König Artus
nur vorgeschoben, wenn Damen sagen, ihre Herren hätten bedeutende Dinge zu besprechen – während wir sie nur langweilen, würden sie die Wahrheit sagen. Und diese Wahrheit bleibt hoffentlich unausgesprochen. Aber Ihr seht recht mitgenommen aus, mein Freund. Habt Ihr Fieber? Habt Ihr das gemeint, als Ihr von einer alten Wunde spracht, die aufgebrochen sei?«
»Nein, Sire. Die Wunde war das, was Ihr vermutetet. Es ist wahr, ich kann kämpfen, durchs Land reiten, von Beeren leben, wieder kämpfen, ohne Schlaf auskommen und trotzdem frisch und bei Kräften bleiben, doch das Stillsitzen am Pfingstfest hat mich todmüde gemacht.«
Artus sagte: »Ich sehe es Euch an. Wir wollen ein andermal über den Zustand des Reiches sprechen. Geht jetzt zu Bett. Habt Ihr wieder Eure alte Unterkunft?«
»Nein, eine bessere. Sir Kay hat fünf Ritter aus den schönen Prachtzimmern über dem Nordtor ausquartiert. Er tat es zum Andenken an ein Abenteuer, das wir uns, Gott steh uns bei, morgen werden anhören müssen. Ich empfehle mich, Herr.«
Damit kniete Lancelot nieder, nahm die geliebte Hand des Königs in seine eigenen beiden Hände und küßte sie. »Gute Nacht, mein Lehnsherr, mein königlicher Freund«, sagte er. Dann stolperte er blind vor Müdigkeit aus dem Raum und tastete sich die Stufen der Wendeltreppe hinab, vorüber an den Schießscharten.
Als er den nächsten Treppenabsatz erreichte, trat Guinevere stumm aus einer Tür. Er konnte sie im schwachen Licht von der Schießscharte her erkennen. Sie nahm ihn am Arm, führte ihn in ihr dunkles Gemach und schloß die Eichenholztüre.
»Etwas Seltsames ist geschehen«, sagte sie leise. »Als ich Euch verließ, hatte ich das Gefühl, Ihr folgtet mir. Ich war mir dessen so gewiß, daß ich mich nicht einmal umsah, um mich zu vergewissern. Ihr wart hinter mir. Und als ich zu meiner Tür kam, sagte ich Euch gute Nacht, so überzeugt war ich von Eurer Gegenwart.«
Er sah ihre Silhouette in der Dunkelheit und roch den Duft, der ihr eigener war. »Madame«, sagte er, »als Ihr aus dem Zimmer gingt, sah ich mich Euch nachgehen, als sähe ich dem wie ein anderer Mensch zu.«
Ihre Leiber umschlangen einander, als wäre eine Falle zugeschnappt. Mund fand zu Mund in verzehrendem Kuß. Beider Herzschlag pochte in wilder Verzweiflung an die Rippenmauer, um sich mit dem andern zu vereinen, bis ihr angehaltener Atem hervorbrach, und Lancelot, von Schwindel erfaßt, fand die Tür und taumelte die Treppe hinab. Und er weinte bitterlich.
So hatte zu jener Zeit Sir Lancelot
den größten Namen von allen Rittern der Welt
und ward von hoch und niedrig am meisten geehrt.
EXPLICIT DIE RUHMVOLLE GESCHICHTE VON
SIR LANCELOT DU LAC
Anhang
John Steinbeck schrieb The Acts of King Arthur and His Noble Knights nach Malorys Erzählungen in der Version des Winchester-Manuskripts. Sein Werk geht über eine Redaktion weit hinaus, da John die ursprünglichen Erzählungen erweiterte. Es wurde 1958/59 in der englischen Grafschaft Somerset geschrieben und blieb unvollendet. John hat es weder korrigiert noch redigiert.
Die folgenden Auszüge aus seinen Briefen zeigen, daß er zwei Entwürfe von Teilen des Buchs schrieb. Diese Briefe waren an Elizabeth Otis, seine literarische Agentin von 1931 bis zu seinem Tod, 1968, und an mich gerichtet (ERO bezieht sich auf Elizabeth Otis, CHASE auf mich). Sie schildern einige seiner Gedanken, zeigen, wie er arbeitete, und geben manche seiner Ideen über die Schriftstellerei wieder. John schloß King Arthur nicht ab und äußerte sich auch nicht darüber, warum oder inwiefern er sich blockiert fühlte, falls er es überhaupt war, als er die Arbeit daran einstellte.
Was klar zutage tritt, ist sein großes und echtes Interesse an diesem Thema. In den folgenden Briefen schildert ein Romancier seine Hoffnungen, einige seiner Pläne und wie er diese Phase seines schriftstellerischen Schaffens durchschritt.
CHASE HORTON
AN ERO – NEW YORK, 11. NOVEMBER 1956
Ich werde mich unverzüglich an den Morte machen. Behalten wir die Sache für uns, bis ich sie hinter mir habe. Es [das Buch] hat noch immer ganz den alten Zauber.
AN ERO – NEW YORK, 19. NOVEMBER 1956
Ich habe in den letzten Tagen in den Malory reingeschnuppert. Und mit Entzücken. Solange ich nicht weiß, was in der Welt vor sich geht, würde ich mich gerne daran versuchen. Versuchen werde ich es auf jeden Fall.
Nun zur Arbeitsweise. In diesem Punkt bin ich etwas unschlüssig. Schon als ich das Buch zum
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