König 02 - Königsmacher
Ich konnte nichts mehr für ihn tun, ich musste… ihm die Kehle durchschneiden…« Was das Blut erklärte. Sie ging mit brennenden Augen in die Hocke und berührte ihn sachte an der Schulter. »Matt, wir müssen reden.«
Schaudernd wandte er den Blick von dem toten Pferd ab. »Was ist passiert, Dathne? Ist das also das Ende? Hat die Mauer begonnen zu zerfallen? Ist der König tot?«
»Ich weiß es nicht. In der Stadt hat man nichts gehört. Es hat keine Ankündigung gegeben. Im Augenblick herrscht dort der Wahnsinn. Aber ich denke, er muss tot sein. Im Moment steht die Mauer noch, obwohl ich vermute, dass dies der Anfang des Endes ist.«
»Asher?«
Sie ballte ohnmächtig die Fäuste. »Auch das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wie weit der Sturm sich ausgedehnt hat oder welche anderen Bezirke betroffen waren. Die Küste ist so weit entfernt, man sollte meinen, dass er dort sicher war… Aber ich weiß es einfach nicht. Ich habe versucht, ihn zu sehen, aber die Energien laufen wild durcheinander. Ich konnte keinen Weg zu ihm finden. Ich konnte auch Veira nicht erreichen. Vielleicht wird es mir später heute Abend gelingen, wenn alles sich beruhigt hat.«
Er nickte abermals, schaute auf den toten Bellybone hinab und blickte dann wieder zu ihr auf. »Du hast dies hier nicht kommen sehen, Dathne. Oder?«
Dem Zusammenbruch gefährlich nahe, bettete sie den Kopf auf die Knie. »Nein, Matt«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Nein, ganz gewiss nicht.«
»Was glaubst du, was das bedeutet?«
»Ich weiß es nicht.« Sie hob den schmerzenden Kopf. »Aber ich gehe davon aus, dass wir es bald genug in Erfahrung bringen werden. Vielleicht kann Veira es uns erklären, wenn ich sie erreichen kann.«
»Ja«, sagte er. »Vielleicht kann sie das.« Dann runzelte er die Stirn. »Und was ist mit dir? Geht es dir gut?«
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Mit mir ist alles in Ordnung. Was mehr ist, als ich von meinem armen Laden sagen kann. Es ist ein schreckliches Durcheinander; alle Bücher sind von den Regalen gefallen. Die Fenster sind zerbrochen, und die Hälfte der Bodendielen hat sich gelockert. Wenn ich keinen Doranen finde, der bereit ist, mir mit Magie zur Hand zu gehen, wird es Tage und Tage dauern, bis…«
»Aber dir geht es gut«, sagte Matt, der seinen toten Stallburschen noch immer an der Brust wiegte. »Du hast dir nichts gebrochen. Du brauchst keinen Heiler.«
Er stand unter Schock, wie ihr jetzt bewusst wurde. Lächerlicherweise war es das Letzte, was sie erwartet hatte. Matt war ihr Fels in der Brandung, die Schulter, auf die sie sich stützte, die Hand, die sie in Augenblicken stiller Verzweiflung hielt. Sie
brauchte
ihn.
Und er brauchte sie, zumindest im Augenblick.
Sie kniete sich vor ihn hin und löste Bellybone mit sanfter Gewalt aus seiner Umklammerung. Dann hievte sie sich den schlaffen Körper über die Schulter und stand auf. Er war kein großer Mann gewesen, das waren die wenigsten Stallburschen, aber er war trotzdem so schwer, dass ihr Rücken und ihre Schultern unter seiner Last schmerzten. Aber das war in Ordnung. Damit kam sie zurecht.
»Komm, Matt«, sagte sie sanft und blickte auf ihn hinab. »Wir müssen den armen Bellybone irgendwo hinlegen, wo es kühl und still ist, und du musst zu deinen Pferden zurückkehren. Die anderen Burschen werden nach dir suchen. Es ist Meister Matt, den sie jetzt brauchen, mehr, als sie ihn je zuvor gebraucht haben.«
Matt stand auf und zuckte zusammen. Ohne ein Wort nahm er ihr Bellybone ab, drehte sich um und ging auf den Stallhof zu. Nach einem kurzen Zögern schloss sie sich ihm an. Sie konnte die halb geschlossenen Augen des toten Jungen sehen, dessen Kopf in der Kuhle zwischen Matts Hals und seinen Schultern ruhte.
Verdammt sollst du sein, Asher,
dachte sie, während ein Schaudern sie durchlief, das von den Haarwurzeln bis zu den Zehen hinabreichte. Verdammt sollst du sein, verdammt sollst du sein, verdammt sollst du sein. Verdammt sollst du sein, wenn es dir nicht gut geht…
Mit zitternden Händen gab Darran Senfpulver in die Schale mit frisch gekochtem Wasser, die vor ihm stand. Der Dampf, der in sein Gesicht aufstieg, wurde plötzlich beißend; Schleim rann ihm aus der Nase und Tränen aus den Augen. Nun, jetzt würde er zumindest eine Entschuldigung haben.
Alter Narr,
schalt er sich und rührte mit einem Holzlöffel, mit dem die Köchin des Bürgermeisters ihn ausgestattet hatte, in dem bräunlich gelben Wasser. Er ist nicht
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