht deins. Aber wärest du so freundlich, meinem Vater eine Nachricht von mir zu überbringen?«
Während Durm auf die Plattform zurückkehrte, machte Wynton taumelnd zwei Schritte auf den Sohn seines Freundes zu, blieb jedoch stehen, als die Wachposten warnend die Hände hoben. »Welche Nachricht?«, fragte er gebrochen. »Ich schwöre, ich werde sie ihm überbringen.«
Jetzt waren Tränen auf Timon Spakes weißen Wangen, und seine Lippen zitterten. »Sag Papa, dass er Recht hatte. Sag ihm, dass es mir leidtut. Sag ihm, dass ich am Ende, als es drauf ankam, das Richtige getan habe.«
»Ich werde es ihm sagen«, flüsterte Wynton. »Mein lieber Junge, ich werde es ihm sagen.«
»Hervy Wynton«, begann Borne zu sprechen und winkte den Mann dann mit dem Zeigefinger heran. »Es ist nicht notwendig, dass Ihr hierbleibt und das Weitere mit anseht. Wenn Ihr draußen warten wollt…«
Wynton schüttelte den Kopf. »Nein, nein, Eure Majestät, ich werde bleiben. Das bin ich seinem Vater schuldig, nachdem ich in allem anderen schon gescheitert bin.«
Einen Moment lang dachte Asher, der König werde Hervy Wynton berühren. Eine Hand auf seinen Arm legen. Ihm auf die Schulter klopfen oder für einen Moment sein mageres Handgelenk ergreifen. Der Impuls dazu war in Bornes kaltem Gesicht zu erkennen, Asher konnte es sehen, den Wunsch dazu, das Bedürfnis. Dann war der Moment vorüber. »Ihr habt ihn nicht
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