König Artus
geschehen, daß es Euch eines Morgens nach derbem Brot verlangt, um den Geschmack feiner Gewürze zu vertreiben. Und man könnte sich vorstellen, daß die hochgepeitschten Nerven vielleicht stumpf und schwer werden. Es ist ja schon vorgekommen, daß das Entzücken an dieser … Kunst sich im Handumdrehen in Ekel verwandelt.«
Die Königin mit dem rotgrauen Haar fletschte ihre scharfen Zähne. »Kommt zu Eurem eigenen Geschäft«, fauchte sie. »Laßt meines in Ruhe.«
»Sanft, Schwester – sachte. Erster der Ritter, ich denke, Ihr werdet mir zustimmen, daß jeder Zustand, jedes Tun, Klima, Vergnügen, jeder Schmerz und Kummer, jede Freude, Sieg oder Niederlage im Übermaß ermüdend wird. Meine Gabe für Euch soll die Veränderung sein. Der eine Tag wird von Lachen widerhallen wie das Gekräusel eines Teichs, der im Sonnenschein lächelt, während kleine Wellen vergnügt gegen moosbewachsene Steine plätschern; der nächste wird Sturm bringen und wilde, entfesselte, zerschmetternde Gewalt, den Geist aufwühlen – wundervoll! Ich verspreche Euch, daß jede Freude durch ein bißchen Schmerz noch verstärkt, daß Ruhe auf Unruhe folgen, Hitze mit Kälte abwechseln wird. Lüste des Fleisches und des Geistes werden zu kühlender, asketischer Heilung führen und nach der Erschlaffung neue Kraft schenken. Ich verspreche, daß nichts, was Ihr erlebt, in seiner Wirkung abstumpfen wird. Mit einem Wort, ich werde Euren Gefühlen, Sinnen, Gedanken mehr Weite schenken, bis zur äußersten Grenze, so daß Ihr niemals den allgegenwärtigen Gifthauch der Langeweile, unbefriedigter Neugier, unerforschter Möglichkeiten spüren werdet. Ich biete Euch ein lebensvolles Leben. An einem Tag werdet Ihr König und am nächsten ein von der Arbeit zermürbter Sklave sein, damit Euer Königtum Wert und Wertschätzung gewinnt. Wo andere Euch nur eine einzige Sache bieten, biete ich Euch alles, in Gegensätzen übereinandergeschichtet.« Ihre Augen waren jetzt schiefergrau, düster, und darin stand ein Glitzern, das einen Sturm ankündete. »Und schließlich biete ich Euch einen Tod, wie er Euch gebührt, einen edlen und glanzvollen Tod als letzte Krönung eines edlen Lebens voller Glanz.« Sie warf einen triumphierenden Seitenblick auf die konkurrierenden Königinnen.
Morgan sagte: »Sie hatte alle ihre Schätze ausgebreitet, nicht wahr? Sie hätte alle Hände voll zu tun, dieses Versprechen einzulösen.«
Sir Lancelot stützte die Ellenbogen auf die Knie und das Kinn in die Hände. Die Narben alter Wunden hoben sich weiß auf seinem Gesicht ab, und die Augen glänzten zwischen den halb geschlossenen Lidern. Die Königinnen auf dem Kriegspfad konnten seine Gedanken nicht lesen.
Die Königin von Ostland seufzte. Ihre Haut hatte die Farbe von Rosenasche. Sie war sanft und lieblich anzusehen in ihrem lavendelfarbenen Gewand, und in ihren haselnußbraunen Augen schienen Mitgefühl, Geborgenheit und Verstehen vereint mit Nachsicht zu leben.
»Armer, matter Ritter«, sprach sie leise. »Meine Freundinnen haben Euch gesehen, wie sie selbst sind, nichts als Begierde und Unrast – das sind ihre Spezialitäten. Ich weiß, daß alle Männer dieses doppelte Verlangen verspüren, die einen mehr, die anderen weniger. Ich habe gegenüber meinen Konkurrentinnen einen Vorteil, Sir Lancelot. Ich kenne nämlich Eure Mutter, mein kleiner Galahad!«
Morgan lachte, und die anderen beiden schrien: »Schamlos!«
Lancelots Kopf fuhr hoch, und in seinen Augen schimmerte es gefährlich. Doch die Königin von Ostland fuhr leise fort: »Königin Elaine von Benwick, jenseits des Meeres, Gemahlin des großen Königs Ban, Elaine, die teure Königin, und so schön, daß Gesandte aus aller Welt ihre Aufträge vergaßen, wenn sie sie erschauten. Doch sie vergaß nicht eines stupsnasigen Knirpses mit schmutzigem Gesicht und dem Namen Galahad. Nach einem anstrengenden Tag auf der glanzvollen und prunkreichen Bühne des Hofes war sie nicht zu müde, die Wendeltreppe in dem kleinen Turm hinaufzusteigen, um dem Kind, das vergessen hatte, sich die Hände zu waschen, einen kleinen Kuchen zu bringen. Niemals konnte eine fremde Gesandtschaft sie von einem weinenden Kind in Nöten fernhalten. Und Kriege und Gemetzel um die Mauern der Stadt minderten nichts an der Tragödie, wenn ein schmieriger kleiner Finger sich an einem neuen Messer schnitt und kleine Bluttränen weinte. Und wenn das Fieber kam, gab es für sie die Welt nicht mehr, und sie kehrte erst zurück, wenn eine
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