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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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als den Namen von Guinevere, der Königin.«
    Er fuhr zusammen wie ein von Fliegen geplagtes Pferd. Seine Arme fühlten sich kalt am Körper an.
    »Was für eine Macht hat sie über Euch?« fragte sie.
    »Die Macht einer Königin, der mein Rittertum geweiht ist.«
    »Und Euer Herz? Ist es auch jemandem geweiht?«
    »Mein Herz ist nur eine kleine Pumpe, Fräulein«, sagte er verdrossen. »Mein Herz bleibt immer an seinem Platz und verrichtet seine Arbeit. Ich habe von Herzen gehört, die ihren Platz verließen und klagend davonwanderten wie umherschweifende Geister, habe von Herzen gehört, gebrochen von Scham oder Sehnsucht, von verspielten Herzen, von schmachtenden und einsamen. Vielleicht gibt es solche Herzen ja wirklich. Mein eigenes ist eine langsam und gleichmäßig arbeitende Pumpe. Im Kampf wird es rascher, um mir zu geben, was ich brauche. Es spricht nie, es drückt sich nie vor der Arbeit. Der Arbeit allein ist mein Herz geweiht.«
    »Vielleicht hört Ihr ihm nicht zu«, sagte das Fräulein. »Ich hörte es aus der Ferne sprechen, daß Eure Ausfahrt am Ende und der Weg zurück zu Guinevere frei ist.«
    »Dann muß ich es zurechtweisen. Ich möchte nicht einmal, daß meine kleine Zehe hinter meinem Rücken spricht, geschweige denn mein Herz. Fräulein, was führt Ihr im Schilde, daß Ihr mit meinem Herzen plaudert, wie Gesinde an einem Brunnen klatscht? Wenn Ihr eine Zauberin seid, dann wird Eure Kunst Euch sagen, daß meine Finger verschränkt sind.«
    »Habt Ihr mich schon einmal gesehen?«
    Er beugte sich zu ihr hin und sah sie in der dunkler werdenden Nacht genau an. »Nein – oder ich kann mich nicht an Euch erinnern.«
    »Findet Ihr mich schön?«
    »Ja. Ihr seid schön, sehr schön, doch das kann von Zauberei bewirkt sein. Sagt mir, was ist Euer Begehren?« Seine Stimme klang ungeduldig.
    Sie beugte sich dicht zu ihm hin – so dicht, daß er in ihren großen, dunklen Augen das Spiegelbild des gestirnten Nachthimmels sehen konnte. Dann trieb ihr die Anstrengung Tränen heraus, die zitternd die Augen netzten. Die Sterne verloren ihre Schärfe, und Lancelot sah, wie sich in dem verdoppelten Himmel, in den er blickte, die Formen kleiner Monster bewegten. Er sah einen seitwärts kriechenden Krebs mit ausgestreckten Zangen, einen Skorpion mit peitschendem Schwanz, einen Löwen und einen Bock und Fische, die von Sternbild zu Sternbild schwammen. Er merkte, daß er schläfrig wurde.
    »Was seht Ihr?« fragte sie leise.
    »Jene Zeichen, die Zauberer benutzen, um die Zukunft vorauszusagen.«
    »Gut. Nun seht Euch Eure Zukunft an.«
    Ihre Augen wurden zu einem Teich, angefüllt mit dunklem, strudelndem Wasser, und dann bildete sich darunter ein Gesicht, schwebte der Oberfläche entgegen und wurde klar – ein reines Gesicht wie gemeißelt, mit tief eingekerbtem Kinn, kühlen, musternden Augen und einem kräftigen Mund mit vollen Lippen, die an den Mundwinkeln belustigt zuckten. Nun senkte sich ein Lid ganz kurz, der Mund öffnete sich, und die Lippen bewegten sich, als flüsterten sie – und dann wurde das Gesicht starr, zu einem gemalten Gesicht, zur Darstellung eines Gesichts. Die kühlen Augen waren gemeißelte Augen, die Brauen winzige, ziselierte Einschnitte.
    »Ihr seht ein Gesicht«, sagte die hauchende Stimme.
    »Ich sehe ein Gesicht.«
    »Erkennt Ihr es?«
    »Ja.«
    »Ist es klar?«
    »Sehr klar.«
    Sie keuchte vor Anstrengung. »Blickt genau hin, Sir. Hier seht Ihr Eure Bestimmung, Euer ganzes künftiges Leben – Eure Liebe, Eure einzige Liebe.«
    »Das kann nicht sein.«
    »Doch! Und ich sage den Gebilden aus Luft und Feuer und Wasser, den trefflichen Gehilfen, Dank. Jetzt könnt Ihr Euch von dem Bild lösen. Es ist für alle Zeit fixiert, unveränderlich. Ihr seid mein geworden – Ehemann, Liebster, Sklave. Löst Euch aus dem Zauber, mein Lieber, mein Teurer.«
    »Ich glaube nicht, daß ich unter einem Zauber stand, mein Fräulein.«
    »So kommt es einem vor, wenn es vorüber ist. Vielleicht werdet Ihr Euch nicht erinnern, was Ihr gesehen habt, aber ich weiß, Ihr habt mein Gesicht gesehen und seid mein.«
    Nun betrachtete Lancelot sie mit einem scharfen Blick und war tief beunruhigt, denn er sah ein armes, geistig verwirrtes Mädchen, das mit einem Strohhalm die Welt zu bewegen versuchte. Er fragte sich, ob es nicht human wäre, ihr zuzustimmen, und sie dann zu einem Priester zu führen, damit die Dämonen des Wahnsinns ausgetrieben würden. Und dann fiel ihm jener Zwerg mit dem breiten Rücken

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