König 02 - Königsmacher
Fane. »Sie mag sechzehn Jahre alt sein und lästig wie nur sonst was, Ihr Narr, aber sie ist trotzdem kaum mehr als ein Kind!
Und
sie ist Eure verdammte Schwester!«
Als erwache er aus einem Albtraum drehte Gar sich um und sah Fane an. Sie war am Fuß des Baums in sich zusammengesunken, das Gesicht in die aufgewühlte Erde gedrückt, und sie weinte so heftig, dass es einem Bruder das Herz brechen konnte. Aller Zorn erstarb, und er sah von einem Moment auf den anderen wieder klar. Überwältigt von jäher Scham und Selbstverachtung, ging er zu ihr hinüber, fiel vor ihr auf die Knie und nahm sie in die Arme. Einen quälenden Augenblick lang widersetzte sie sich ihm - dann ließ sie sich an seine Brust sinken.
»Nein, nein, weine nicht, Fane«, flüsterte er, während er sie in den Armen wiegte. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid. Weine nicht. Es wird alles wieder gut werden. Wir werden eine Lösung finden. Ich weiß nicht wie, aber wir werden uns etwas einfallen lassen. Du bist meine Schwester, und ich bin dein Bruder, und obwohl du mich zum Wahnsinn treibst, liebe ich dich. Nichts, was einer von uns sagen oder tun könnte, wird daran jemals etwas ändern.«
Er konnte sie nicht sehen, und ihre Stimme war gedämpft. »Das behauptest du.«
»Das verspreche ich.« Er schob sie sanft von sich, damit er in ihr tränenüberströmtes Gesicht blicken konnte. »Und ich verspreche dir noch etwas, und Asher wird mein Zeuge sein.« Er hob die Stimme. »Nicht wahr, Asher?« »Jawohl«, sagte der Olke, der taktvoll Abstand wahrte. »Vorausgesetzt, Ihr versprecht es schnell, damit wir hier rasch verschwinden können.«
Ohne auf diese letzte Bemerkung einzugehen, hob Gar das Kinn seiner Schwester an und sah ihr offen in die Augen. »Die Krone gehört dir, Fane. Nur dir. Für immer. Du bist die zukünftige Wettermacherin. Ich schwöre bei meinem Leben, dass ich dir das niemals nehmen werde.«
Er sah den zweifelnden Ausdruck in ihren Augen. »Bei deinem Leben?« Sie schüttelte abweisend den Kopf. »Ich glaube dir nicht.«
Sie klang jedoch unsicher. Als wolle sie ihm glauben, könne sich aber nicht recht dazu durchringen, es auch zu tun. Verzweiflung drohte. Das konnte er nicht zulassen. Er konnte nicht zulassen, dass seine wunderbare Magie ihre zerbrechliche Familie auseinanderriss. Nicht jetzt, da sie eigentlich feiern sollten.
Plötzlich hatte er eine Eingebung. Eine Erinnerung aus fernen Kindheitstagen, aus einer Zeit, da er und Fane noch nicht zu hassen gelernt hatten. Er ließ etwas Speichel auf die Innenseite seiner Hand tropfen und zeigte sie ihr. »Du musst mir glauben. Siehst du? Ich habe darauf gespuckt. Also, jetzt bist du an der Reihe. Komm schon.«
Ihre Augen weiteten sich und füllten sich für einen Moment mit ungläubigem Gelächter. »Nein. Das ist widerwärtig.«
»Spuck darauf«, beharrte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Das bedeutet gar nichts.«
»Ach nein?« Er biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. »Es hat sehr wohl etwas bedeutet, als ich dich wegen der Blumentöpfe des Gärtners nicht verpetzt habe. Es hat etwas bedeutet, als du damals, als du glaubtest, du könntest fliegen, vom Dach des Stalls gestürzt bist. Es hat etwas bedeutet, als…«
»Ist ja schon gut!«, rief sie, hin- und hergerissen zwischen Gelächter und Wut. »Halt den Mund. Mein Gedächtnis ist genauso gut wie deins. Wahrscheinlich besser.«
»Also los, Fane«, murmelte er schmeichelnd. »Du weißt, dass du es tun willst. Du weißt, dass es mir ernst ist. Spuck einfach darauf, dann können wir das alles hinter uns lassen und ganz von vorn beginnen, mit einer neuen Seite. Meine Magie wird nichts an deinem Leben ändern. Ich schwöre es.«
Sie starrte auf den Speichel auf seiner Hand und runzelte die Stirn. Gar hielt den Atem an, erfüllt von dem tiefen Wunsch, sie möge die Herausforderung annehmen. Ihm auf halbem Weg entgegenkommen. Die zerstörerische Fehde beenden, die ihre Familie vergiftete.
Immer noch stirnrunzelnd sagte sie: »Mama sieht es nicht gern, wenn wir schwören.«
Sein Lachen war ein halbes Schluchzen. »Mama ist nicht hier.« Sie spuckte. Drückte ihre Hand auf seine und schlug ein. Dann blickte sie zu ihm auf, ein wenig scheu, ein wenig trotzig. »Ich bin eigentlich gar nicht selbstsüchtig. Ich habe nur ein Ziel vor Augen.«
»Ein Ziel?«, wiederholte er grinsend. Benommen von Erleichterung und Hoffnung. »So nennt man das also heutzutage.« Mit diesen Worten fischte er ein Taschentuch aus der
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