Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
König 02 - Königsmacher

König 02 - Königsmacher

Titel: König 02 - Königsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
Vom Netzwerk:
»Ashers Leute. Auf dem Boot. In der Stadt. Als der Sturm uns traf, flehte der Bürgermeister mich an, etwas zu tun. Sie zu retten. Ich konnte es nicht. Ich habe versagt. Nutzloser, nutzloser
Krüppel…«
    »Ihr seid nichts Derartiges, Herr!« Darrans Herzschlag geriet ins Stottern. »Ich bin davon überzeugt, dass nicht einmal Meister Durm diesem schrecklichen Sturm hätte Einhalt gebieten können.«
    Aber der Prinz hörte nicht zu. »Und ich habe das Diadem verloren, das seit Generationen in unserer Familie vererbt wurde. Es liegt irgendwo auf dem Grund des Hafens von Westjammer.«
    »Macht Euch deswegen keine Gedanken, Herr. Ich bin mir ganz sicher, wenn sie die Wahl hätten, würden Ihre Ma…« Er brach ab und atmete einen Moment lang tief durch. »Der Königin wäre Eure gesunde Heimkehr wichtiger als ein Diadem.«
    »Der König hat es mir zu meinem zwölften Geburtstag geschenkt.« Jetzt lag tiefer Kummer in den Zügen des Prinzen und in seiner Stimme. »Ich habe ihm geschworen, dass ich darauf aufpassen würde. Ich habe geschworen…« »Es spielt keine Rolle, Eure Hoheit«, sagte Darran in dem Bemühen, ihn zu beschwichtigen. Es war hart; seine eigenen Gefühle setzten ihm zu. »Nicht verglichen mit…«
    »Natürlich spielt es eine Rolle, dummer alter Mann!«, schrie Gar. »Dieses Diadem war ein Schatz, ein unbezahlbarer Teil von Lurs Geschichte. Es war ein Geschenk von meinem
Vater!
Wie könnt Ihr dort stehen und behaupten, es…« »Weil Ihr wichtiger seid!«, schrie Darran zurück. »Versteht Ihr das denn nicht, Ihr törichter Junge?«
    Erschrockenes Schweigen folgte. Darran wandte sich entsetzt ab und presste sich die Fäuste auf die Brust. Hinter ihm drehte der Prinz sich in seinen Decken um. »Darran…«
    Er hatte sich selbst versprochen, nichts zu sagen. Hatte sich wieder und wieder ins Gedächtnis gerufen, dass er die ehrenvolle Rolle eines Dieners der Königsfamilie wahrnahm. Alles sehen und nichts sagen, lautete das unauflösliche Gelöbnis, das er gegeben hatte. Er war ein Mann im Herbst seines Lebens, und dieser Prinz war jung genug, um sein Enkelsohn zu sein. Seine Bürde war es, sich geziemend zu benehmen, sich nachsichtig gegen das heiße Blut der Jugend zu zeigen, gegen unmäßige Ausbrüche. Zu verstehen und zu verzeihen, ganz gleich, wie sehr er herausgefordert wurde. Das war Reife. Das war Etikette.
    Ohne sein Einverständnis drehte sein Körper sich um, und sein Mund öffnete sich. Seine Stimme war zu hören; sie klang dünn und verängstigt, gar nicht wie gewöhnlich. »Ich erinnere mich an den Tag, an dem Ihr zur Welt gekommen seid. Eure wunderbare Mutter legte Euch mit ihren eigenen schönen Händen in meine Arme. Ihr wart so winzig. Ihr habt mich angelächelt. Ich weiß, Ihr erinnert Euch nicht, aber Ihr habt es getan.« Bei dem Gedanken an jenen Moment verzogen seine Lippen sich zu dem gleichen Lächeln, mit dem er damals das kleine Geschöpf angestrahlt hatte.
    Der Prinz schaute ihn verblüfft und voller Unbehagen an. Er war unsicher und brauchte die Leitung eines weiseren Mannes, obwohl er es nicht sehen konnte. »Darran…«
    Es war die Verletzbarkeit, die den letzten Rest seiner Entschlossenheit sprengte. »Ich dachte, Ihr wäret ertrunken!«, rief Darran. »Ich dachte, ich hätte Eurer Mutter Euren zerstörten Körper zurückbringen müssen! Oder Schlimmeres, ihr sagen… ihr sagen müssen, dass Ihr unter den Wellen begraben wurdet, dass ich nicht einmal Euren Körper…«
    Die heißen Tränen hinter seinen Augen brachen sich unaufhaltsam Bahn. Überflutet von Scham wandte er sich wieder ab und drückte sich die Hände aufs Gesicht. Schändlich, dies war schändlich! Aber, oh, wie schrecklich es gewesen war, während der Sturm getobt hatte, all die Schreie, das Heulen und die Wolken und der Regen, die Blitze und Donnerschläge, der Hagel, das Blut, die kreischenden Kinder, die Wellen, so hoch wie Bäume und noch höher, Wellen, die auf den Boden krachten, die die Pflastersteine in Stücke sprengten, und der Prinz allein dort draußen auf dem ungeschützten Ozean! Stöhnend drückte er die dünnen Finger auf die Lippen, wünschte sich sehnsüchtig, das rohe Entsetzen aus seinen Gedanken verbannen zu können.
    »Darran, das dürft Ihr nicht«, sagte der Prinz mit angespannter Stimme. »Ich bin nicht ertrunken. Ich bin nicht einmal verletzt, jedenfalls ist es nicht der Rede wert. Nur einige Beulen und Schrammen. Ich weiß, Ihr habt einen bösen Schock erlitten, das haben wir

Weitere Kostenlose Bücher