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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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»Mäuschen-Kunden« – steckt in uns allen. Wir meiden Konflikte mit Unternehmen. Sogar dann, wenn wir unser Recht einfordern und uns gegen Zumutungen wehren müssten. Nehmen Sie mich. Wie schwer ist es mir gefallen, der Bahn gepfefferte Mails zu schreiben! Mein Magen krampfte sich zusammen – als hätte ich unrecht getan, statt mich nur gegen Unrecht zu wehren!
    Doch dieses Unbehagen währte nur kurz. Danach habe ich mich jedes Mal besser gefühlt. Als wäre ich meiner Mäuschenhaut entwachsen. Ich konnte mir im Spiegel in die Augen sehen. Ich hatte für meine Interessen als Kunde gekämpft.
    Aber lohnt sich dieser Kampf überhaupt? Sollte man als Kunde wegen jeder Kleinigkeit den Mund aufmachen? Denken Sie daran: Auch hundert geschluckte Kleinigkeiten können sich zum Magengeschwür addieren. Es kann eine Befreiung, eine geradezu sportliche Herausforderung sein, als Kunde das Florett der eigenen Interessen zu schwingen.
    Als mündiger Kunde sind Sie Leitwolf, nicht Opferlamm. Sie denken über den Rand Ihres Einkaufswagens hinaus und wissen, dass Sie Ihre Kundenrechte auch als Wähler einfordern können. Die Abgeordneten Ihres Wahlkreises und die politischen Parteien werden Sie kritisch beobachten: Für wessen Interessen kämpfen sie? Buckeln sie vor allem, was sich »Wirtschaft« nennt, auch wenn es sich um Kundenwürger, um Serviceverweigerer, um Trickbetrüger handelt? Oder kämpfen sie für die Rechte der Verbraucher?
    Ist Ihr Abgeordneter wirklich ein Vertreter Ihrer Interessen? Oder ist er ein Charakterschwächling, ein Meinungswarmduscher, ein Umfaller – wie all jene Politiker, die sich die gute Idee der »Lebensmittelampel«, die vor ungesunden Produkten warnen sollte, von der Lobby der Nahrungsindustrie aus dem Gehirn haben waschen lassen?
    Ist Ihr Abgeordneter ein Hofdiener der Unternehmer, der lieber den Hoteliers ihre Umsatzsteuer schenkt als für faire Hotelpreise einzutreten? Ist er ein Egomane, den die Preistreiberei der Deutschen Bahn als Inhaber eines Abgeordneten-Freitickets nicht stört, während die Bürger seines Wahlkreises immer mehr Geld für weniger Service ins Gleisbett werfen müssen – oder tritt er für die Interessen von Bahnkunden ein?
    Dass Gesetzentwürfe aus der Feder von Lobbyisten durch willfährige Abgeordnete in die Parlamente eingebracht werden, dass einige Berufspolitiker sich durch hoch dotierte Aufsichtsrats-Nebenjobs den Firmen mehr als ihren Wählern verpflichtet fühlen, das ist ein Armutszeugnis für Deutschland. Doch ließe sich dieses Trauerspiel leicht beenden – indem Sie solche Politiker abwählen. Indem Sie als Bürger, als politisch aufgeklärter Mensch für Ihre Kundenrechte kämpfen.
    Auf der Homepage www.abgeordnetenwatch.de können Sie jeden Abgeordneten öffentlich anschreiben – ihn zum Beispiel fragen, was er gegen die Wucherpreise an den Zapfsäulen unternimmt, welche Maßnahmen er gegen versteckten Zucker in Lebensmitteln plant und wie er jene Banken zügeln will, die Produkte nicht nach den Bedürfnissen ihrer Kunden, sondern nach der Höhe ihrer eigenen Provision auswählen.
    Dann kann ganz Deutschland verfolgen, wann der Abgeordnete antwortet, was er schreibt und ob er das, was er verspricht, in seiner Politik umsetzt. Je mehr Kunden auf diese Weise Politik machen, desto schwerer wird das Gegengewicht zu den Lobbys der Industrie. Die Masse macht’s: Jeder Wähler ist zugleich Kunde. Das bedeutet unbegrenzte Macht, auch politisch. Setzen wir sie ein!
    Und wenn Sie jetzt fragen: »Bedeutet all das nicht Aufwand und Arbeit – genau wie die Firmen ihn mir zum Beispiel mit Updates oder Selbstbedienung aufhalsen?« Dann antworte ich: »Ja, aber mit einem großen Unterschied, denn von dieser Arbeit profitieren keine Unternehmer, die sich über Ihre kostenlosen Dienste ins Fäustchen lachen; von dieser Arbeit profitieren Sie selbst.«
    Wenn Sie sich als anspruchsvoller Kunde, meinetwegen auch als Wutkunde engagieren, wenn Sie gegen schlechten Service und Abzocke aufstehen, wenn Sie politischen Einfluss ausüben und andere Kunden mobilisieren – dann streuen Sie eine Saat, deren Ernte Ihnen selbst zugutekommt. Wenn die Preise dann fallen. Wenn die Kundenfreundlichkeit aufblüht. Und wenn von König Arsch nur eines übrig bleibt: der König!

Quellenverzeichnis
    1 Die Zeit , 21. 9. 2006.
    2 Der Spiegel , 48/2007.
    3 faz.net, »Mehdorns Rückzieher: Bahn kippt geplante Schalterge bühr«, 12. 9. 2008.
    4 Welt Kompakt , 16. 6. 2011.
    5 Spiegel Online ,

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