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König 02 - Königsmacher

König 02 - Königsmacher

Titel: König 02 - Königsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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nächsten Moment schrie er vor Angst, als das bebende Boot sich in die andere Richtung neigte und er wieder zurückgeworfen wurde. Nur mit knapper Not gelang es ihm zu verhindern, im Frachtraum zu landen. Die anderen Männer schrien ebenfalls, er konnte sie im wilden Toben des Sturms gerade noch hören.
    Etwas Feuchtes, Warmes rann ihm übers Gesicht; er strich sich über die Wangen, in der Erwartung, es sei Regen, doch seine Finger waren rot. Er blutete. »Gar!«
    Benommen und verwirrt drehte er sich in die Richtung, aus der Ashers beruhigende Stimme kam. Der Schmerz pulsierte im Rhythmus seines hämmernden Herzens durch den Körper.
    »Bleibt unten!«, brüllte Asher, während er um sich trat, um sich aus einem verhedderten Netz zu befreien. Blut tropfte ihm vom Kinn. »Wenn Ihr liegen bleibt, seid Ihr sicherer!«
    Diese Worte brachten ihn zum Lachen. Sicherer? Es gab keinen sicheren Ort mehr. Wie um dies zu beweisen, drosch eine riesige Welle wie eine Faust gegen das Fischerboot und drehte es halb um, sodass er die Arme um den nächstbesten festen Gegenstand schlingen musste, um sich festzuklammern. Irgendjemand stolperte aufheulend an ihm vorbei und stürzte mit dem Kopf voraus in den mit Fischen beladenen Bauch des Bootes.
    Mit einem peitschenden Knall riss sich das Segel los, und der Baum begann wild hin und her zu schwingen. Das Boot wurde hochgerissen und stürzte unmittelbar danach in ein Wellental. Gar, der wie durchweichtes Feuerholz durch die Luft geworfen wurde, kam mit einem Purzelbaum auf die Füße und versuchte schwankend, sich zu orientieren. Irgendjemand schrie:
»Vorsicht!«,
und er drehte sich um, doch zu spät. Der herumschwenkende Baum traf ihn mit einem dumpfen Aufprall mitten auf der Brust, nahm ihm den Atem und schleuderte ihn achtlos in die Luft. Er wurde über Bord geschleudert und in das ungebärdige Meer.
    Eisige Kälte schloss sich über seinem Kopf. Salzwasser drang ihm in Mund und Nase, brannte in seinen Augen. Taub, benommen und blind wurde er durchs Wasser gewirbelt, ohne zu wissen, wo oben oder unten, vorn oder hinten war. Einen Herzschlag lang kämpfte er und noch einen und noch einen. In seinem Kopf war ein Tosen, das von dem Sturm rühren konnte oder von all seinen erstickten Protestschreien, die er ohne Luft nicht herausbrüllen konnte. Ich ertrinke, dachte er und konnte nur ein mildes Bedauern verspüren. Ich frage mich, ob Fane bei meiner Beerdigung weinen wird. Ich frage mich, ob sie sich überhaupt die Mühe machen wird zu kommen. Dann hörte er auf zu kämpfen. Hörte auf zu denken, weil es einfach zu schwer war. Stattdessen überließ er sich dem Wasser und der Dunkelheit und wartete auf den Tod.
    Ein scharfer, jäher Schmerz riss ihn aus seiner fügsamen Dumpfheit. Er ächzte und zwang sich, die Augen zu öffnen. Was zum… Irgendjemand hatte ihn an den
Haaren
gepackt, es waren Finger in seinen
Haaren,
Finger, die rissen und zerrten…
    Von neuem Kampfgeist erfüllt, zog er die bleischweren Arme durch den Ozean und schlug gegen etwas Weiches, Nachgiebiges. Nein! Es war nicht etwas, es war
jemand.
Er war nicht allein. Es war jemand bei ihm im Wasser; ein Arm lag um seine Schultern, da waren Beine, die unter ihm traten, er konnte durch das wässrige Prisma der wogenden Wellen Blitze über sich erkennen. Sein Kopf durchbrach die Oberfläche, und er sog gierig Luft in seine Lungen, hustete, nieste.
    »Ich habe Euch!«, erklang Ashers heisere Stimme an seinem Ohr. »Haltet Euch gut fest, ich habe Euch!«
    Mit klappernden Zähnen und eiskalt bis aufs Mark wischte Gar sich das Haar vom Gesicht und blickte in die wirbelnden Sturmwolken über sich. Asher war ein Narr, er hätte sich die Mühe sparen sollen; die Wellen ragten über ihnen auf wie Barls Berge, warteten darauf, herabzustürzen und sie in rote Flecken auf der Oberfläche des Meeres zu verwandeln…
    In diesem Moment leuchtete der grüne und purpurfarbene Himmel auf mit einem Blitzen, das heller war als die Sonne. Er schrie auf und versuchte, sich vor dem grellen Licht zu verstecken. Mit dem Blitz kam ein Krachen, das klang wie das Ende der Welt. Einen Moment lang verlor er das Bewusstsein.
    Dann glaubte er zu träumen, denn er konnte sanften Sonnenschein auf seiner von Salz klebrigen Haut spüren, und das Heulen des Windes in seinen Ohren war erstorben.
    Verwundert öffnete er die Augen.
    Der Sturm war fort. Über ihm hing ein wolkenlos blauer Himmel. Um sie herum war sanftes Wasser, flach und ruhig wie ein Teich.

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