König 02 - Königsmacher
alle, aber wir dürfen jetzt nicht die Fassung verlieren. Es ist zu viel zu tun.«
Der Sekretär konnte nur nicken, konnte seiner trügerischen Stimme nicht trauen. Der Prinz, der sich in seiner Decke bewegte, sagte: »Ihr wisst, was dieser Sturm bedeutet, Darran. Ihr wisst, was geschehen sein muss.«
Nein, nein, nein. Es war nicht wahr.
Konnte
nicht wahr sein.
Frische Tränen füllten seine Augen. Er drehte sich um, sah den Königssohn an, dessen eigene Augen glänzten von ungeweinter Trauer. »Wir wissen nichts mit Bestimmtheit«, flüsterte er.
»Ich
weiß etwas«, sagte der Prinz steif. »Barl stehe mir bei, Darran. Ich
weiß.
Eine solche Katastrophe kann nur das Ergebnis von… es ist schon früher passiert, zweimal. Ich fürchte, man kann nur eine einzige Schlussfolgerung daraus ziehen. Seine Majestät ist… Seine Majestät hat…« Seine Miene spiegelte die trostlose Wüste des Verlassen seins.
Mit einem erstickten Schluchzen trat Darran zu ihm, ungeachtet des Protokolls, der Schicklichkeit oder jeder Regel, der er je gefolgt war, jeder Grenze, die er stets beachtet hatte. Er legte dem Prinzen die Arme um die Schultern und hielt ihn fest. »Na, na«, sagte er hilflos, seinerseits mit Tränen überströmt. »Na, na.« Endlich zog der Prinz sich zurück, der Schmerz war verbannt, und eine neue, härtere Entschlossenheit stand in seinen Augen. »Wie schlimm ist es in der Stadt, Darran? Die Wahrheit.«
Oh, wie sehr er diese Frage gefürchtet hatte. Er sog mehrmals tief die nach Senf duftende Luft ein, bis sein Herz nicht mehr ganz so heftig raste.
»Schlimm genug«, erwiderte er, dann holte er noch einmal Atem und drehte sich wieder zu seinem Prinzen um. »Vielleicht ein halbes Hundert Tote. Es scheint gewisse Schwierigkeiten zu geben, sich auf eine endgültige Zahl zu einigen. Einige sind ertrunken, andere wurden von Trümmern erschlagen. Wieder andere wurden in der Panik, vom Hafen fortzukommen, niedergetrampelt.« Er schauderte unwillkürlich und sah wieder eine alte Frau vor sich, die im ersten wilden Aufruhr zu Brei zertrampelt worden war. »Natürlich gibt es Verletzte. Man hat an mehreren Orten Räume eingerichtet, in denen den Menschen geholfen wird, und nach doranischen Heilern geschickt, aber Barl allein weiß, wie lange sie brauchen werden, um uns zu erreichen, falls man überhaupt welche finden kann. In diesem Teil der Welt leben nur Olken, Herr. Sie haben ihre Kräuterkundigen, gute Leute, die alles tun, was sie können. Natürlich ist das nicht das Gleiche wie eine Behandlung durch einen richtigen doranischen Pother, aber sie scheinen einigermaßen gut zurechtzukommen.« »Schäden?«
»Die Schäden sind, wie Ihr Euch vorstellen könnt, gewaltig. Umgestürzte Bäume, weggewehte Dachziegel, zerbrochene Fenster. Boote, die im Hafen gesunken sind.«
»Die Krone wird sich der Menschen annehmen«, sagte der Prinz und hüllte sich fester in seine Decke. »Wer immer bei diesem Unglück verloren hat, was ihm teuer war, wird dafür entschädigt werden.«
Darran strich sich gequält mit einer zitternden Hand über die Augen. Mein Junge, mein Junge, und wer wird dich entschädigen? Der Gedanke brach ihm von Neuem das Herz. »Natürlich, Herr«, sagte er. »Ich habe Willer in Erwartung einer solchen Verpflichtung den Auftrag gegeben, sich einen Überblick über die Schäden zu verschaffen.«
Unglaublicherweise antwortete der Prinz mit einem schwachen Lächeln. »Eure Tüchtigkeit gereicht Euch zur Ehre, Darran.« Dann verblasste das Lächeln. »Ich muss in die Stadt zurückkehren. Gleich morgen, sobald es dämmert. Den Rest des heutigen Tages werde ich damit verbringen, mir so viel von dem Schaden anzusehen wie nur möglich. Den Trauernden mein Mitgefühl auszusprechen. Ihr werdet mit Asher zusammenarbeiten müssen, um eine zügige Abreise sicherzustellen.«
»Ihr wollt
morgen
aufbrechen?« Er starrte den Prinzen entsetzt an. »Aber das ist unmöglich! Vergesst nicht, dass Ihr um ein Haar ertrunken wäret, Eure Hoheit! Ihr dürft Euch vor einer gründlichen medizinischen Untersuchung durch einen doranischen Pother nicht überanstrengen! Ihr braucht Ruhe, Herr, und Einreibemittel für Eure Prellungen!«
Der Prinz hob ungeduldig die Hand. »Macht Euch nicht lächerlich. Die Pother müssen sich um diejenigen kümmern, die echte Verletzungen davongetragen haben. Ihr macht zu viel Wirbel um einige Schnittwunden und Kratzer. Ich habe weit Schlimmeres erlebt, wenn ich bei der Jagd vom Pferd gestürzt bin,
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