König Artus
und zogen ihn zu einem breiten, weißen Band auseinander, die Mittelfinger drückten die Nase hoch, während die Zeigefinger die Winkel der Augen herabzogen, die den Nasenrücken anschielten. Und aus dem breitgezogenen Mund schaute die Zunge heraus und bewegte sich auf und ab. Seine Hand, zum Winken halb erhoben, verharrte so.
Das Mädchen ließ die Arme sinken und ging unbesorgt zurück zu ihrer Wäsche am Teich.
Sir Lancelot ritt weiter und dachte bei sich: »An jungen Mädchen muß etwas sein, was ich nicht verstehe.«
So war es auch. Am Teich angekommen, drehte sie ihm den Rücken zu, denn sie mochte diesen Ritter und wollte nicht mitansehen, wie ihm etwas geschah.
Unterdessen ritt Sir Lancelot in Richtung auf die drei Seidenzelte, die neben einer Holzbrücke über einem kleinen, tiefen Bach aufgeschlagen waren. An den Eingängen hingen an drei Lanzen drei weiße Schilde, und drei Ritter rekelten sich schläfrig im Gras, bis die Geräusche des näherkommenden Pferdes sie aufscheuchten.
»Oh, Gott meint es gut mit uns«, sagte Sir Gawter. »Seht doch, wer da herbeikommt – der große Sir Kay. Der edle, tapfere Sir Kay. Brüder, ich zittere und das Herz sinkt mir, aber ich muß mich ihm zum Kampf stellen, wenn auch schlotternd vor Angst.«
»Nein, wartet«, sagten die anderen. »Ihr könnt Euch nicht immer die Rosinen aus dem Kuchen holen.«
Sir Raynold rief: »Ich kann nicht zulassen, daß Ihr es mit diesem Drachen aufnehmt. Ich armer Tropf, der ich bin, werde gegen ihn kämpfen, wenn mir auch der Tod gewiß ist.«
»Wartet einen Augenblick«, sagte Sir Gilmere. »Ich kann nicht erlauben, daß ihr beide euer kostbares Leben aufs Spiel setzt. Ich selbst werde gegen ihn antreten.«
»Er wird fort sein, bis wir uns einig sind, welcher von uns sich opfern muß«, sagte Sir Gawter. »Hier sind drei Strohhalme. Wer den kürzesten zieht, hat gewonnen.«
Während Lancelot ohne ein Wort vorüberritt, steckten sie die Köpfe zusammen und zogen Strohhalme. Er überquerte den Bach und ritt weiter, doch schon einen Augenblick später galoppierte Sir Gawter – der Gewinner – hinter ihm drein und rief: »Bleibt stehen, falscher Ritter!«
Sir Lancelot zügelte sein Pferd und wartete auf ihn. Sir Gawter gab seinem Pferd links den Sporn und zwang es so, sich zur Seite zu drehen. Er sagte: »Wenn mir nicht der Schild des stolzen Sir Kay bekannt wäre, würde ich ihn daran erkennen, daß er nach Küchenfett stinkt. Wie konntet Ihr Euch erdreisten, heimlich über unsere Brücke zu reiten?«
»Gehört die Brücke Euch, junger Herr?«
»Soll das heißen, daß ich ein Lügner bin, Sir? Dafür werdet Ihr bezahlen.«
»Ich fragte ja nur. Ich habe Euch die Brücke nicht weggenommen – ich bin nur darübergeritten.«
»Oho, jetzt kommt Ihr mir mit Drohungen! Ich habe von Eurer Wichtigtuerei gehört, Sir. Die werde ich Euch austreiben!«
»Ich drohe Euch nicht.«
»Warum seid Ihr grußlos vorbeigeritten? Seid Ihr Euch zu gut, einfache Ritter zu grüßen?«
»Ich wollte einem Streit aus dem Weg gehen.«
»Ihr seid also eine Memme?«
»Nein. Aber ich hatte keinen Grund zum Streit mit Euch. Laßt mich bitte weiterreiten, junger Herr.«
»Dann werde ich Euch einen Grund liefern. Ihr seid ein Lügner, ein Betrüger, ein Schwachkopf, ein Feigling und eine Schande für den Ritterstand. Habt Ihr jetzt einen Grund zum Streit?«
Sir Lancelot antwortete: »Mit einem ungezogenen Hündchen streitet man sich nicht, man gibt ihm die Rute.«
»Damit habt Ihr Euch um Kopf und Kragen geredet, Ihr fettbesudelter Küchenritter.«
Sir Lancelot seufzte. »Ich habe mir redliche Mühe gegeben, Euch mit Anstand davonkommen zu lassen. Ich bin zwar ein Mann der Mäßigung, aber meine Langmut hat Grenzen.«
»Hoffentlich habt Ihr sie endlich erreicht«, rief Sir Gawter. »Verteidigt Euch, wenn Ihr Manns genug seid!« Er winkte seinen Gefährten, die auf der Brücke standen und herblickten, fröhlich zu, nahm seine Position ein und stürmte los. Seine Lanze zerbrach an Lancelots Schild, und er selbst wurde aus dem Sattel gehoben, eine Weile an der Lanzenspitze in der Luft gehalten und dann mit dem Kopf voran in einen Graben voll Schlamm geworfen. Dann ritt Sir Lancelot wortlos weiter.
Sir Raynold und Sir Gilmere als Zuschauer auf der Brücke wollten ihren Augen nicht trauen. »Was ist in Sir Kay gefahren?« fragten sie einander. »Es sieht ihm gar nicht ähnlich, so zu kämpfen.«
»Vielleicht hat irgendein unbekannter Ritter Sir Kay
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