König Artus
gerettet?«
Lancelots Mund war trocken. »Natürlich ein paar, Madame. Das geschieht ja jedesmal.«
»Und alle haben sich Euch hingegeben?«
»Nein, das taten sie nicht, Madame. Davor beschirmt Ihr mich.«
»Ich?«
»Ja, Ihr. Da ich mit Erlaubnis meines Gebieters geschworen habe, Euch zeit meines Lebens zu dienen und Euch meine ritterliche Minne zu weihen, bin ich durch Euren Namen gegen Fräulein gefeit.«
»Und ist es Euer Wunsch, gegen sie gefeit zu sein?«
»Ja, Madame. Ich bin ein Mann des Schwertes. Ich habe weder Zeit noch Neigung für irgendeine andere Art von Liebe. Ich hoffe, Ihr hört das mit Wohlgefallen, Madame. Ich habe Euch viele Gefangene zugesandt, damit sie Euch um Gnade bitten.«
»Ich habe noch nie so viele auf einmal erlebt«, sagte Artus. »Ihr müßt manche Grafschaft leergefegt haben.«
Guinevere berührte Lancelot wieder am Arm und bemerkte mit einem Seitenblick ihrer goldenen Augen das Zucken, das ihn durchfuhr. »Weil wir gerade bei diesem Thema sind, möchte ich eine Dame erwähnen, die Ihr nicht gerettet habt. Sie war in keiner guten Verfassung, als ich sie sah, ein Leichnam ohne Kopf, und der Mann, der sie brachte, hatte zur Hälfte den Verstand verloren.«
»Ich schäme mich dessen«, sagte Lancelot. »Sie stand unter meinem Schutze, aber ich konnte sie nicht schützen. Wohl aus Beschämung darüber habe ich den Mann gezwungen, sie hierherzubringen. Es tut mir leid. Ihr habt ihn hoffentlich von der Bürde befreit.«
»Keineswegs«, sagte sie. »Ich wollte ihn fort haben, ehe das Fest von dem Gestank verpestet wird. Ich habe ihn samt seiner Last zum Papst geschickt. Der Zustand seiner Freundin wird sich unterwegs nicht verbessern. Und wenn seine Zuneigung für Damen weiter abnimmt, wird er sich vielleicht in einen heiligen Mann verwandeln, einen Eremiten oder so etwas Ähnliches, falls er nicht überhaupt ein Irrer ist.«
Der König stützte sich auf einen Ellenbogen. »Wir müssen uns irgendein System ausdenken«, sagte er. »Die Regeln für die fahrenden Ritter sind zu locker gefaßt, und die Ausfahrten kommen einander in die Quere. Außerdem frage ich mich, wie lange wir die Wahrung des Rechts in den Händen von Männern lassen können, die selbst in sich nicht gefestigt sind. Ich meine nicht Euch, mein Freund. Doch es mag eine Zeit kommen, in der es an der Krone ist, dem Land Ordnung und System zu geben.«
Die Königin erhob sich. »Meine Herren, erlaubt ihr, daß ich euch jetzt verlasse? Ich weiß, ihr möchtet über bedeutende Dinge sprechen, die für die Ohren einer Dame fremd und vielleicht ermüdend sind.«
Der König sagte: »Gewiß, meine Liebe. Begebt Euch zur Ruhe.«
»Nein, Sire, nicht zur Ruhe. Wenn ich nicht die Vorlagen für die Stickereien mache, haben meine Damen morgen nichts zu tun.«
»Aber in diesen Tagen wird doch gefeiert, meine Teure.«
»Ich gebe ihnen gern jeden Tag etwas zu tun, Herr. Sie sind faule Geschöpfe und manche von ihnen ganz wirr im Kopf, so daß sie von einem Tag auf den nächsten vergessen, wie man einen Faden in die Nadel einfädelt. Entschuldigt mich also, meine Herren.«
Sie rauschte mit stolzen, gebieterischen Schritten hinaus, und die kleine Brise, die sie in der unbewegten Luft erzeugte, trug einen seltsamen Duft zu Lancelot, der ihm erregende Schauer durch den Körper trieb. Es war ein Duft, den er nicht kannte, nicht kennen konnte, denn es war Guineveres Geruch, destilliert von ihrer eigenen Haut. Und als sie durch die Tür schritt und die Treppe hinabzugehen begann, sah er sich aufspringen und ihr folgen, obwohl er sich nicht von der Stelle regte. Und als sie sich entfernt hatte, war der Raum öde, hatte seinen Glanz verloren, und Sir Lancelot war todmüde, vor Mattigkeit den Tränen nahe.
»Was für eine Königin sie ist«, sagte Artus leise. » Und was für eine Frau! Merlin war bei mir, als ich sie wählte. Er wollte mich mit einer seiner üblichen schwarzen Prophezeiungen davon abbringen – eines der wenigen Male, bei denen ich mit ihm uneins war. Ja, meine Wahl hat bewiesen, daß er sich irren konnte. Sie hat der Welt vorgeführt, wie eine Königin sein soll. Alle anderen Frauen verlieren ihren Glanz, wenn sie anwesend ist.«
Lancelot sagte: »Ja, Sire«, und aus einem ihm unbekannten Grund – außer vielleicht, weil das Fest so maßlos langweilig gewesen war – fühlte er sich verloren und spürte, wie sich ein kaltes Messer der Einsamkeit gegen sein Herz preßte.
Der König lachte stillvergnügt. »Es ist
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