König Artus
gutes, ritterliches Versprechen«, sagte sie.
Und Lancelot sagte: »Jedesmal, wenn ich mich mit einer Dame unterhalte, stelle ich fest, daß ich in ihren Händen ein Versprechen zurücklasse. Sagt, wißt Ihr von einem Kloster hier in der Nähe?«
»Gewiß, Sir. Bis zu der Straße, die hinführt, ist es nur eine Meile in östlicher Richtung, der Sonne entgegen. Warum fragt Ihr?«
»Es handelt sich um ein weiteres Versprechen«, antwortete Lancelot düster. Er legte langsam seine Rüstung an, und als er Abschied nahm, sagte er noch zu der Dame: »Bitte, vergeßt Euer Versprechen nicht.«
»Mein Versprechen? Welches denn?«
»Wegen … wegen des …«
»Ach so! Natürlich«, sagte sie lachend. »Ich werde es nicht vergessen. Vielmehr: Ich werde mich nicht daran erinnern. Und Sir Bellias wird bei seiner Ehre als Ritter der Tafelrunde das gleiche geloben. Keiner von uns wird jemals diesen Eid brechen.«
Sir Lancelot fand die Straße ohne Mühe, eine ansehnliche Straße, gepflastert und in der Mitte höher als an den Rändern. Und zu beiden Seiten waren Gräben angelegt, um das Regenwasser abzuleiten. Die Straße führte gerade wie eine Lanze durch höher und tiefer gelegenes Land und ließ sich durch nichts seitwärts ablenken, und indes Lancelot dahinritt, wechselte die Landschaft ihr Gesicht. Die Felder waren wohlgepflegt und bestellt und mit gestutzten Hecken eingefriedet. Es war die Zeit der Heuernte. Reihen sensenschwingender Männer bewegten sich über die Wiesen, und hinter ihnen schritt ein Aufseher hin und her, sorgte dafür, daß die Reihe geordnet blieb, und trieb die Zurückbleibenden mit seinem langen, dünnen Stab an, der wie die Flügel einer Wildtaube pfiff. Bald darauf kam Lancelot an Kaninchengehegen, Taubenschlägen, Schafhürden und dann an kleinen Häusern auf Rädern vorüber, um die herum Hühner pickten und Kühe weideten. Weiter vorne sah er die im Sonnenschein leuchtenden, frisch gekalkten Mauern des Klosters und nahebei Teiche, in denen es von Karpfen und allerlei einfachen Fischen wimmelte, sowie einen mit Weidengeflecht umgebenen Schwanenteich. In der Nähe der Klostermauern standen Obstbäume in Reih und Glied und reihenweise Bienenkörbe aus zusammengebundenen Grasbüscheln, aus denen das Summen der Heerscharen der Arbeiterinnen drang. Ein kleiner, rasch fließender Fluß umspülte die Mauern, und auf einem Damm stand eine Mühle, deren majestätisches Rad sich gemächlich mit der Strömung drehte, und in der Türe waren volle Getreidesäcke aus Werg aufgestapelt. Überall Bienen, Kaninchen, Tauben, Fische, Bäume, strömendes Wasser und Menschen, die emsig Nahrungsmittel für die Klosterscheunen produzierten, deren gewaltige Tore von darüber angebrachten heiligen Symbolen beschützt wurden, wie Fallen für Diebe. Es war eine blühende, vor Geschäftigkeit summende Gutswirtschaft, und die Magazine barsten beinahe von der Fülle der Produkte.
Als der Ritter auf die Mauer zuritt, sah er ein großes Tor mit zwei Flügeln, in das eine Pforte eingelassen war, und in dieser wiederum ein Türchen, und all dies war geschlossen, doch von oben baumelte ein Strick mit einer Glocke herab. Er beugte sich aus dem Sattel und schlug mit der Lanze an die Glocke. Das Türchen flog auf, ein Stück Brot kam herausgesegelt, prallte gegen seinen Schild und fiel auf die Erde. Er blickte auf das graue, staubbedeckte Brot hinab, und weil er weder gegessen noch geruht hatte, wallte zornig sein Blut auf. Er drehte seine Lanze um und hieb mit dem Ende auf das Tor ein, bis das Eichenholz protestierend stöhnte.
Das Türchen öffnete sich wieder, dann die Pforte, und eine kleine Nonne mit dem Gesicht einer Truthenne kam heraus und rief: »Verzeihung. Ich wußte nicht, daß ein Ritter draußen ist. Ich dachte, es sei einer von diesen diebischen Pilgern, die unsere Hennen und Gehege derart heimsuchen, daß wir Fallen für Menschen aufstellen müssen. Gott schütze uns alle, auch die Diebe! Jetzt will ich Euch das Tor aufmachen, edler Ritter.« Sie machte sich an den Riegeln zu schaffen, schob die Torflügel auf, und Lancelot ritt hindurch, ohne sie zu streifen oder sie auch nur mit einem matten Fluch zu bedenken. Und nicht lange danach saß er in einem freundlichen Gemach mit der Äbtissin beisammen, einer überaus korpulenten Frau mit prallen Wangen mit winzigen Äderchen, einem Mund, der aussah wie eine geplatzte Erdbeere, und ruhigen, wachsamen Augen. Sie schickte einen Schwarm junger Nonnen weg, die
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