König Artus
sind weg, und ebenso ist das Polierte, sind die technischen Kniffe und ist der Stil verschwunden, all das, worin ich nur eine Art literarischer Couture sehen kann, wechselnd wie die Jahreszeiten. Statt dessen sind die Wörter, die meiner Feder zuströmen, ehrliche, kraftvolle Wörter, und sie brauchen keine Adjektive als Krücken. Es sind viel mehr, als ich überhaupt benötigen werde. Und sie fügen sich zu Sätzen zusammen, die mir einen Rhythmus, so ehrlich und unerschütterlich wie ein Herzschlag, zu haben scheinen. Ihr Ton klingt mir süß in die Ohren, wie mit der Kraft und der Selbstgewißheit unbeschwerter Kinder oder alter Männer, die auf ein erfülltes Leben zurückblicken.
Ich komme mit meiner Übersetzung des Morte voran, aber von einer Übersetzung hat die Arbeit nicht mehr als Malorys Werk. Ich behalte alles bei, aber es ist ebenso sehr von mir, wie sein Werk von ihm war. Ich habe Ihnen geschrieben, daß ich glaube, ich habe vor Malory keine Angst mehr, weil ich weiß, ich kann für meine Zeit besser schreiben, als er es gekonnt hätte, genauso wie er für seine Zeit besser schrieb als irgendein anderer.
Die Freude, die ich daran habe, läßt sich nicht beschreiben. Ich stehe schon früh am Morgen auf, damit ich den Vögeln eine Zeitlang zuhören kann. Sie sind um diese Stunde stark beschäftigt. Manchmal tue ich mehr als eine Stunde nichts anderes als schauen und lauschen, und daraus erwächst eine Fülle von Ruhe und Frieden und etwas, was ich nur als ein kosmisches Gefühl bezeichnen kann. Und wenn dann die Vögel ihre Geschäfte besorgt haben und die Landschaft an ihr Tagewerk geht, steige ich hinauf zu meinem kleinen Zimmer, um zu arbeiten. Und die Zeit, die zwischen Hinsetzen und dem Beginn des Schreibens vergeht, wird mit jedem Tag kürzer.
AN ERO – SOMERSET, 5. APRIL 1959
Wieder eine Woche vorüber, und womit ist sie vergangen? Mit der täglichen Arbeit und Briefeschreiben und der Ankunft des Frühlings und Gartenarbeit und Besuchen bei Morlands in Glastonbury, um beim Bearbeiten der Schafshäute zuzusehen, wie sie seit prähistorischen Zeiten bearbeitet werden. Ich weiß erstens nicht, wie die Woche so rasch vergehen, und zweitens nicht, wie in dieser Woche so viel zustande gebracht werden konnte.
Die Arbeit macht mir nach wie vor Freude und zugleich ist sie eine Strapaze. Seit Ende vergangener und bis in die nächste Woche die Schlacht bei Bedgrayne, ein schreckliches Tohuwabohu, sogar bei Malory. Ich muß nicht nur klären, was sich abspielte, sondern auch warum und stark kürzen. Die Menschen von heute können endlos Baseball-Berichte lesen, deren Erzählniveau nicht sehr hoch ist, und die Menschen des 15. Jahrhunderts waren imstande, sich unzählige Zweikämpfe ohne viel Abwechslung erzählen zu lassen. Ich muß eine Brücke herstellen, dergestalt, daß die Schlacht wichtig und packend bleibt, sich aber nicht in hundert einzelnen Rittern verliert, die gegeneinander anstürmen, und dennoch den Eindruck erhalten, daß eine Schlacht damals aus vielen Einzelkämpfen von Mann zu Mann bestand. Das ist das gräßlichste Schlamassel im ganzen ersten Teil. Malory bringt es fertig, den Kämpfen nicht weniger als sechs Seiten zu opfern, doch für die beiden wichtigsten Ereignisse im ersten Teil – wie Mordred empfangen wird und die Begegnung mit Guinevere – hat er nur jeweils zwei Zeilen übrig. Ich kann nicht viel Zeit dafür aufwenden, aber ich muß ihre ungeheure Bedeutung herausarbeiten. Wie Sie sehen, nie ein langweiliger Augenblick.
Nun eine Frage für Chase zum Nachgrübeln: Wenn die Schlacht zu Ende ist und Merlin sich schnurstracks nach Northumberland begibt und »hys mayster Blayse« alle Einzelheiten und Namen der Teilnehmer berichtet. Und Blayse schrieb die »batayle« Wort für Wort auf, so wie Merlin sie ihm erzählte … Und Merlin berichtete Blayse über alle zu Arthurs Zeit geschlagenen Schlachten und über all die ruhmvollen Taten der Mitglieder von Arthurs Hof, und Blayse schrieb sie nieder … Nun – wer zum Teufel war dieser Blayse, oder wie sah Merlin ihn? Kommt er in den »Frensshe« Büchern vor? Hat Merlin ihn erfunden? Ich würde gern erfahren, was Chase dazu meint.
AN CHASE – SOMERSET, 9. APRIL 1959
Ich muß aufpassen, daß ich nicht wiederhole, was ich bereits Elizabeth geschrieben habe und was Sie zweifellos gesehen haben. Heute morgen ein Brief von Jackson. Sie haben die Wörterbücher, und ich habe sie bestellt. Sie haben kein Lexikon des Kornischen,
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