König Artus
nahm seine Position der Burg gegenüber ein und wartete, schweigend und regungslos.
Die Brüder senkten die Lanzen und griffen gemeinsam an, doch Sir Edwards Pferd war schneller, und Ewain, der sein Roß am kurzen Zügel hielt, ritt quer über Edwards Angriffslinie, überquerte sie hinter ihm noch einmal in der Gegenrichtung, erwischte Sir Hugh an seiner schwächeren Seite und stieß ihn aus dem Sattel. Ergrimmt attackierte Sir Edward ein zweites Mal und hielt Ausschau, ob Ewain einen weiteren Trick mit seinem Pferd vorhatte. Ewain sah die Dame Lyne droben auf dem Turm zu ihm herabblicken. Er hob grüßend die Lanze, legte sie dann ein und sprengte auf den Gegner los. Er spürte, wie Edwards Lanzenspitze auftraf, seine eigene traf gleichfalls ins Ziel, und dann sah er Edwards Lanze zersplittern und ihn selbst samt Sattel vom Pferd fallen. Die Dame Lyne schlug jubelnd die Hände zusammen, und von den Mauerzinnen schallte ein triumphierender Adlerschrei herab.
Die Brüder rappelten sich vom Boden hoch und traten nebeneinander, die Schwertarme außen und infolgedessen die Schilde dicht nebeneinander.
Sir Ewain ritt nahe hin und sagte: »Da ihr zwei gegen einen seid, habe ich das Recht, zu Pferde gegen euch zu kämpfen.«
»Ihr seid eine Memme und ein Verräter!« schrie Sir Edward.
Und Ewain hörte im Geist die rauhe Stimme der Dame sagen: »Taten sind die einzigen richtigen Antworten auf Worte. Spart Euch das Reden.«
Er sah, daß die Zugbrücke sich senkte, um ihm eine Rückzugsmöglichkeit in sicheren Hafen zu bieten. Er ritt so nahe wie möglich hin, aber so, daß ihm noch Zeit blieb, vom Pferd zu steigen und sich bereit zu machen. Dann saß er ab, warf den Schild vor und setzte sich in Richtung auf die Zugbrücke in Bewegung. Die Brüder erkannten sein Ziel und rannten mit aller Kraft Seite an Seite los, um ihm den Weg abzuschneiden. Sie erreichten ihn, ehe er sich zu ihnen umwenden konnte, fielen ihn an und hieben wie ein einziger breiter Mann mit einem Schwert in jeder Hand auf ihn ein. Ewain stürzte unter einem Streich, und droben auf dem Turm erschienen zwei Köpfe und zwei angelegte Pfeile, die Enden der gefiederten Schäfte an den Ohren der Schützen. Ewain raffte sich auf, rannte unter Schmerzen davon und dankte dem Himmel, daß er so leicht bewaffnet war. Dann wandte er sich – die Zugbrücke im Rücken – um und erwartete sie.
Sie waren erfahren in diesem Spiel. Sie wichen ein bißchen auseinander, und wenn Ewain einen Hieb gegen den einen führte, setzte er sich dem Schwert des andern aus. Sie verwundeten ihn an der Seite, und dann, als der eine nach oben zielte, damit Ewain den Schild hob, schlug der andere nach unten und traf ihn an den Beinen. Ewain spürte, wie das heiße Blut an seiner Seite hinabströmte und der Boden unter seinen Füßen glitschig wurde. Er versuchte sich an die Zeichnung im Staub, droben auf dem Turm, zu erinnern, doch da er etwas benommen war, konnte er sich das Bild nicht zurückrufen. Ein rascher Schlag auf seinen Helm, und sein Blick war wieder klar. Er sah seine Feder im Zickzack zu Boden schweben, und zugleich hörte er vom Turm den Adler schreien. Die Zeichnung im Staub trat ihm klar vor das geistige Auge. Er machte aus seiner gedeckten Position einen Satz nach rechts, näherte sich den beiden in einer enger werdenden Kreisbewegung, und Sir Edward drehte sich um, um seinen Angriff zu parieren. Dann sprang Ewain auf Hugh zu, der herumwirbelte, um sich zu verteidigen. Und als der Adler wieder schrie, manövrierte sich Ewain zwischen die Brüder, und sie drangen auf ihn ein. Ihre Schwerter fuhren hoch, und die Klingen prallten zusammen. Ewain machte einen Schritt nach links, zwang Sir Hughs Schild beiseite und trieb ihn mit einem kurzen Rückhandhieb gegen den Arm seines Bruders. Dann trat er ganz rasch nach links und dicht heran, und sein Schwert spaltete Edward die Schulter und fuhr tief in die Brust hinein. Zu Tode getroffen, stürzte Edward auf die Erde. Nun wandte Ewain sich gegen Hugh, doch dieser Ritter war ohne seinen Bruder nur ein halber Mann, und der Mut verließ ihn ganz und gar. Er sank auf die Knie, hob den Helm und flehte um Gnade.
Sir Ewain in seinem Edelsinn nahm Hughs Schwert entgegen, ergriff ihn an der Hand und führte ihn zum Burgtor. Dort schwanden dem jungen Ritter die Sinne, denn er hatte bei dem Kampf viel Blut verloren.
Die Damen brachten ihn zu Bett, reinigten seine Wunden und pflegten ihn mit zarten Händen. Da er jung war, heilten seine
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