König 02 - Königsmacher
meins.«
Die Kutsche hielt an. Während die bereitstehenden Diener herbeieilten, um die Köpfe der Pferde festzuhalten und die Wagenschläge zu öffnen, sagte der Prinz stirnrunzelnd: »Deine Mutter ist tot? Das tut mir leid.«
Asher zuckte mit den Schultern. »Es ist vor langer Zeit passiert. Ich schätze, die Zeit der Trauer habe ich hinter mir.« Weil seine Worte ihm treulos vorkamen, fügte er hinzu: »Nicht dass ich sie nicht vermissen würde. Es ist nur… man gewöhnt sich wahrscheinlich daran. Herr. Ich meine, was bleibt einem schon anderes übrig?«
Der Prinz nickte. »Du bist also ein praktisch veranlagter Mensch, Asher von Restharven.«
»Praktisch ist mein zweiter Name.« Asher deutete auf die offene Kutschentür. »Nach Euch, Herr.«
Die rückwärtige Front der Halle der Gerechtigkeit war auf ihre eigene Art und Weise genauso beeindruckend wie die Vorderseite. In einem Stallblock wurden die Pferde und Kutschen jener untergebracht, die an den Verhandlungen teilnahmen, einschließlich livrierter olkischer Diener, die sich um alles kümmerten. Es gab drei getrennte Eingänge in die Halle, jeder mit einer eigenen Treppe versehen, jeder versperrt von zwei uniformierten olkischen Stadtwachen. Die Gebäude waren umringt von gepflegten Gärten und gestutzten Bäumen, und ein unheilverkündend gut ausgetretener Pfad führte zu dem Gelände des Wachhauses nebenan. Ein weiterer Pfad führte in die entgegengesetzte Richtung zu der öffentlichen Kapelle. Trotz seiner Lage im Herzen der Stadt war die Atmosphäre gedämpft. Beinahe ehrfurchtsvoll. Als hielten die gewichtigen Angelegenheiten, die in der Halle entschieden wurden, die Menschen draußen davon ab, ungebührlichen Lärm zu machen. Nachdem er verschiedene Bedienstete mit Namen angesprochen hatte und seinerseits mit einem Lächeln begrüßt worden war, ging der Prinz auf den mittleren Eingang der Halle zu. Asher hielt sich in seinem Kielwasser und fühlte sich dabei wie eine Muschel in einem Rosenbeet. Die überraschten, neugierigen Blicke der Stallburschen und Wachen bohrten sich ihm praktisch in den Rücken. Sobald er außer Sicht war, würden sie, wie er nur zu gut wusste, zu tuscheln anfangen.
Nun, sollten sie doch tuscheln.
Die kunstvolle, hölzerne Umrahmung des mittleren Eingangs war in Dunkelrot und Gold gestrichen. Über dem Türsturz prangte ein geschnitztes Relief der Krone des Wettermachers, verziert mit Gold und Silber und mit Rubin und Diamantsplittern geschmückt. Als sich der Prinz näherte, klopften die Wachen vor der Tür mit ihren Zeremonialpiken energisch auf den Boden und traten beiseite. Der Prinz nickte und lächelte, und Asher folgte ihm in die kühle Pracht der Halle der Gerechtigkeit.
Als sie vom Sonnenlicht in die von Lampen erhellte Dunkelheit traten, war sein erster Eindruck der von Weite. Der Boden, auf dem keine Möbel standen, war in Grün und Gold gefliest, mit einem gewaltigen Mosaik, in dessen Mitte ein nacktes Schwert abgebildet war. Goldgerahmte Gemälde bedeckten die Sandsteinwände; frühere Verhandlungen, vermutete Asher, als er bemerkte, dass in jedem Bild ein gekrönter und in Roben gewandeter König oder eine Königin zu sehen waren, außerdem jemand, der lächelte, und jemand anderer in Ketten, umringt von Wachen und mit einem Gesicht, als sei sein bestes Boot soeben gesunken. An der hinteren Wand befanden sich zwei hölzerne Treppen, die zu türgroßen, dunkelroten Samtvorhängen hinaufführten. Zwischen ihnen war in die hintere Wand eine einzelne Holztür eingelassen. In jeder der Seitenwände befanden sich zwei weitere Türen. Als der Prinz über das Mosaikschwert schritt, wurde eine der Türen auf der rechten Seite geöffnet, und eine Doranin erschien. Sie war in mittleren Jahren und eingehüllt in düstere blaue Seide und Brokat. »Eure Hoheit«, sagte sie mit leiser, ruhiger Stimme und ließ eine kleine Verbeugung folgen. »Beide Parteien sowie ihre Sprecher und Zeugen sind eingetroffen und warten auf Euer Urteil.«
»Wunderbar.« Der Prinz drehte sich zu Asher um, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte. »Marnagh, das ist Asher. Er wird die heutigen Verhandlungen beobachten. Könntet Ihr einen unauffälligen Platz auf der königlichen Galerie für ihn finden?«
Marnagh musterte Asher mit einem einzigen klugen Blick von Kopf bis Fuß. Was immer sie von ihm denken mochte, blieb fest verborgen hinter ihren hellgrauen Augen. »Selbstverständlich, Eure Hoheit.«
»Asher.«
Asher trat vor, die
Weitere Kostenlose Bücher