König 02 - Königsmacher
ist. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Glück. Und jetzt fahre ich weiter. Auf Wiedersehen.«
Ohne auf ihr entrüstetes Kreischen zu achten, stieß er das Fenster zu und zog dann an der kurzen, blauen Glockenschnur über ihm. Ein melodisches Klimpern und das Sirren einer Peitsche ertönten, und schon schlingerte die Kutsche sachte und rollte vorwärts.
»Meine Schwester«, sagte der Prinz, als sie ihre Fahrt fortsetzten. »Prinzessin Fane.«
Asher nickte. »Das habe ich mir gedacht.« Die Arme über der Brust verschränkt, musterte der Prinz ihn grüblerisch. »Hast du eine Schwester?«
»Nein. Brüder.«
»Wie viele?«
»Sechs.«
»Sechs?«,
wiederholte der Prinz verblüfft. Dann entspannte er sich. »Natürlich. Die Auflagen haben keine Gültigkeit für die Fischergemeinschaft.« Er schüttelte den Kopf. »Sechs Brüder. Das kann ich mir nicht einmal vorstellen. Vermisst du sie?«
Asher hatte alle Mühe, nicht laut aufzulachen. »Ganz und gar nicht. Herr.«
Der Prinz wirkte überrascht. »Nein?«
»Wir verstehen uns nicht gut.«
»Wirklich? Warum nicht?«
Asher zog die Brauen zusammen und hätte um ein Haar gesagt:
Wahrscheinlich aus demselben Grund, warum Ihr Eure Schwester nicht ertragen könnt,
besann sich dann aber eines Besseren. Das wäre wahrscheinlich eine gute Möglichkeit gewesen, um hochkant aus der Kutsche geworfen zu werden.
»Da gibt es viele Gründe«, sagte er stattdessen achselzuckend. »Sie fanden, sechs Brüder in der Familie seien genug. Teilt ein Geschäft in sechs Teile auf, und Ihr werdet auf Eurem Teller nicht viel zu sehen haben. Teilt es in sieben, und es bleibt noch weniger übrig. Und ich war als kleines Kind ein wenig kränklich. Was dazu geführt hat, dass Ma mich verwöhnt hat. Pa auch.«
»Du siehst jetzt nicht gerade kränklich aus.«
»Bin ich auch nicht«, erwiderte Asher. »Ich bin jetzt stärker als ein Ochse. Aber als ich klein war, hatte ich häufig Fieber und Schüttelfrost. Meine Brüder waren alle zusammen nicht einen einzigen Tag krank. Sie dachten, ich würde meine Fieberanfälle vortäuschen. So war es keineswegs, aber das würden sie mir niemals glauben. Und es gefiel ihnen auch nicht, dass ich verhätschelt wurde, während ihnen eine solche Behandlung nie zuteilgeworden war.«
Der Prinz nickte. »Das scheint mir ungerecht. Es tut mir leid.«
Ein weiteres Schulterzucken. »Es spielt keine Rolle. Meine Brüder sind am Meer, und ich bin hier, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»In der Tat«, erwiderte der Prinz energisch. »Und nun verrate mir eins, Asher, wie vertraut bist du mit den Gesetzen unseres Königreichs?« Er grinste. »Du musst etwas über sie wissen, da du dir vorhin so sicher warst, dass du kein Gesetz gebrochen hast.«
»Nun«, sagte Asher vorsichtig, »ich schätze, das hängt davon ab, was Ihr mit dem Wort ›vertraut‹ meint.«
Der Prinz machte eine ungeduldige, wegwerfende Handbewegung. »Oh, vergiss es. Spitz einfach die Ohren und hör zu, während ich dir erkläre, was du wissen solltest, bevor wir die Halle der Gerechtigkeit erreichen. Du wirst die ganze Erfahrung viel interessanter finden, wenn du eine vage Vorstellung davon hast, was vorgeht.«
Asher schluckte ein Seufzen herunter. Er sollte die Halle der Gerechtigkeit interessant finden? Verdammt unwahrscheinlich. Aber das sagte er wohl besser nicht; ob es ihm gefiel oder nicht, diese halbe Portion von einem Prinzen war die Quelle seiner fünfundzwanzig Trin die Woche. Nur ein Narr würde es riskieren, einen solchen Reichtum zu verlieren.
Und Pas kleiner Junge, Asher, mochte vieles sein, aber ein Narr war er nicht.
Die Halle der Gerechtigkeit lag zwischen der öffentlichen Barlskapelle und dem städtischen Wachhaus Doranas. Die drei beeindruckenden Gebäude nahmen eine ganze Seite des zentralen Marktplatzes ein. Die Halle war ein typisch doranisches, hohes Gebäude mit Mauern aus cremefarbenem Stein und Dachziegeln aus blauem Ton. In ihren hohen Fenstern prangten Buntglasscheiben in allen Farben, die Magie hatte hervorbringen können. Jedes Fenster schilderte ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte des Königreichs: die Ankunft der Doranen, das heilige Bündnis zwischen den Völkern der Olken und Doranen, Barls großes Opfer, die Gräuel von Trevoyles Spaltung, die Unterzeichnung des Heilvertrages an der Stelle, an der jetzt der Brunnen des Bittstellers sprudelte.
Die riesigen, eichenen Vordertüren der Halle waren mit poliertem Messing eingefasst und
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