Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde
er in Armeestärke gegen die Mächtigen aufmarschiert, mit Plakaten, mit Trillerpfeifen und nicht zuletzt mit guten Argumenten. Der Wutbürger erreicht, dass sein Protest in allen Zeitungen abgedruckt, in allen Fernsehprogrammen gezeigt und in allen Parlamenten diskutiert wird.
Der Wutkunde wird sich ebenso laut und effektiv wehren: gegen falsche Lebensmittel, die seine Gesundheit gefährden (zum Beispiel über das Portal www.lebensmittelklarheit.de); gegen Automaten, die ihm den Service stehlen (zum Beispiel durch Foren-Einträge und Leserbriefe an Lokalzeitungen); gegen Preistreiber, die ihm sein hart verdientes Geld aus der Tasche ziehen wollen (zum Beispiel durch Boykott und Demonstrationen vor den Läden).
Der Wutkunde wird es schaffen, dass sein Protest wie ein Sturm durch die Medien des Landes fegt, in den Parlamenten Debatten anstößt und in den Firmenzentralen, wo man immer sehr aufs eigene Image bedacht ist, die halb verrostete Umdenkmaschine anwirft.
Vielleicht hilft dieses Buch, Ihr Bewusstsein als Kunde zu schär fen. Das fängt an bei Kleinigkeiten: Sind Sie bereit, einen halben Kilometer weiter zu laufen, um ein Geschäft zu erreichen, wo Sie freundlich bedient werden – und nicht nur abgefertigt, wie im nächstgelegenen Laden? Haben Sie die Energie, eine Fahrgemeinschaft zu organisieren, um sich gegen die Zumutungen der Bahn zu wehren? Und nehmen Sie sich die Zeit, Nackenschläge durch Firmen öffentlich zu machen, etwa durch Mails mit großem Verteiler, durch Foren-Einträge, durch soziale Netzwerke?
Was mich angeht: Ich will! Ich möchte meine Kundenrechte wahrnehmen, und ich möchte abstimmen, zur Not mit den Füßen. Ich möchte mir von Firmen, die mir nicht gefallen, nichts mehr gefallen lassen. Ich möchte, statt immer nur einzustecken, auch mal schlagkräftig austeilen – wie durch dieses Buch.
Dazu werde ich mich weiter schlau machen, zum Beispiel mit Hilfe der hervorragenden Homepages der Verbraucherzentralen (Adressen siehe Seite 249 ff.). Dort erfahre ich, welche Mogelpackungen mich blenden, welche Versicherungen überflüssig sind, welche Stromanbieter mir das Geld aus der Tasche ziehen und welche Rechnungen von Handwerkern gegen die guten Sitten verstoßen.
Dort erklären mir die Profis im Detail, auf welche Paragrafen und welche Gerichtsurteile ich mich berufen kann, um mich gegen Firmenwillkür zu wehren. Ich bekomme jenen Brennstoff, den ich brauche, um den Firmen Feuer unterm Hintern zu machen, wenn sich die Schranke der Kulanz mal wieder nicht heben will.
Der mündige Kunde kennt seine Rechte – und er fordert sie ein. Er kennt seine Macht – und gebraucht sie. Er belässt sein Konto nicht bei einer Bank, nur weil er es dort schon dreißig Jahre hat, sondern entscheidet jeden Monat neu. Er lässt sich nicht, wie ich bislang, den Briefkasten mit Werbung vollstopfen, sondern beugt mit dem Aufkleber »Keine Werbung!« vor. Er läuft nicht, wie ich früher, für ein Kleidungslabel unfreiwillig Werbung, sondern wechselt bei Unzufriedenheit einfach die Marke.
Wir müssen die Kröten, die uns zum Schlucken angeboten werden, vom Teller wischen. Wenn wir das tausendfach, hunderttausendfach, millionenfach tun, wird es bald keine Firma mehr wagen, uns noch Kröten zu servieren.
Kunden-Politik statt Lobbyismus
Warum fällt es uns als Kunden so schwer aufzubegehren? Erst wenn wir die Ketten kennen, die uns festhalten, können wir uns endgültig von ihnen befreien. Ich glaube, diese inneren Bremsen stammen aus der Vergangenheit.
Wissen Sie noch, wie das war, als Kind durch ein Geschäft zu hüpfen? Ein Spießrutenlauf war das! »Fass die Waren nicht an!«, »Wirf das nicht runter!«, »Mach uns keinen Ärger!« – solche Sätze haben wir von den Eltern gehört. In unsere Köpfe hat sich die Lehre eingebrannt: Der »gute Kunde« ist ein unauffälliges Wesen, das auf leisen Sohlen durch die Gänge schleicht, den Firmen keine Umstände macht und sein Geld brav an der Kasse lässt.
Dieser Kunde entschuldigt sich, wenn er einen Verkäufer an spricht, auch wenn der sich entschuldigen müsste, weil er den suchend umherirrenden Kunden nicht längst gesehen hat.
Dieser Kunde fasst möglichst wenige Waren an und lässt sich pünktlich zum Ladenschluss wie ein Stück Vieh auf die Straße treiben. Natürlich verlässt er einen Supermarkt nie mit leerem Wagen, weil ihm das peinlich wäre, zur Not nimmt er noch einen Kaugummi an der Kasse mit.
Dieser Kunde – nennen wir ihn den
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