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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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den der Betreffende an einer Welt ausläßt, der er die Schuld an seiner eigenen Unzulänglichkeit gibt.
    Wie die meisten großen Kämpen war auch Lancelot hochherzig und gütig von Natur. Wenn es notwendig wurde, einen Mann zu töten, tat er es rasch, ohne Zorn und ohne Furcht. Und da Grausamkeit, sofern sie nicht krankhaft ist, nur aus Angst erwächst, war er nicht grausam. Nur ein einziges konnte ihn zu blinder Grausamkeit treiben: Tücke. Er begriff Tücke nicht, da sie seinem eigenen Wesen fremd war. Und so wurde Lancelot ängstlich, wenn er dieser für ihn geheimnisvollen Regung begegnete, und einzig dann konnte er grausam sein. Und da Ausfahrten und ihre Schilderungen nur Illustrationen der Tugenden wie der Laster von Rittern sind, geschah es, daß er auf seinem Weg plötzlich die Angstschreie einer Frau hörte und, als er dem Schreien folgte, eine Dame sah, die vor einem Ritter mit dem gezückten Schwert in der Hand floh. Sir Lancelot trieb sein Pferd auf den Verfolger zu, der ihm entgegenrief: »Was gibt Euch das Recht, Euch zwischen Mann und Weib zu stellen? Ich werde sie umbringen, wie es mir zusteht.«
    »Nein, das werdet Ihr nicht«, versetzte Lancelot. »Ihr werdet mit mir kämpfen.«
    »Ich kenne Euch, Lancelot«, sagte der Mann. »Diese Frau, mein Eheweib, hat mich betrogen. Sie ist untreu. Es ist mein legitimes Recht, sie zu töten.«
    »So ist es nicht«, sagte die Dame. »Er ist ein eifersüchtiger Mann. Er ist eifersüchtig beim Essen und im Schlaf und wittert in allem ein Vergehen. Ich habe einen jungen Vetter, so jung, daß er mein Sohn sein könnte, aber mein Gemahl ist auf dieses Kind eifersüchtig. Er bildet sich schmutzige Dinge ein. Rettet mich, Sir Lancelot, denn mein Gemahl kennt kein Erbarmen.«
    »Ich werde Euch beschützen«, sagte Lancelot.
    Darauf sagte der Ehemann: »Ich achte Euch, Sir, und will alles tun, was Ihr sagt.«
    Sein Weib rief: »Oh, seid auf der Hut, Sir. Ich kenne ihn. Er ist heimtückisch.«
    »Ihr steht unter meinem Schutz. Er kann Euch nichts zuleide tun. Jetzt wollen wir uns aufmachen.«
    Nachdem sie eine Weile geritten waren, rief der Ehemann: »Schaut hinter Euch! Da kommen gewappnete Männer!«
    Lancelot drehte sich rasch um, und in diesem Augenblick fiel der Mann sein Eheweib an, hieb ihr den Kopf ab, beugte sich über sie und spuckte unter Verwünschungen auf ihren enthaupteten Leib.
    Da eine solche Untat für Lancelot fremd und beängstigend war, packte ihn der Grimm, obgleich er sonst ein kühler, gelassener Mann war. Er zog sein Schwert, die Augen glänzten rachelüstern wie die einer Schlange, sein Gesicht war schwarz vor rasendem Zorn.
    Der Ehemann warf sich auf die Erde, umklammerte Lancelots Knie, bettelte und flehte um Gnade, während der Ritter ihn wegzustoßen versuchte, um ihm einen Schwerthieb zu versetzen. Doch der Mann preßte den Kopf gegen Lancelots Beine und wimmerte wie ein großer Säugling.
    »Steht auf und kämpft!« donnerte Lancelot.
    »Ich kämpfe nicht – ich bitte um Gnade bei Eurem Rittertum.«
    »Hört mir zu. Ich werde den Harnisch ablegen und im Hemd gegen Euch kämpfen.«
    »Nein … Gnade.«
    »Ich werde mir einen Arm festbinden.«
    »Auch das nicht … Ich bitte um Gnade. Ihr habt geschworen, Gnade zu üben.«
    Dann machte sich Lancelot, dem vor Ekel und seinem eigenen Grimm übel war, von dem Mann frei und lehnte sich zitternd und erhitzt an einen Baum. Der Kopf der Dame, beschmutzt und blutbesudelt, grinste ihn von der Straße her an, auf die er gefallen war.
    »Sagt mir, welche Strafe ich auf mich nehmen muß. Ich werde alles tun, was Ihr mir auferlegt«, rief der Ehemann der Toten. »Nur laßt mir das Leben.«
    Nun wurde Lancelots Grausamkeit eisig. »Ich will es Euch sagen«, antwortete er. »Ihr werdet Euch die Leiche auf den Rücken laden und den Kopf in die Hand nehmen und beides Tag und Nacht nicht loslassen. Sobald Ihr an den Hof kommt, tretet damit vor Königin Guinevere. Wie sehr der Anblick sie auch anwidern mag, berichtet ihr, was Ihr getan habt. Sie wird Euch Eure Strafe verkünden.«
    »Das verspreche ich bei meiner Ehre.«
    »Bei Eurer Ehre, meiner Treu! Ihr seid in einer Stunde der Schande geboren worden. Ihr werdet gehorchen, denn wenn Ihr es nicht tut, werde ich Euch aufspüren und in Stücke zerreißen. Jetzt hebt die Leiche auf. Nein, legt sie nicht aufs Pferd. Nehmt sie auf den Rücken.«
    Er blickte dem Davonreitenden nach, der mit der schwankenden Leiche, die ihn von hinten umarmte, schwerfällig im

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