Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
sofort prüfen und erforderliche Maßnahmen einleiten, um den Betrügern schnell das Handwerk zu legen.«
Die Mail endete mit dem vertraulichen Gruß »Ihre Postbank«, doch es folgte ein wenig vertrauenerweckender Satz: »Dies ist eine automatische Antwort.«
Ich atmete tief durch. Während die Kriminellen mein Geld womöglich schon bis nach Sibirien verschoben hatten, vertröstete mich meine Bank mit automatischen Antworten. Zur Sicherheit hatte die Post mir eine digitalisierte Mail geschickt, sodass über die Antwortfunktion keine Antwort meinerseits möglich war.
Deshalb schrieb ich noch mal eine Mail an dieselbe Adresse:
»Wie kommen Sie darauf, ich hätte eine gefälschte Postbank-Mail erhalten? Davon war nie die Rede (…). Wenn ich meine Konto- und PIN-Nummer eingebe, kann ich nicht auf mein Konto zugreifen – sondern stehe vor einem aufploppenden Kasten, der mir 30 frische PIN-Nummern abverlangt und den Zugriff auf mein Konto verwehrt. Deshalb kann ich Ihrem Vorschlag, das Konto online zu sperren, allenfalls nach Aushändigung meiner PIN-Nummern an die Betrüger nachkommen (laut Kasten wird das Konto nach Eingabe wieder freigeschaltet).«
Die Antwort dauerte wieder nur zwei Sekunden. Sie begann mit »Sehr geehrte Damen und Herren«. Es war dieselbe wie beim ersten Mal!
Jetzt erst entdeckte ich unter dem Text eine weitere Mail-Adresse für Fragen. Seufzend brachte ich meine Mail ein drittes Mal auf den Weg, nicht ohne Hinweis darauf, dass ich es schon mehrfach versucht hätte und dass ich jetzt – bitte, bitte! – ganz schnell Hilfe bräuchte.
Ich wartete eine halbe Stunde. Nichts geschah. Ich wartete eine Stunde. Keine Antwort. Ich wartete den ganzen Tag. Kein Mucks von der Postbank.
Am Abend wurde der Kloß in meinem Hals immer größer: Ich musste einfach wissen, ob auf meinem Konto noch Geld war. Da mein eigener Computer offenbar verseucht war, nutzte ich den Computer eines Freundes. Von einem PC ohne Trojaner (so nennt man die schädliche Phishing-Software) sollte ich unbehelligt auf mein Konto zugreifen können.
Ich tippte meine Kontonummer und meine Geheimzahl ein und hielt den Atem an. Doch mein Konto öffnete sich nicht. Ungültige Zugangsdaten, hieß es. Ich tippte die Daten noch einmal ein, diesmal in Zeitlupe; vielleicht hatten mir meine zitternden Finger einen Streich gespielt. Wieder hieß es: ungültige Zugangsdaten.
Verdammt! Offenbar hatten die Online-Gangster mein Konto manipuliert. Wahrscheinlich waren sie mit dem Geld schon über alle Berge und wollten, dass ihr Raubzug so lange wie möglich unbemerkt blieb.
Ich griff zum Telefon und saß zehn Minuten in einer Service-Hotline der Postbank fest, ohne zu einem Menschen vorzudringen. Schließlich warf ich den Hörer beiseite und trommelte vor Wut auf meinen Schreibtisch. So ein Saftladen!
Am nächsten Tag brachte ich meinen Computer zum Informatiker und ließ das komplette System neu aufsetzen. Trojaner ade! Als ich meine Mails dann wieder abrief – keine Antwort der Postbank. Neujahr kam. Keine Antwort. Der erste Arbeitstag des neuen Jahres. Keine Antwort. Erst als ich schon drauf und dran war, die Konzernzentrale zu stürmen, trudelte am 4. Januar – eine geschlagene Woche nach dem Phishing-Angriff – eine Mail ein: »Vielen Dank für Ihre Mail. Aufgrund eines erhöhten E-Mail-Aufkommens konnten wir Ihre Anfrage nicht so schnell beantworten, wie Sie es gewohnt sind. Vielen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Geduld.«
Ich schäumte. Erstens war ich von der Postbank keine schnellen Antworten gewohnt. Zweitens hatte ich für diese Kundenmissachtung nicht das geringste Verständnis, erst recht keine Geduld. Und drittens: Was war mit »erhöhtem E-Mail-Aufkommen« gemeint? Waren bedrohliche Situationen beim Online-Banking etwa der Normalfall?
In der Mail wurde mir kalter Kaffee serviert: »Die Aufforderung, mehrere TAN-Nummern einzugeben, kommt nicht von der Postbank. Diese Aufforderung wird durch einen Trojaner auf einem Ihrer Rechner hervorgerufen.« Und nun wurde mir, immerhin Inhaber des Kontos, lapidar mitgeteilt: »Vorsorglich haben wir daher Ihren Online-Banking-Zugang gesperrt. Ich habe neue Zugangsdaten für Sie angefordert. Diese erhalten Sie per Post.«
Die Post selbst hatte mich eine Woche lang von meinem eigenen Konto ausgesperrt, ohne es mir mitzuteilen. Das ist so, als würde mein Vermieter in meine Haustür ein neues Schloss einbauen, ohne diesen Eingriff mit mir abzustimmen. Kein Wunder, dass ich hilflos an
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