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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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»Ich kenne mich mit der Erinnerung aus – und mit Versprechungen. Doch es gibt eine Möglichkeit. So wie die Heilige Kirche alljährlich Geburt, Tod und Auferstehung des Herrn feiert, so könntet auch Ihr handeln, was mich betrifft.«
    »Wie soll ich das verstehen, Madame?«
    »Ohne Euch nahetreten zu wollen – ich will damit sagen, daß eine Tat besser ist als ein Gedanke. Wenn Ihr Eure schwarze Lanze einlegt, denkt daran, Euch tief aufs Pferd zu ducken. Wenn Ihr kämpft, dann kämpft um den Sieg, und wenn Ihr gesiegt habt, seid edelmütig. Und reibt abends, ehe Ihr Euch zur Ruhe bettet, Euren Harnisch tüchtig mit Fett ein – mit diesem Geschenk werde ich zufrieden sein.«
    »Kehrt Ihr zurück an die Quelle, um Euch einen anderen Ritter zu suchen?« fragte er eifersüchtig.
    »Ja, ich denke schon. Aber ich werde kritisch sein. Es wird schwerhalten, einen zu finden, aus dem etwas zu machen ist. O Gott, es muß schrecklich sein, einen Sohn zu haben!«
    Er begrüßte Gawain und Marhalt an dem Wegkreuz und geleitete die Dame zu ihrem Sitz an der Quelle, wo schon das dreißig Winter alte Fräulein mit dem Kranz auf dem Kopf saß. Die Dame Lyne ließ sich nieder und setzte ihren Kranz auf. Und Ewain fragte: »Wo ist denn das jüngste Fräulein?«
    »Die kommt schon«, sagten die beiden. »Sie verspätet sich immer.«
    »Dann gehabt Euch wohl, Madame«, sagte Sir Ewain. Und als er davonritt, glaubte er sie sagen zu hören: »Gehabt Euch wohl, mein Sohn.«
    Jedem der drei Gefährten war bewußt, daß es viel zu erzählen und noch mehr zu verschweigen gab. Und während sie das Jahr durchgingen, kam ein königlicher Bote dahergeritten. »Ihr seid Sir Gawain und Sir Ewain«, sagte er. »Ich habe nach Euch gesucht. König Artus läßt Euch bitten, an den Hof zurückzukehren.«
    »Ist er noch immer ungnädig?«
    »Nein«, sagte der Bote. »Der König bereut sein unbedachtes Handeln. Ihr werdet herzlich aufgenommen werden.«
    Darüber freuten sich die Vettern, und sie sagten zu Marhalt: »Ihr müßt uns an den Hof begleiten.«
    »Ich sollte eigentlich auf mein Gut zurückkehren.«
    »Aber das wäre ein Makel an einer vollkommenen Ausfahrt – der einzige.«
    Marhalt lachte. »Da ich mein Rittertum ehre, darf ich mir so etwas nicht zuschulden kommen lassen«, sagte er.
    Und so ritten die drei fröhlich gen Camelot. Und jeder legte sich seine Erzählung so zurecht, wie er sie durch die Zeiten erzählt und wiedererzählt wissen wollte.

Die ruhmvolle Geschichte von Sir Lancelot vom See

    (Und sie verdient ihren Ruhm. J. S.)

    Nach einer langen Zeit der Wirren gelang es König Artus mit Glück und Waffengewalt, die Feinde inner- und außerhalb seines Reiches zu vernichten oder mit ihnen Frieden zu schließen und die Menschen an sein Recht auf die Herrschaft zu gewöhnen. Um dies zustande zu bringen, hatte der König an seinem Hof die besten Ritter und die kühnsten Kämpen aus der ganzen Welt versammelt.
    Nachdem König Artus so durch Krieg Frieden geschaffen hatte, sah er sich dem Dilemma aller Soldaten in friedlichen Zeiten gegenüber. Er konnte in einer Welt, in der die Gewalt in unruhigem Schlaf lag, seine Ritter nicht nach Hause schicken. Und andererseits ist es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, Kraft und Eifer waffentragender Männer ohne Kampf zu erhalten, denn nichts rostet so rasch wie das ungenutzte Schwert eines untätigen Soldaten.
    Da Artus dies wußte, tat er, was alle Heerführer zu allen Zeiten tun. Er veranstaltete Spiele, in denen der Krieg imitiert wurde, damit seine Ritter bei Kräften und in Übung blieben – Zweikämpfe, Turniere, Jagden und endlose Nachahmungen des Kriegshandwerks. Durch die gefahrvollen Spiele, bei denen man um des Ruhms willen das Leben aufs Spiel setzte, versuchte die Tafelrunde, Waffentüchtigkeit und Mut auf einem hohen Niveau zu halten. Manche Ritter gewannen bei diesen simulierten Kriegsspielen an Ehre und Ansehen, während andere auf dem Turnierplatz mit Lanze und Schwert Pech hatten und zu Boden gestreckt wurden. Und während die älteren, kampferprobten Ritter, vielleicht in der Erinnerung an reale Schlachten, ihre Waffen blank hielten, liebten die jüngeren sie nicht, denn ihr Rittertum kannte den Krieg nur als Spiel. So erfuhr Artus, wie alle Männer an der Spitze zu ihrem Staunen erfahren müssen, daß nicht der Krieg, sondern der Friede das Mannestum ruiniert, daß nicht die Gefahr, sondern ein friedvolles Leben die Mutter der Feigheit ist, und daß nicht Mangel, sondern

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