König Artus
Steinkreuz am Wege, und darauf stand in goldenen Buchstaben KEIN RITTER SOLL ALLEIN AUF DIESEM WEG REITEN. Während Balin die Worte las, trat ein alter, weißhaariger Mann heran und sagte: »Sir Balin, hier ist die Grenze Eures Lebens. Kehrt um – vielleicht rettet Ihr Euch!« Damit verschwand der Greis.
Dann hörte Balin ein Jagdhorn das Signal blasen, das vom Tod eines Hirsches kündet, und er sagte düster: »Diese Todesfanfare ist für mich bestimmt. Ich bin die Beute, nur noch nicht tot.« Und plötzlich umdrängte ihn eine Menschenmenge, hundert anmutige Damen und viele Ritter in reicher, schimmernder Rüstung, und sie hießen ihn mit liebreichen Worten willkommen, sprachen zärtlich und schmeichelnd zu ihm und führten ihn auf eine Burg in der Nähe, wo sie ihm die Waffen abnahmen und ihm ein üppiges, weiches Gewand gaben. Dann geleiteten sie ihn in die große Halle, wo Musikanten spielten und getanzt wurde und eine unechte Fröhlichkeit herrschte.
Und als man es Balin behaglich gemacht hatte, trat die Burgherrin zu ihm und sagte: »Herr Ritter mit den zwei Schwertern, es ist Brauch, daß jeder des Weges kommende Fremde mit einem Ritter, der eine Insel in der Nähe bewacht, tjosten muß.«
Balin antwortete: »Es ist ein unschöner Brauch, einen Ritter dazu zu zwingen, ob er will oder nicht.«
»Es ist ja nur ein Ritter. Hat der große Balin Angst vor einem einzigen Ritter?«
»Ich glaube nicht, daß ich Angst habe, Madame«, sagte Balin. »Aber ein Mann, der von weither kommt, kann müde sein, und sein Pferd ist vielleicht erschöpft. Mein Körper ist matt, mein Herz aber frisch.« Und niedergeschlagen fügte er hinzu: »Wenn es sein muß, dann muß es sein, und ich wäre froh, wenn ich hier im Tod Ruhe und Frieden fände.«
Dann sagte ein Ritter, der in der Nähe stand: »Ich habe mir Eure Rüstung angesehen. Euer Schild ist klein, und die Riemen daran sind lose. Nehmt meinen. Er ist groß und gut gearbeitet.« Balin lehnte ab, doch der Ritter ließ nicht locker und sagte: »Ich bitte Euch, nehmt ihn um Eurer Sicherheit willen.«
Dann legte Balin müde seinen Harnisch an, und der Ritter brachte seinen neuen und schön bemalten Schild und drängte ihn Balin auf. Balin war zu erschöpft und verwirrt, um zu widersprechen, und er dachte daran, daß sein Knappe ihm vorgehalten hatte, er sei halsstarrig und das mache ihm das Leben schwer. Und so akzeptierte er den Schild, stieg in den Sattel und ritt langsam zu einem See mit einer kleinen Insel, der Burg so nahe, daß er von dort aus zu sehen war. Und auf den Mauern versammelten sich Damen und Ritter, um dem Zweikampf zuzusehen.
Am Ufer wartete ein Kahn, groß genug für Mann und Pferd. Balin stieg hinein und wurde zu der Insel gerudert. Dort empfing ihn ein Fräulein mit den Worten: »Sir Balin, warum habt Ihr den Schild mit Eurem Wappenzeichen zurückgelassen?«
»Ich weiß nicht, warum«, sagte Balin. »Ich bin vom Unglück zermalmt und kann nicht mehr klar denken. Es reut mich, daß ich überhaupt hierhergekommen bin, aber da ich nun schon einmal hier bin, mache ich halt in Gottes Namen weiter. Ich würde mich schämen, jetzt umzukehren. Nein, ich werde auf mich nehmen, was mir beschieden ist, Tod oder Leben.«
Dann prüfte er nach alter Ritterart seine Waffen und zurrte den Sattelgurt fest. Er stieg in den Sattel, empfahl sich Gott, schloß das Visier an seinem Helm und ritt auf eine kleine Behausung auf der Insel zu, und die Ritter und die Damen beobachteten ihn von der Burg aus.
Dann kam ein Ritter mit einer roten Rüstung und auf einem mit einer roten Decke geschmückten Pferd auf ihn zugeritten. Es war Sir Balan, und als er sah, daß sein Gegner zwei Schwerter trug, dachte er zuerst, es handle sich um seinen Bruder, doch das Wappenzeichen auf dem Schild sagte ihm, daß es nicht so sein könne.
In unheilschwangerem Schweigen legten die beiden Ritter ihre Lanzen ein und prallten zusammen. Beide Lanzen trafen ins Ziel, ohne zu zersplittern, beide Ritter wurden aus dem Sattel geschleudert und lagen betäubt auf der Erde, Balin hatte von dem Sturz böse Prellungen davongetragen, und sein ganzer Körper tat ihm vor Erschöpfung weh, Balan kam als erster wieder zu sich. Er erhob sich, lief auf Balin zu, und dieser raffte sich hoch, um Balan entgegenzutreten.
Balan führte den ersten Hieb, doch Balin hob seinen Schild, fing ihn ab, schlug unterhalb des Schildes zu und in den Helm des Gegners eine tiefe Kerbe, und noch einmal führte er einen Streich
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