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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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mich zu beleidigen?«
    »Nein … ich denke nicht. Ich erwähnte es, weil ich mich frage, wer von beiden Ihr seid – die schöne Frau oder die Wölfin oder von beiden etwas.«
    »Ich will nichts mehr von ihm wissen«, sagte die Königin von den Äußeren Inseln. »Er ist ein Narr. Er denkt zuviel.«
    Lancelot lächelte traurig. »Hexenmeister und Zauberinnen«, sagte er, »haben von jeher die Männer verwirrt und ihnen … ja, Angst eingejagt, schreckliche Angst.
    Als ich heute morgen in der Kälte der Finsternis lag, ehe ich das Vergnügen eurer Gegenwart hatte, meine Damen, fiel mir ein, wie ich als Kind – ich hatte damals eine Rückenverletzung – für eine kleine Weile zu einem Zauberer wurde und plötzlich zu verstehen glaubte … doch die Zauberei verstehen beseitigt die Furcht nicht. Es steigert sie.«
    »Sollen wir uns dieses Gerede anhören, Schwestern? Er spricht von Kindern. Das ist eine Zumutung. Ich werde seine Beine in Schlangen verwandeln«, kicherte die Königin von Nord-Galys. »Ja, das ist ein guter Einfall. Und die Schlangen würden in verschiedene Richtungen davonkriechen, und …«
    »Hört ihm zu«, sagte Morgan. »Sprich weiter, Sohn eines Schweines. Sag uns, warum deine großartige Entdeckung dir Angst macht. Ich freue mich immer, solche Dinge zu hören. Sie regen die Phantasie an.«
    Lancelot stand auf und setzte sich dann wieder. »Ich habe Hunger«, sagte er. »An den Knochen, die ihr mir geschickt habt, war nicht viel Fleisch.«
    »Wie denn auch? Sie wurden ja zuerst den Hunden vorgeworfen. Trotzdem, vergeßt sie nicht. Sie waren vielleicht Eure letzte Mahlzeit. Sprecht weiter über die Furcht.«
    »Vielleicht ist es zu einfach, Madame. Aber Ihr wißt ja, wie Kinder manchmal, wenn ihnen etwas, was sie tun möchten, verboten wird, schreien und toben und sich mitunter im Zorn selber weh tun. Dann verstummen sie und werden rachsüchtig. Doch sie sind nicht stark genug, um sich an dem zu rächen, den sie für ihren Unterdrücker halten. Ein solches Kind zertritt etwa eine Ameise und sagt dazu, auf seine Kinderfrau gemünzt: ›Das gilt dir.‹ Oder es versetzt einem Hund einen Tritt und nennt ihn beim Namen seines Bruders, oder es reißt einer Fliege die Flügel aus, weil es seinen Vater umbringen möchte. Und dann, von der Welt enttäuscht, baut es sich seine eigene, in der es König ist, und nicht nur über Männer und Frauen und Tiere, sondern auch über die Wolken, die Sterne und den Himmel herrscht. Es ist unsichtbar, es kann fliegen. Keine Macht kann es fest- oder fernhalten. In seinem Traum erbaut es sich nicht nur eine Welt, sondern erschafft sich auch selbst neu, so, wie es gerne wäre. Das ist wohl alles, was dazu zu sagen ist. In der Regel macht es dann seinen Frieden mit der Welt und ersinnt Kompromisse, so daß die beiden einander nicht viel Schaden zufügen. Ja, so ist das.«
    »Was Ihr sagt, ist wahr, aber was kommt noch?«
    »Nun, einige schließen nicht Frieden. Und von diesen werden manche als hoffnungslos schwachsinnig, Hirngespinsten nachjagend eingeschlossen. Doch es gibt andere, Schlauere, die mittels Schwarzer Künste lernen, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Das ist Zauberei und Nekromantie. Weil solche Kinder nicht genug Weisheit und Güte besitzen, funktioniert die mittels Magie erbaute Welt nicht, und viele nehmen Schaden oder kommen um, weil sie schlecht konstruiert ist. Und dann befällt das Kind Wut, zerstörerische Wut, rachsüchtiger Haß. Hier hat die Furcht ihren Anlaß, denn Hexenmeister und Hexen sind Kinder, in einer Welt lebend, die sie ohne den Sauerteig des Mitgefühls oder das Regelwerk der Organisation geschaffen haben. Und was könnte mehr Furcht erregen als ein Kind mit unumschränkter Macht? Eine Lanze und ein Schwert sind, weiß Gott, schreckliche Waffen. Und deswegen wird dem Ritter, der sie führt, als erstes beigebracht, Mitleid, Gerechtigkeit, Gnade zu üben und erst als letztes Mittel – Gewalt.
    Ich habe Angst, meine Damen, weil ihr verkrüppelte, rachsüchtige Kinder mit Macht in den Händen seid. Und ich bin euer Gefangener.«
    »In den Feuern der Hölle soll er braten!« schrie die Königin von Ostland, und ihr Gesicht war weiß und aufgedunsen.
    Die rothaarige Hexe von Nord-Galys warf sich auf den Boden. Ihre zu Klauen gekrümmten Finger krallten sich in die Steine. Sie machte einen Katzenbuckel, schlug die Stirne gegen den Boden und kreischte dazu, bis Morgan die Arme hob, die Handflächen nach vorne. Sir Lancelot

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