König Artus
stürzten sich mit solcher Vehemenz ins Gewühl, daß es von ihnen hieß, sie kämpften wie Engel aus dem Himmel beziehungsweise wie Teufel aus der Hölle, je nachdem, welche Partei man vertrat. Artus in der Vorhut sah die Waffentaten der Brüder und pries sie vor allen seinen Rittern. Und die Streitmacht des Königs obsiegte, trieb den Feind vom Schlachtfeld und zerstörte Neros Macht.
Ein Bote ritt zu König Lot und meldete, daß die Schlacht verloren und Nero getötet worden war, während Lot Merlins Erzählungen lauschte. König Lot sagte: »Merlin hat mich behext. Wäre ich dort gewesen, hätte Artus nicht den Sieg errungen. Dieser Zauberer hat mich genarrt und mich in seinen Bann gezogen wie ein Kind, das sich Märchen anhört.«
Merlin sagte: »Ich weiß, daß heute ein König sterben muß, und so leid es mir tut, ich wünschte, es wäret Ihr, nicht König Artus.« Damit erhob er sich in die Lüfte und entschwand.
Dann versammelte König Lot seine Unterführer. »Was soll ich tun?« fragte er. »Ist es besser, um Frieden zu bitten oder zu kämpfen? Wenn Nero verloren hat, ist unser halbes Heer dahin.«
Ein Ritter sagte: »König Artus’ Männer sind vom Kampf ermattet und ihre Pferde erschöpft, wir dagegen frisch und ausgeruht. Greifen wir ihn jetzt an, ist der Vorteil auf unserer Seite.«
»Wenn ihr alle zustimmt, werden wir kämpfen«, sagte König Lot. »Ich hoffe, ihr werdet euch ebensogut halten, wie ich es selbst versuche.«
Sodann galoppierte er dem Schlachtfeld entgegen und attackierte Artus’ Mannen, aber sie hielten ihm stand und wichen nicht zurück.
Aus Beschämung über sein Zuspätkommen kämpfte König Lot in der vordersten Reihe seiner Ritter. Er schlug sich wie ein rasender Teufel, denn er haßte Artus wie keinen anderen. Er war mit Artus, dessen Halbschwester er geheiratet hatte, früher befreundet gewesen. Doch als Artus die Gemahlin Lots – unwissend, daß sie seine Halbschwester war – verführte und schwängerte, wobei sie das Kind Mordred empfing, schlug König Lots Loyalität in Haß um, und er setzte alles daran, seinen einstigen Freund zugrunde zu richten.
Wie von Merlin vorausgesagt, war Sir Pellinore, der einst an der Quelle im Wald Artus besiegt hatte, zu einem getreuen Freund des Königs geworden, und er kämpfte nun in der ersten Reihe von Artus’ Rittern. Sir Pellinore trieb sein Pferd durch das Getümmel rings um König Lot und holte zu einem weitgeschwungenen Schwerthieb gegen ihn aus. Die Klinge glitt ab und tötete Lots Pferd, und als es in die Knie brach, schlug Pellinore mit großer Wucht auf Lots Helm, worauf dieser zu Boden sank.
König Lots Männer sahen ihn erschlagen auf dem Boden liegen und versuchten zu fliehen, aber viele wurden gefangengenommen und noch mehr auf der Flucht getötet.
Als die Leichen zusammengetragen wurden, fand man unter ihnen die von zwölf großen Herren, die im Dienste Neros und König Lots umgekommen waren. Sie wurden zur Bestattung in die Stephanskirche in Camelot gebracht, die Ritter geringeren Ranges hingegen nahebei unter einem gewaltigen Stein begraben.
König Artus ließ Lot in einer reichgeschmückten Gruft für sich allein beisetzen, die zwölf großen Herren jedoch zusammenlegen und über ihnen ein Siegesdenkmal errichten. Merlin nutzte seine Künste dazu, Figuren der zwölf Herren aus vergoldetem Kupfer und Messing in der Haltung besiegter Männer zu gestalten, und jede Figur hielt eine Kerze, die Tag und Nacht brannte. Über diesen Abbildern brachte er eine Statue von König Artus an, die ein gezogenes Schwert über die Häupter seiner Feinde hielt. Und Merlin prophezeite, daß die Kerzen bis zu Artus’ Tod brennen und im selben Augenblick wie er verlöschen würden. Und an diesem Tage prophezeite er auch andere Dinge, die im Schoß der Zukunft lagen.
Kurz danach befahl Artus, ermüdet vom Kämpfen und Regieren und außerdem des Lebens in dunklen Räumen hinter dicken Burgmauern überdrüssig, sein Prunkzelt auf einer grünen Wiese außerhalb der Mauern aufzuschlagen. Dort wollte er in der Stille und in der süß duftenden Luft ruhen, um wieder zu Kräften zu kommen. Er legte sich auf ein Feldbett, um zu schlafen, aber er hatte die Augen noch nicht geschlossen, als er ein näherkommendes Pferd hörte und einen Ritter heranreiten sah, der klagend und kummervoll mit sich selbst sprach.
Als er am Zelt vorbeikam, rief der König hinaus: »Kommt zu mir herein, wackerer Ritter, und sagt mir, warum Ihr so traurig
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