König Artus
was ihr nicht besitzt? Um die Burg auf dem Felsen und damit die Gewißheit, daß ihr dann alles habt und für immer? Ihr seid doch vernünftige Männer.«
»Was schlagt Ihr vor, Madame?« fragte Sir Hugh.
»Wenn ihr genug Mut habt, einen hohen Einsatz zu wagen, schlage ich vor, daß ihr gegen den Ritter der Burgherrin kämpft. Es ist ja nicht so, daß er ein großer und weithin berühmter Ritter wäre. Es ist nicht viel mehr als ein Knabe.«
»Was habt Ihr für ein Interesse daran, Madame?« fragten sie argwöhnisch.
»Ich bin in einer glücklichen Lage«, antwortete sie. »Wenn ich den Kampf zustande bringe, wird die Dame vom Felsen es mir lohnen. Und solltet ihr gewinnen, darf ich vielleicht hoffen, daß ihr euch nicht undankbar zeigen werdet.«
Die Brüder traten ein Stück beiseite, um zu beratschlagen, und nach einer kurzen Debatte kamen sie zurück. »Madame«, sagte Sir Edward, »wir beide kamen zur selben Stunde aus demselben Schoß. Keiner von uns tut etwas ohne den andern, schon seit den Tagen, als wir Kleinkinder waren. Wir kämpfen gemeinsam und nur gemeinsam. Denkt Ihr, Euer Ritter wäre bereit, gegen uns beide zugleich zu kämpfen?«
»Ich weiß nicht. Er ist noch sehr jung und eigensinnig. Ihr wißt ja, wie ehrgeizige Knaben sind. Ich kann ihn fragen. Doch wenn er sich bereit erklärt, morgen früh gegen euch anzutreten, müßt ihr eure Männer in zweihundert Schritt Abstand zurücklassen.«
»Ist das eine List, Madame?«
»Nein«, sagte sie. »Das ist die Bogenschußweite. Wenn die ungebärdigen Bogenschützen bei uns wild werden oder eure Männer herankommen sollten, um einzugreifen, würden viele von ihnen umkommen.«
»Das hört sich vernünftig an«, sagten die beiden. »Versucht Euren Ritter zu bewegen, daß er gegen uns beide gleichzeitig antritt.«
»Ich werde mir alle Mühe geben, meine Herren. Und sollte Gott euch den Sieg verleihen, werdet ihr euch hoffentlich meiner erinnern.« Sie lächelte die Brüder an, kehrte in die Burg auf dem Felsen zurück, die Zugbrücke ging hoch, und hinter der Dame schloß sich das riesige Tor.
Als sie ihr Abendbrot verzehrt hatten, begab sich die Dame vom Felsen in ihre Kapelle, um den Beistand des Himmels herabzuflehen, die Dame Lyne aber zog Sir Ewain zum Torturm, von wo aus sie auf die Zugbrücke und die schöne Wiese jenseits des Burggrabens hinabblicken konnten. »Ihr dürft nicht denken, daß ich Euch als einen Dummkopf hingestellt habe«, sagte sie. »Das Problem war, sie überhaupt kampfwillig zu stimmen. Sie hatten wirklich keinen Grund, jetzt aber wähnen sie, einen zu haben. Habt Ihr sie genau beobachtet, während ich mit ihnen sprach?«
»Ja, Madame.«
»Und was habt Ihr gesehen?«
»Sie sind kräftig gebaut, wohlgestaltet, größer als ich und gleich schwer. Der, der rechts stand …«
»Merkt Euch, das ist Sir Hugh.«
»Er wurde einmal am rechten Knie oder Bein verwundet, denn er zieht den rechten Fuß nach. Ich nehme an, daß sie achtbare Kämpfer sind.«
»Was sonst noch? Befragt Euer Gedächtnis.«
Er schloß die Augen und stellte sich das Bild vor. »Ja, ich habe noch etwas bemerkt, etwas Sonderbares. Sie tragen ihre Schwerter auf verschiedenen Seiten. Das ist es. Der eine ist Rechts- und der andere Linkshänder.«
Sie streckte die Hand aus und berührte ihn an der Schulter – eine kleine Akkolade. »Gut, mein Ritter«, sagte sie. »Wie standen sie da?«
Wieder schloß er die Augen. »Die Scheiden der Schwerter waren nebeneinander, während sie dastanden – also ist der, der von mir aus gesehen, rechts stand, Sir Hugh, Linkshänder.«
»Und so werden sie auch kämpfen«, sagte sie. »Die Schwertarme außen, die Schilde nebeneinander – höchst gefährlich. Ihr müßt dafür sorgen, daß sie auseinanderrücken und versuchen, in Euren Rücken zu kommen. Ihr müßt zurückweichen und die leicht angezogene Zugbrücke im Rücken behalten. Nun gibt es einen Trick, den ich nur ein einziges Mal gesehen habe.«
»Vielleicht kenne ich ihn, Madame, oder ich kann ihn mir vorstellen. Wie ich sie dazu bringen könnte, daß sie die Plätze tauschen?«
Das Adlerauge der Dame leuchtete vor Stolz auf. »Ja, das ist es!« rief sie. »Ich habe Euch gut gewählt, oder das Glück war mit mir. Wenn Ihr es schafft, daß ihre Schwertarme nebeneinander sind, werden sie sich gegenseitig behindern, und Ihr seid im Vorteil. Aber wartet, junger Mann – wenn sie ein bißchen abgekämpft sind …« Sie zeichnete mit einem Finger in den Staub, der
Weitere Kostenlose Bücher