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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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nicht vollführen konnte, und ihr mit der freien Hand den Mund zuhielt, um Zaubersprüche zu ersticken und zugleich mit laut gerufenen Paternostern seinen Rücken gegen einen Angriff von hinten deckte, konnte es sein, daß er Sieger blieb. Zumindest würde sich der Versuch lohnen, und mehr als einen – beherzten – Versuch verlangten die ritterlichen Regeln nicht.
    Seine Finger suchten die Ränder der Tür ab und stellten fest, daß sie nach innen aufging, wie es nicht anders sein konnte. Wäre es anders gewesen, hätten verzweifelte Gefangene sie vielleicht nach außen drücken können. Doch sie war gesichert, denn der steinerne Türrahmen und -sturz verhinderten es. Somit hatte Lancelot die Tür als Deckung, sobald sie aufging. Aber falls sie kamen – wann? Manchmal ließ man einen Menschen schmachten, bis Finsternis, Hunger und Verzweiflung ihn gebrochen hatten und er nur noch eine verzagte, lallende Masse Fleisch war. Doch diese Frauen waren launenhaft wie Kinder, und die Geduld gehörte nicht zu den Eigenschaften ihres rastlosen Naturells. Zudem waren sie arrogant und ergrimmt. Sie würden nicht warten, bis sich ihr Zorn gelegt hatte. Doch er konnte auf eine lange Erfahrung als Kämpe zurückblicken. Jedem Kampfgetümmel und Waffengeklirr gingen hundert Stunden des Wartens voraus, und ein guter Kämpe lernte zu warten.
    Sir Lancelot lehnte sich gegen die Wand und rief sich einen anderen soldatischen Trick in die Erinnerung: im Stehen zu schlafen, aber nur leicht zu schlummern. Er wachte in Abständen auf und rieb sich die kalt gewordenen Hände, um sie geschmeidig zu machen.
    Er wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als ein Geräusch sein Wachtposten-Ohr aufhorchen ließ – leichtfüßige Schritte draußen im Korridor, noch weit weg. Sein Herz machte einen Sprung, denn was sich da näherte, war nur eine einzige Person, und sie kam leise, wie es schien, beinahe heimlich herbei. Nicht ein Wächter mit Eisenschuhen und klapperndem Schwert. Dann war durch das Gitterfensterchen ein schwaches Licht zu sehen, und Sir Lancelot trat zurück, um den Vorteil der aufgehenden Tür zu nutzen.
    Die schwere Türe öffnete sich ganz langsam und so leise, wie ihr eingerosteter Mechanismus es zuließ. Die Scharniere quietschten, ein Lichtband und dann ein breiterer Streifen Licht fielen herein, und als eine Gestalt eintrat, sprang Lancelot darauf zu. Sein rechter Arm umklammerte die Arme. Die Kerze flog auf den Boden, und es wurde finster. Seine linke Hand preßte sich auf einen weichen Mund, und er rief laut: »Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name …« Dann verstummte er, denn der weiche, kleine Körper, den er festhielt, leistete keinen Widerstand. »Wer seid Ihr?« flüsterte Lancelot heiser, und hinter der Innenfläche seiner linken Hand drang ein Gurgeln hervor. Er lockerte den Druck etwas, bereit, gleich wieder fest zuzudrücken.
    »Laßt mich los. Ich bin das Fräulein, das Euch das Abendbrot brachte.«
    Seine Arme fielen herab, und die lange aufgestaute und plötzlich freigesetzte Spannung ließ ihn in einem Kälteschauer erbeben.
    »Jetzt haben wir kein Licht«, sagte die schwache Stimme.
    »Das ist jetzt nicht wichtig. Wo sind die Königinnen?«
    »In der großen Küche. Ich habe sie durch die Tür erspäht. Sie haben auf dem Feuer einen Kessel, so groß, daß sie darin ein Schwein abbrühen könnten. Und sie werfen Dinge hinein, die ich lieber nicht beim Namen nenne – lebende darunter. Sie sehen aus wie uralte, weißhaarige Vetteln und kochen ein Gebräu zusammen, das stark genug ist, die Tore von Camelot aus den Angeln zu reißen.«
    »Haben sie Euch hierhergeschickt?«
    »O nein, Herr Ritter. Sie würden mich in den Kessel stecken, wenn sie wüßten, daß ich hier bin.«
    »Wißt Ihr, wo meine Rüstung ist … mein Schwert?«
    »Im Wachzimmer über dem Tor. Ich habe alles selbst hingebracht.«
    »Und mein Pferd?«
    »Ich habe es in den Stall geführt und ihm auch Futter gegeben.«
    »Gut. Dann machen wir uns jetzt auf.«
    »Einen Augenblick, Sir. Stimmt es, daß Ihr Sir Lancelot seid?«
    »Das bin ich.«
    »Zwölf Türen und zwölf Türschlösser trennen Euch von der Freiheit.«
    »Und?«
    »Ich kann sie aufschließen, Sir.«
    »Dann tut es.«
    »Oder auch nicht, Sir.«
    »Fräulein, wir haben Eile. Wovon redet Ihr eigentlich?«
    »Am nächsten Dienstag, Sir, kämpft mein Vater im Turnier gegen die, die ihn besiegt haben.«
    »Und was ist damit?«
    »Wenn Ihr mir in die Hand

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