König 02 - Königsmacher
fühlen«, sagte der Prinz bedächtig. »Ich schlage vor, dass Ihr unverzüglich Pother Nix aufsucht, und ich werde vergessen, dass dies je geschehen ist.«
»Nun… zur Hälfte hast du Recht.« Mit einem beiläufigen Fingerschnipsen ließ er den geistlosen Plapperer an Ort und Stelle erstarren. »Große Geschichten des alten Dorana. Du
Idiot!«,
höhnte er und spürte, wie sein geborgtes Gesicht sich vor Verachtung verzerrte. »Es ist nicht Großartiges an jenen lang vergangenen Tagen! Die dynastischen Streitereien, die Rivalitäten innerhalb des Königshauses, das sinnlose Blutvergießen. Politik um ihrer selbst willen. Kein Gedanke an die Reinheit unseres Volkes oder um die Zukunft. Ihnen ging es nur um Macht zu ihren eigenen persönlichen Zwecken. Die Größe unserer Rasse, die Erfüllung unseres Schicksals, all das bedeutete ihnen nichts.
Nichts!
Sie waren Narren, deine Vorfahren, jeder Einzelne von ihnen, und Barl war die größte Närrin von allen. Glaubte sie, ich würde müßig zusehen, wie unsere Rasse sich wie ein Rudel tollwütiger Hunde selbst in Stücke riss? Sie behauptete, mich zu lieben. Wie konnte sie mich lieben und mich doch so wenig kennen?«
Der Krüppel antwortete nicht. Bar jeden Gedankens, jeden Gefühls, ein leerer Bogen Pergament, der geduldig auf die Feder wartete, stand er reglos vor ihm. »Und
du«,
fuhr Morg voller Gehässigkeit fort. »Du denkst, du seist hier sicher? Du denkst, dir könnte das nicht geschehen? Bist du taub gegen das Knurren in der Kehle dieses Hundes aus dem Kronrat? Denkst du, Jarralt und der Rest seiner Verwandten hätten keinen Ehrgeiz? Dass sie keine Träume von Kronen und Palästen hegen und von dem knisternden Feuer der Wettermagie? Natürlich tun sie das… dank dir. Du hast dem Ruf deiner Familie geschadet, Junge. Du bist der Riss in der Rüstung deines Vaters. Der Hebel, mit dem Conroyd Jarralt deine Welt aus den Angeln heben würde, wenn er könnte. Und der Himmel würde Feuer auf all eure hübschen Köpfe regnen lassen. Du denkst, Trevoyles Spaltung war schlimm? Kleiner Eunuch, verglichen mit dem Blutvergießen, das ich gesehen habe, verblasst es vollkommen. Ich stand ganz oben auf dem höchsten Turm im alten Dorana und habe zugesehen, wie deine Vorfahren einander das Fleisch von den Knochen schmolzen. Wie sie die Augen ihrer Brüder in ihren geborstenen Höhlen zum Kochen brachten. Sie verwandelten ihre Villen in Beinhäuser und machten ihre Kinder zu Kohle.
Das
ist deine hehre doranische Geschichte. Deine glorreiche Vergangenheit. Deine grimmige Zukunft. Es ist nur gut, dass ich hier bin, kleines, verkrüppeltes Prinzlein. Ich bin gekommen, um dich vor dir selbst zu retten.«
Es war ein Schock, als er begriff, dass er keuchte. Auf seiner Stirn stand Schweiß, und seine geraubten Hände zitterten. Er holte tief Luft, dann spie er sie wieder aus.
»Deine geliebte Mauer ist nur ein Ärgernis.« Er trat näher an den Krüppel heran, um Dürrns widerstrebende Finger auf seine wartenden Schultern zu legen. »Die Zeit ist gekommen, dass die Mauer fällt.«
Dann beugte er sich vor, drückte seine mit Speichelfäden befleckten Lippen auf die glatte Stirn des Krüppels. Flüsterte Worte in den schlaffen Körper unter seinen Händen. Er spürte die Muskeln zucken. Spürte das Zischeln und Rascheln der Magie, während sie den Schild des Körpers durchbrach, die Haut durchstieß und durch Blut und Sehnen raste.
Heller als jedes Glimmfeuer, das je beschworen wurde; kälter als jeder Winter, der je herbeigerufen wurde: Der Abdruck von Dürrns Lippen brannte blau über dem Nasenrücken des Prinzen. Brannte… brannte… und verblasste. Morg wandte sich ab. Begann, die Bücher zu sortieren, die sich auf dem alten Schreibtisch des Gewölbes stapelten. Einen Moment später regte der Krüppel sich.
»Ich bitte um Verzeihung, habt Ihr etwas gesagt, Durm? Ich fürchte, ich habe nicht zugehört.«
»Es war nichts, Eure Hoheit«, sagte Morg und lächelte sanft. »Absolut gar nichts.«
Als Asher endlich an die Oberfläche seines von Träumen durchtränkten Schlafs driftete, sah er Dathne auf dem Stuhl neben seinem Bett sitzen. Sie wirkte beinahe heiter. Das Haar hatte sie sich zu einem strengen Zopf zurückgebunden, sodass die reinen, scharfen Linien ihres Gesichts zur Geltung kamen. Sie strickte. Etwas Rosafarbenes und Flauschiges, was so gar nicht zu ihr passte, dass er einen Moment lang glaubte, er müsse noch immer verloren sein in Fantasien.
Er spürte, wie sein
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