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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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versorgt haben.« Und er machte den Trompetern ein Zeichen, das Fest zu beenden, und bedeutete seinen Leibwächtern, die Halle zu räumen.

    Die Steintreppe, die zum Zimmer des Königs hinaufführte, war umgeben von den dicken Mauern des runden Bergfrieds. In kurzen Abständen zeigten lange, nach oben verjüngte Schießscharten in tiefen Mauernischen einen Ausschnitt der Stadt unterhalb des Turms.
    Die Treppe wurde nicht von Bewaffneten bewacht. Sie standen unten und hatten Lancelot eingelassen. Das Zimmer des Königs war rund und bildete gewissermaßen eine Scheibe des Turms. Es hatte keine Lichtöffnungen außer den Schießscharten, und man betrat es durch eine niedrige, in eine Wölbung eingelassene Tür. Der Raum war karg möbliert und mit Binsenmatten ausgelegt. Ein breites Bett und zu seinen Füßen eine geschnitzte Eichentruhe, vor dem Kamin eine Ruhebank und mehrere Hocker machten die ganze Einrichtung aus. Doch der rohe Stein des Turms war verputzt und mit feierlichen Figuren von Männern und Engeln bemalt, die Hand in Hand wandelten. Die einzigen Lichtquellen bildeten zwei Kerzen und das qualmende Feuer.
    Als Lancelot eintrat, erhob sich die Königin von der Bank vor dem Kamin und sagte: »Ich werde mich zurückziehen, meine Herren.«
    »Nein, bleibt doch«, sagte Artus.
    »Ja, bleibt«, sagte Lancelot.
    Der König lag behaglich ausgestreckt auf dem Bett. Aus seinem langen, safrangelben Gewand ragten die bloßen Füße. Die Zehen, nach unten gebogen, liebkosten einander.
    Die Königin war im Schein des Feuers lieblich anzusehen, ganz schlank in ihrem fließenden, grünen, golddurchwirkten Seidengewand. In ihren Mundwinkeln stand ein schwaches Lächeln, wie immer, wenn sie insgeheim belustigt war. Ihre kühnen, goldenen Augen hatten den gleichen Farbton wie das Haar, und merkwürdigerweise waren die Wimpern und die schmalen Brauen dunkel – zustande gebracht mit Hilfe von Schwärzepulver aus einem kleinen emaillierten Topf, von einem weitgereisten Ritter aus einem fernen Land mitgebracht.
    »Und wie steht Ihr das alles durch?« fragte Artus.
    »Nicht gut, Herr, es ist anstrengender als die Ausfahrt selbst.«
    »Habt Ihr die Taten, die man Euch zuschrieb, wirklich alle verrichtet?«
    Lancelot lachte in sich hinein. »Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß es nicht. Es hört sich anders an, wenn sie davon erzählen. Und die meisten fühlen sich bemüßigt, ein bißchen auszuschmücken. Wenn ich nach meiner Erinnerung anderthalb Meter weit gesprungen bin, machen sie sechzehn daraus, und an verschiedene dieser Riesen kann ich mich, offen gesagt, überhaupt nicht erinnern.«
    Die Königin machte ihm Platz auf der Kaminbank, und er setzte sich, mit dem Rücken zum Feuer.
    Guinevere sagte: »Dieses Fräulein … wie war gleich wieder der Name? … sprach von schönen Königinnen, die Zauberinnen gewesen seien, aber sie war so aufgeregt, daß ihre Worte übereinanderpurzelten. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, was eigentlich geschehen ist.«
    Lancelot blickte nervös zur Seite. »Ihr wißt ja, wie leicht erregbar junge Mädchen sind«, sagte er. »Ein bißchen hinterwäldlerisches Gezauber auf einer Wiese.«
    »Aber sie sprach doch von Königinnen.«
    »Madame, ich glaube, sie sieht in jeder Frau eine Königin. Es ist wie mit den Riesen – es schmückt die Geschichte aus.«
    »Dann waren es also keine Königinnen?«
    »Seht, wenn man sich auf das Gebiet der Zauberei begibt, stellt man fest, daß jede Frau eine Königin ist oder sich dafür hält. Wenn das kleine Fräulein das nächste Mal berichtet, wird es selbst eine sein. Ich finde ja, Sire, diese Geschichte nimmt überhand. Es ist ein ungutes Zeichen, zeugt von einer gewissen Unzufriedenheit, wenn Leute sich der Wahrsagerei und allen möglichen ähnlichen Dingen ergeben. Vielleicht sollte ein Gesetz dagegen erlassen werden.«
    »Es gibt eines«, sagte Artus. »Aber es befindet sich nicht in weltlichen Händen. Die Kirche hat das Amt, es anzuwenden.«
    »Ja, aber sogar manche der Nonnenklöster betreiben Zauberei.«
    »Nun, ich werde mit dem Erzbischof ein Wörtchen sprechen.«
    Die Königin sagte: »Wie ich höre, habt Ihr dutzendweise Fräulein errettet.« Sie legte ihre Finger auf seinen Arm. Durch seinen Körper ging ein Lodern, und sein Mund öffnete sich vor Verblüffung über einen dumpfen Schmerz, der nach oben gegen seine Rippen drückte und ihm den Atem benahm.
    Einen Augenblick später sagte sie: »Wie viele Fräulein habt Ihr

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