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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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20. Jahrhunderts ist. Vielleicht ist mein Ehrgeiz zu groß, aber ich bemühe mich darum, die Sage dem heutigen Verstehen zu erschließen, nicht sie gefällig darzubieten. Mir geht es um das ferne Gefühl des Mythos, nicht um das private Empfinden des Menschen der Gegenwart, der heute so und morgen anders denkt, sich allerdings, davon bin ich überzeugt, in seinem tieferen Empfindungsvermögen überhaupt nicht verändert. Kurzum, ich versuche nicht, ein populäres, sondern ein Buch zu schreiben, das von Dauer ist. All das hätte ich Ihnen sagen sollen.
    Es war und ist noch immer bei alledem meine Absicht, jeder der Erzählungen einen – wie soll ich es nennen? – Essay, eine Erläuterung, einen Nachtrag folgen zu lassen. Darin beabsichtige ich, die realen, die spekulativen, die erklärenden, vielleicht sogar die charakterisierenden Elemente aufzunehmen, aber für sich stehend. Mir ist zum Beispiel nichts davon bekannt, daß Merlin ein Druide oder Nachhall eines Druiden war, und Malory hat es gewiß keinesfalls angenommen. In den Einschüben kann ich spekulieren, daß es so gewesen sein könnte, obwohl ich vermute, daß die Idee hinter Merlin viel älter ist als der Druidismus. Merlins Pendants finden sich in jedem großen Zyklus – in Griechenland, in der Bibel und in den Volksmythen, bis zurück zu den Anfängen. Chase macht die kluge Bemerkung, daß Sachsen und Sarazenen [bei Malory] vermutlich das gleiche sind. Fremde von weither. Sie treten immer auf. Für Malory waren die zuletzt aufgetretenen geheimnisvollen und mächtigen Fremden Sarazenen. Die Sachsen gehörten, sofern er kein Kelte war, irgendwie zu ihm, obwohl er sich vermutlich eine normannische Abkunft zuschrieb – aus Gründen des sozialen Prestiges.
    Na schön, werden Sie sagen – wenn das Ihre Absicht ist, wo bleiben dann diese erhellend gedachten Kommentare? Nun, sie sind aus zwei Gründen noch nicht geschrieben. Erstens lerne ich so viel aus den Erzählungen, und zweitens möchte ich den Rhythmus nicht unterbrechen. Ich fand, daß sich ein Rhythmus eingestellt hatte, und war darüber erfreut. Außerdem müssen diese Erzählungen ihrer Natur nach schmucklos sein, und in dem, was ich hinzugefügt habe, habe ich mich bemüht, diese Kargheit zu bewahren.
    Ich weiß, es wirkt so, als wollte ich meine These verteidigen, und genauso ist es auch. Aber ein paar Dinge verstehe ich nicht. Sie schreiben, der Mord an den Babys sei die eines Königs unwürdige Neuauflage der Herodes-Geschichte. Aber das ist ja das Thema der ganzen Sage. Die Herodes-Geschichte ist einfach eine weitere Version des zeitlosen Prinzips, daß menschliches Planen das Schicksal nicht von seinem Lauf abzubringen vermag. Die ganze Sage ist eine Neuerzählung uralter menschlicher Erfahrung. Sie ist eine Version von »Macht verdirbt«.
    Was mich – Sie werden das verstehen – am traurigsten gestimmt hat, ist der Ton der Enttäuschung in Ihrem Brief. Wenn ich meine Arbeit mit Skepsis betrachtet hätte, hätte ich mir einfach gesagt, Sie haben mich durchschaut. Aber ich fand, daß ich gute Arbeit leiste, und innerhalb der Grenzen, die ich mir gezogen habe, finde ich das auch jetzt noch.
    Die erste Erzählung ist die mit weitem Abstand formloseste, schwierigste und am meisten überfrachtete von allen.
    Die Geschichte von dem Ritter mit den zwei Schwertern ist direkter, aber nicht minder geheimnisvoll.
    Schließlich – und ich werde danach den Punkt nicht weiter strapazieren – habe ich das Gefühl, daß ich auf etwas zustrebe, was für mich großen Wert hat. Es liest sich nicht wie von mir, weil ich das nicht will. Und dabei kommt mir der Gedanke, ob es Ihnen nicht lieber wäre, wenn ich die Erzählungen nicht jeweils schicke, sobald sie fertig sind, sondern bis zuletzt warte, wenn die Zwischenkapitel eingefügt sind. Ich hatte daran gedacht, nach 400 oder 450 Seiten zurückzugehen und diesen Teil, weil es einen Band abgeben wird, abzuschließen, bevor ich weitermache. Vielleicht werden es zwei Fassungen, einmal nur die Übersetzung und dann Übersetzung plus Zwischenkapitel. Was die Übersetzung angeht, steht für mich eines fest: Sie ist von allen, die bisher gemacht wurden, weitaus die beste. Aber Sie müssen mir Ihre Meinung zu diesem Brief schreiben. In diesem Sinne – Mais, je marche!

    AN ERO – SOMERSET, 14. MAI 1959
    Jetzt habe ich einen Tag lang nachgedacht und eine Nacht mit Herzklopfen verbracht, seit ich den Brief umschrieb. Ich habe auch den beigelegten Durchschlag etwas

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