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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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auf dem Steinboden des Turms lag. »Hier eine Finte würde den da auf Euch ziehen. Wenn Ihr Euch dann rasch um ihn herumdreht, wird er Euch hierher folgen. Dann greift hier an, weicht zurück, noch einmal angreifen – schnell! Versteht Ihr? Dann habt Ihr sie umgekehrt wie vorher dastehen. Aber Ihr müßt es schnell tun, eine zweite Chance bekommt Ihr nicht. Ich nehme an, die beiden kämpfen schon seit vielen Jahren auf diese Weise. So, und jetzt zum Tjosten. Darüber mache ich mir keine Sorgen. Mit der Lanze nehmt Ihr es mit jedem auf. Und es ist schwierig für zwei Ritter, zur selben Zeit loszustürmen. Ihr habt ein gutes Roß und könnt ihnen nach Belieben ausweichen oder auch nicht. Aber es gibt noch einen anderen Vorteil. Habt Ihr ihn bemerkt?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Ewain. »Die größten Ritter kämpfen mit beiden Händen gleich gut. Ich habe gesehen, daß sie von der rechten zur linken Hand wechseln und umgekehrt.«
    »Ich denke, Ihr werdet feststellen, daß diese beiden nicht die besten Ritter sind«, sagte sie. »Sie sind Räuber, die ein Jüngelchen zu besiegen hoffen. Laßt sie bis zum letzten Augenblick in diesem Glauben. So, und jetzt geht schlafen. Und habt keine Angst. Ich bin nicht willens, einen guten Ritter, den ich selbst ausgebildet habe, durch zwei Halunken zu verlieren.«
    Der nächste Morgen war günstig für einen Kampf. Die ersten Amseln des Frühlings begrüßten die Sonne und sangen sich in den Büschen längs des Burggrabens die Kehlen warm, und auf dem grünen Gras der Wiese lag ein goldener Hauch. Kaninchen ließen in der Sonne ihr Fell trocknen und leckten sich die Brust ab. Ein Schwarm eben erst ausgeschlüpfter Kaulquappen kapriolte im Wasser des Burggrabens umher (wie winzige Wale), während ein Reiher, der auf einem lanzengeraden Bein würdevoll dastand, sie herankommen ließ und dann mit der Pinzette seines Schnabels eine nach der andern wie reife Kirschen herauspickte.
    Der junge Ewain war schon früh wach. Er schärfte sein Schwert, schliff seine schwarze Lanze tadellos spitz, und zuletzt salbte er seinen Harnisch mit geklärtem Fett, das er mit den Fingerspitzen sanft in jedes bewegliche Teil einrieb. Er war freudig erregt, und als die Dame Lyne neben ihn trat und gluckte wie eine brütende Henne, sagte er: »Madame, habt Ihr nicht eine Zier für meinen Helm?«
    »Ach, kommt«, sagte sie. »Möchtet Ihr eine graue Haarsträhne oder einen feuchten Handschuh haben?« Doch der Gedanke ließ ihr keine Ruhe, und sie ging weg. Als Ewain den Helm beiseite gelegt hatte und in die Kapelle gegangen war, um die Messe zu hören, brachte sie eine Adlerfeder, braunschwarz und mit weißgefiedertem Kiel, und befestigte sie am Scharnier seines Visiers.
    Zur Stunde der Prim erschienen die beiden Brüder mit zusammengescharrter Würde, mit scheppernden Trompeten und Gefolgsleuten, die mit einem Kunterbunt erbeuteter Dinge ausgerüstet waren. Die Brüder ließen sie eine Bogenschußweite entfernt eine Reihe bilden und kamen dann mit einem einzigen Trompeter herbei, der vor ihnen herging und blecherne Töne von sich gab.
    Ewain ergriff seinen Schild, um zu ihnen hinauszureiten, aber seine Dame hielt ihn zurück. »Laßt sie eine Weile blasen«, sagte sie. »Je länger Ihr sie warten laßt, um so besser. Geht hinunter in den Hof und steigt auf Euer Pferd, reitet aber erst hinaus, wenn ich das Zeichen dafür gebe.« Sie sprach lange zu ihren beiden wilden Bogenschützen, ließ sie neben sich auf den Torturm treten, gedeckt von den Zinnen, und jeder hatte einen Vorrat von Pfeilen neben sich, zwei große Büschel aus grauen Gänsefedern. Die Bogenschützen beobachteten ihr Gesicht aufmerksam wie Jagdhunde.
    Die Dame Lyne blickte hinab in den Burghof und sah Ewain auf seinem gepanzerten Pferd sitzen, die große schwarze Lanze senkrecht aufgestellt, die Adlerfeder über seinem Helm nach hinten gebogen. Und noch immer wartete sie, bis schließlich dem Trompeter auf der Wiese die Luft ausging und der ganze pompöse Aufzug in Unruhe geriet.
    Sir Hugh rief zu der Burg hinauf, aus der nichts zu hören war: »Kommt herunter, jämmerlicher Ritter, wenn Ihr keine Angst habt!«
    Und noch immer wartete sie. Die Brüder, die irgendeinen Anschlag argwöhnten, waren zusammengerückt und blickten voll Mißtrauen und in aufkeimender Furcht hinauf. Erst dann hob sie die Hand. Die Zugbrücke fiel krachend herab, die Torflügel flogen auf, und Ewain galoppierte kühn hinaus. Er ritt an den Rittern vorbei, wendete,

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