König Artus
Gruß und sagte: »Bester aller Könige, möge Jesus Euch segnen. Ich habe gehört, daß Ihr jetzt, aus Anlaß Eurer Vermählung, Bitten gewährt, die nicht unbillig sind.«
»So ist es«, sagte der König. »Das habe ich versprochen, und ich werde es halten, wenn deine Bitte meiner Würde und dem Königreich keinen Schaden tut. Was ist dein Wunsch?«
»Ich danke Euch, Herr«, sagte der arme Mann. »Ich bitte darum, daß Ihr geruht, meinen Sohn hier zum Ritter zu schlagen.«
»Du verlangst sehr viel«, sagte der König. »Wie heißt du?«
»Sir, ich heiße Aryes und bin ein Kuhhirt.«
»Hast du dir die Bitte selbst ausgedacht?«
»Nein, Sir«, sagte Aryes. »Ich muß Euch sagen, wie es sich verhält. Ich habe dreizehn Söhne, und all die übrigen arbeiten fleißig, wie es sich von braven Söhnen gehört. Dieser Junge aber will keine einfache Arbeit verrichten. Immerfort schießt er mit Pfeil und Bogen, er wirft Speere und läuft zu Turnieren, um den Rittern und bei den Kämpfen zuzusehen, und, Tag und Nacht läßt er mir keine Ruhe, weil er nichts anderes im Kopf hat, als ein Ritter zu werden.«
Der König wandte sich dem jungen Mann zu. »Wie heißt du?« fragte er.
»Ich heiße Torre, Sir.«
Der König blickte den jungen Menschen an und sah, daß er schmuck, hochgewachsen und Wohlgestalt war, und er sagte zu Aryes: »Bringe deine anderen Söhne her.«
Als die Brüder vor Artus standen, sah er, daß sie einfache Arbeiter wie Aryes waren und in Aussehen und Haltung keinerlei Ähnlichkeit mit Torre hatten. Dann sagte der König zu dem Kuhhirten: »Wo ist das Schwert, mit dem er zum Ritter geschlagen werden soll?« Torre schlug seinen Umhang zurück und wies das Schwert vor.
Artus sagte: »Die Ritterwürde kann nur gewährt werden, wenn darum gebeten wird. Zieh dein Schwert und erbitte sie.«
Darauf stieg Torre von seiner Schindmähre, zog sein Schwert, kniete vor dem König nieder und bat darum, zum Ritter geschlagen und in die Tafelrunde aufgenommen zu werden.
»Zum Ritter will ich dich machen«, sagte der König, nahm das Schwert zur Hand, schlug mit der flachen Klinge symbolisch gegen Torres Hals und sprach: »Ich bete zu Gott, daß aus Euch ein wackerer Ritter wird. Und wenn Ihr Euch als tapfer und ehrenhaft erweist, werdet Ihr in die Tafelrunde aufgenommen werden.« Und dann wandte sich der König Merlin zu. »Du kennst die Zukunft«, sagte er. »Sag uns, ob Sir Torre einen guten Ritter abgeben wird.«
»Sir«, antwortete Merlin, »das wird er wohl. Er ist ja von königlichem Geblüt.«
»Wie das?« fragte der König.
»Ich will es Euch sagen«, sagte der Zauberer. »Der Kuhhirt Aryes ist nicht sein Vater, ja, mit ihm nicht einmal versippt. Sein Vater ist König Pellinore.«
»Das ist nicht wahr!« sagte Aryes zornig, und Merlin befahl ihm: »Hole dein Weib hierher.«
Sie war, wie sich zeigte, als sie am Hof erschien, eine blonde, stattliche Hausfrau und sprach mit Würde. Sie berichtete dem König und Merlin, als junges Mädchen sei sie eines Abends auf die Weide gegangen, um die Kühe zu melken. »Ein mitleidloser Ritter sah mich und nahm mir halb mit Gewalt meine Jungfernschaft, und ich empfing meinen Sohn Torre. Ich hatte einen Windhund dabei, und dieser Ritter nahm ihn mir weg und sagte, er werde das Tier aus Liebe zu mir behalten.«
Der Kuhhirt sagte: »Ich wünschte, das wäre nicht wahr, aber jetzt glaube ich es, denn Torre war mir und auch meinen anderen Söhnen nie ähnlich.«
Sir Torre sagte zornig zu Merlin: »Ihr nehmt meiner Mutter die Ehre, Sir.«
»Nein«, sagte Merlin, »es ist mehr Ehre als Kränkung, denn Euer wahrer Vater ist ein trefflicher Ritter und ein König. Und er wird für Euer und Eurer Mutter Fortkommen sorgen. Ihr wurdet empfangen, bevor sie Aryes heiratete.«
»Das ist die Wahrheit«, sagte das Weib des Kuhhirten.
Und dieser sagte: »Wenn es geschah, ehe ich sie kennenlernte, mache ich mir nichts daraus.«
Am nächsten Vormittag kam Sir Pellinore an den Hof. Artus erzählte ihm die Geschichte und sagte, daß er Torre zum Ritter geschlagen habe. Und als Pellinore seinen Sohn erblickte, frohlockte er, denn er fand großes Wohlgefallen an ihm.
Dann schlug Artus seinen Neffen Gawain zum Ritter, doch Torre war der erste, der bei dem Fest zur Gründung der Tafelrunde die Ritterwürde erhielt.
Artus blickte die große Tafel an und fragte Merlin: »Wie kommt es, daß Sitze unbesetzt sind und keine Namen tragen?«
Darauf sagte Merlin: »Zwei der Plätze dürfen
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