König Artus
einander wieder, doch diesmal im Kampf. Sie wälzten sich auf der Erde, umtanzten einander wie Katzen, traten, bissen und rollten kämpfend und kratzend aus dem Zelt hinaus, während sich von Osten her die Morgendämmerung übers Land ergoß. Dann packte Sir Lancelot wie eine Bulldogge den Gegner am Hals und drückte mit voller Kraft zu, um ihn zu erdrosseln, bis die Augen aus den Höhlen quollen und die dicke, heraushängende Zunge und die hilflos in die Luft gestreckten Hände anzeigten, daß der andere sich ergab.
Sir Lancelot wälzte sich von ihm weg und setzte sich keuchend auf. »Was für ein Unhold seid Ihr«, fragte er, »einen schlafenden Ritter schändlich zu liebkosen? Los, sprecht – was habt Ihr hier zu suchen?«
»Ich kann nicht«, sagte der andere, der sich mit beiden Händen den schmerzenden Hals massierte. Dann krächzte er: »Ich bin hier, weil das mein Zelt ist. Ich glaubte, meine Geliebte wartend anzutreffen. Was hattet Ihr in meinem Bett verloren?«
»Ich fand es leer vor, und habe mich daraufgelegt, um zu ruhen.«
»Und warum, da Ihr keine Dame erwartet, habt Ihr meine Umarmung erwidert?«
»Ich habe geträumt«, sagte Lancelot.
»Das kann ich verstehen«, sagte sein gewesener Gegner, »doch warum habt Ihr mich dann angegriffen, als Ihr aus dem Traum erwachtet?«
Lancelot sagte: »Es ist nicht üblich, daß der Sieger eines Kampfes dem Unterlegenen Rechenschaft ablegt. Trotzdem tut es mir leid, daß ich Euch Schmerzen zugefügt habe. Aber Ihr müßt wissen, daß ich erst jüngst das Opfer seltsamer und schrecklicher Verzauberungen wurde. Als ich erwachte und merkte, daß mich ein bärtiges Reptil küßte, glaubte ich, es handle sich um eine neue verderbliche Verzauberung, und griff an, um mich daraus zu befreien. Wie fühlt Ihr Euch jetzt?«
»Ich komme mir vor wie eine Weihnachtsgans, der man den Hals umgedreht hat.«
»Glaubt Ihr mir?«
»Das mit den Verzauberungen? Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich darf nicht nein sagen, bis ich wieder imstande bin zu kämpfen.«
»Kommt«, sagte Lancelot. »Laßt mich einen Schal in kaltes Wasser tauchen und Euch um den Hals wickeln. Das hat meine Mutter immer getan, wenn ich einen steifen Hals hatte, und die Schmerzen sind davon weggegangen.«
Und als er im Zelt seinem gewesenen Gegner den kühlen Umschlag um den Hals wickelte, teilte sich der Türvorhang. Eine liebliche Dame trat herein, und als sie die beiden sah, schrie sie auf: »Was sehe ich da! Was habt Ihr Sir Bellias, meinem Gebieter, angetan?«
Lancelot blickte betreten drein, aber Sir Bellias sagte: »Diese Sache müßt wohl Ihr erklären. Ich kann es nich.«
Darauf berichtete Lancelot stotternd und mit vielen Pausen, was sich zugetragen hatte.
»Ich würde es schändlich nennen«, sagte die Dame, »wenn es nicht so komisch wäre.«
Bellias krächzte: »Macht ihm keine Vorwürfe, mein Liebes. Seht, er hat es mit einem kalten Umschlag gutzumachen versucht.«
Die Dame, die den Ritter angestarrt hatte, sagte nun: »Seid Ihr nicht Sir Lancelot?«
»Das bin ich, Madame.«
»Ich glaubte, Euch zu erkennen, Sir, denn ich habe Euch oft an König Artus’ Hof gesehen. Es ist uns eine Ehre, Sir.«
»Ich wünschte, wir wären uns unter anderen Umständen begegnet, Madame.«
Sie klopfte sich leicht und nachdenklich an die Zähne. »Nur eines macht mir Sorge, edler Ritter, und das ist Eure Ehre.«
»Wieso ist die im Spiel?«
»An sich nicht, aber wir müssen sehr aufpassen, daß diese Geschichte nicht ruchbar wird, denn sonst würde das Gelächter wie Glockenklang durch die Welt schallen, und Sir Lancelots ritterliche Taten würden vor Sir Lancelots Mißgeschick im Bett verblassen. Besonders der Königin darf davon nichts zu Ohren kommen.«
Lancelot wurde blaß. »Euch beiden kann ich vertrauen, und sonst weiß ja niemand etwas davon.«
»Ja, das ist wahr«, sagte sie und fuhr nach einer Pause fort: »Lassen wir das Thema auf sich beruhen und vergessen, was gewesen ist. Werdet Ihr beim nächsten hohen Fest am Hof sein, Sir?«
»So Gott will, ja, Madame.«
»Wir werden auch dort sein, Sir. Und denkt Euch, es ist schon lange Sir Bellias’ Wunsch, in die Tafelrunde aufgenommen zu werden. Meint Ihr, Ihr könntet beim König ein Wort für meinen Gebieter einlegen?«
Sir Lancelot sah sie an und gab sich mit Haltung geschlagen. »Ich kann zwar nichts versprechen, doch wenn er sich im Turnier als würdig erweist, werde ich bereitwillig zu seinen Gunsten sprechen.«
»Das ist ein
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