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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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allenfalls Waldemar zugetraut, einem verschwiegenen Beamten!)? Und was qualifizierte jemanden, der sonst Haushaltswaren verkaufte, eigentlich für den Verkauf von Postdienstleistungen?
    Das Provisorium hielt nicht lange: Bald wurde das Postschild vor dem kleinen Laden wieder abmontiert. Kein Tabakladen und keine Bäckerei, keine Tankstelle und kein Gemüseladen sprangen ein (wie in vielen anderen Orten). Die Post machte sich vom Acker. Ebenso raffte die Sparseuche des Konzerns die Briefmarkenautomaten und Briefkästen dahin. Heute müssen meine Eltern in die nächste Kleinstadt fahren, wenn sie ein Päckchen aufgeben oder Geld abheben wollen.
    Der Niedergang der Deutschen Bundespost ist ein staatlich gefördertes Projekt. Die Abrissbirne wurde von der Kohl-Regierung schon 1989 in Richtung Zukunft geschleudert: Sie entschied, den Postdienst – eines der drei Bundespost-Standbeine, neben Telekom und Postbank – 1995 in eine Aktiengesellschaft zu verwandeln. Bis 2005 verscherbelte der Staat seine Aktien und machte Kasse. 34
    Das große P der Post AG steht seither für Profitgier. Rasanter als die Pole unter dem Einfluss der Klimaerwärmung schmilzt das Netz der selbst betriebenen Filialen dahin. Von stolzen 12 000 solcher Niederlassungen waren im Jahr 2009 noch fünfhundert übrig geblieben. Im Laufe des Jahres 2011 sollte auch dieser armselige Rest vollends an private Agenturbetreiber abgestoßen werden. Angeblich »aus Kostengründen«, was übersetzt heißt: mehr Gewinn für die Firma und weniger Service für die Kunden.
    Bei der Auswahl ihrer Agenturpartner scheint die Post nicht wählerisch zu sein; sogar Kioske werden beauftragt. Was die Kunden grämt, erfreut die Bankräuber. So musste die Polizei im nordrhein-westfälischen Haan am 25. März 2011 vom Überfall auf einen Postkiosk berichten, bei dem der Tresor geplündert wurde. Der Räuber schloss den Kioskbetreiber zusammen mit zwei Kunden in der angrenzenden Toilette ein. Eine weitere Kundin befreite die Gefangenen schließlich. Der Post- bzw. Kioskräuber war zu diesem Zeitpunkt schon über alle Berge. 35
    Unzuverlässig sind die privaten Filialen auch bei den Öffnungszeiten, diese hängen vom Gutdünken des Betreibers ab. Hat ein Lebensmittelgeschäft mittwochs geschlossen, ist die Postfiliale eben mittwochs dicht. Dasselbe gilt im Fall von Betriebsferien, Krankheiten, Streiks oder endgültig dann, wenn eine Pleite den privaten Betreiber hinwegrafft. Oder wenn er – wie in meinem Heimatort – dieses Geschäft für unwirtschaftlich hält.
    Derweil errichtet die Post Potemkinsche Servicedörfer: In den Städten entstehen immer mehr »Postinseln«. Unter diesem Dach findet man Packstationen, Briefkästen, Briefmarkenautomaten, Geldautomaten und Kontoauszugsdrucker. Aber was ich am dringendsten suche, ist nicht zu finden: lebende Mitarbeiter. Dieses Bild hat Symbolkraft: Die Post verbannt ihre Kunden auf einsame Inseln, wo sie sich selbst bedienen und nur ihr Geld dalassen müssen.
    Der Staat pfeift auf Artikel 8 7 f des Grundgesetzes, wonach er die Menschen flächendeckend mit Postdienstleistungen versorgen muss. Kann nicht auch ein Automat diese Leistung erbringen? Und darf man von den Menschen auf dem Land nicht so viel Mobilität erwarten, dass sie in die nächste Stadt fahren, zur Not im Rollstuhl?
    Aber dieser Tritt trifft nur den kleinen Privatmann! Die gewerblichen Kunden werden dagegen hofiert: Allein im Jahr 2008 hat die Post nach eigenen Angaben die Zahl der Annahmestellen für geschäftliche Post verfünffacht. 36
    Nur einmal seit Waldemar abtrat, zeigte die anonyme Post noch ein greifbares Menschengesicht, als ihr oberster Chef im Morgen grauen des 14. Februar 2008 wie ein Mafiaboss vor laufenden Kameras verhaftet und aus seiner Villa abgeführt wurde. Klaus Zumwinkel, ein gefeierter Manager, hatte als Privatier ein hohes Millionenvermögen am Fiskus vorbei in Liechtenstein deponiert – ein Bankgeschäft, das er wohl nicht in einem Tante-Emma-Laden abgewickelt hatte.
    Manchmal denke ich: Wie gut, dass Waldemar all das nicht mehr erleben muss!
    VERSAND MIT 248 PROZENT AUFSCHLAG
    Ich stehe vor einem Elektrogeschäft, das neben Mikrowellen und Staubsaugern auch Postdienstleistungen anbietet. Ich betrete den Laden. Die Postecke ist hinten rechts. Eine offensichtlich gelangweilte Frau lehnt hinterm Tresen. Ich bin der einzige Kunde.
    »Guten Tag«, sage ich, »ich möchte dieses Kissen verschicken – was kostet das?«
    Sie wirft einen flüchtigen

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